Bad Godesberger Pressestammtisch Journalist Gernot Facius: Keine Angst vor der digitalen Revolution

BAD GODESBERG · Ist sie nun ein Fluch oder ein Segen, die "digitale Revolution" in der Medienlandschaft? Einerseits ermöglichen Internet und andere neue Medien nahezu grenzenlose Meinungsfreiheit und erzeugen eine Vielfalt, von der noch vor 15 Jahren nur zu träumen war. Andererseits vermag der nahezu unregulierte virtuelle Raum nicht für Seriosität garantieren.

Auch Gerüchten, Unwahrheiten und Möchtegernjournalisten sind Tür und Tor geöffnet. Und nicht zuletzt erwächst den althergebrachten Qualitätsmedien eine Konkurrenz, die sich vor allem ob ihres Gratischarakters als schwieriger Gegner erweist. Diese Spannungsfeld beschrieb jetzt am Bad Godesberger Pressestammtisch der frühere "Welt"-Hauptstadtkorrespondent Gernot Facius und trug ein Plädoyer für die Qualität vor.

"Journalismus ist nötig, damit aus Zufallskommunikation Verlässlichkeitskommunikation wird", sagte der in Bad Godesberg lebende Facius. Auch die digitale Welt brauche Anker der Verlässlichkeit.

Mit "Echtzeit" und "Augenzeugenschaft" zu argumentieren, wie Netz- und Twitter-Fans es täten, möge avantgardistisch klingen. Doch "Echtzeit" sage nichts über die Echtheit der Information, zeigte sich Facius, früher Mitglied der Jury des renommierten Theodor-Wolff-Preises und stellvertretender Chefredakteur der "Welt", überzeugt.

Eine Fokussierung auf "Klickzahlen" im Internet nach dem Motto "Hauptsache, der Leser schaut vorbei" berge die Gefahr, dass Journalisten zu Infotainern werden und die Zahl der Aufrufe durch "User" über die Relevanz der Nachricht entscheidet. "Übertreibt man es, hört die Sache freilich auf, Journalismus zu sein, sondern simuliert diesen nur noch", spitzte Facius seine These zu.

Dabei stellte auch er das Internet nicht grundsätzlich in Frage. Jedoch müssten sich Unternehmen im Klaren darüber sein, dass die Rechweite gerade regionaler Medien auch im weltweiten Netz endlich sei.

Wenngleich sich aus alledem für die "gute, alte Zeitung" gute Überlebenschancen im Medienwettbewerb ergäben, sei aufgrund steigender Kosten damit zu rechnen, dass sich ihre Papierausgabe immer weniger Menschen leisten können. Funktionieren werde eine Wertschöpfung im Internet indes ebenfalls nur", so Facius, "wenn man Klasse anbietet und nicht aufgehübschte publizistische Konfektionsware".

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