Otto-Kühne-Schule Jeder hat einen individuellen Stundenplan

Bad Godesberg · Eine internationale Vorbereitungsklasse am Päda macht junge Flüchtlinge fit für den regulären Unterricht. Mehrheitlich sind die 17 Jungen und drei Mädchen unbegleitete minderjährige Flüchtlinge im Alter zwischen 15 und 18 Jahren. Ohne Familie kamen sie aus Afghanistan, dem Iran, Eritrea und Syrien.

 Lehrerin Ursula Coester betreut die Internationale Vorbereitungsklasse in der Otto-Kühne-Schule.

Lehrerin Ursula Coester betreut die Internationale Vorbereitungsklasse in der Otto-Kühne-Schule.

Foto: friese

Integration ist in Deutschland nicht erst seit der sogenannten Flüchtlingskrise ein großes Thema. Darüber, wie Einwanderer möglichst schnell Zugang zu Bildung und Arbeit gewährt werden kann, wird viel diskutiert, doch handfeste Lösungen sind vergleichsweise rar. Ein konkretes Projekt zur Integration und Bildung von jungen Flüchtlingen gibt es seit Kurzem an der Otto-Kühne-Schule, kurz Päda, im Bad Godesberger Villenviertel. In einer eigens eingerichteten internationalen Vorbereitungsklasse (IVK) werden momentan 20 Flüchtlingskinder betreut. Offiziell startete die Klasse zu Beginn des aktuellen Schulhalbjahres am 1. Februar, inoffiziell wird über die Hälfte der Jugendlichen schon seit November betreut.

„Die allermeisten sind den klassischen Weg zu Fuß über die Balkanroute gegangen, wie man sich das vorstellt, mit Schlepper und Boot und haben Leid und Tod erlebt. Menschen, die erschossen worden sind, in unmittelbarer Nähe. Sie sind überfallen und ausgeraubt worden unterwegs“, sagt Klassenlehrerin Ursula Coester. Manche arbeiteten als Bauarbeiter in fremden Ländern, um das Geld für die Reise zu verdienen, manche wurden unterwegs gefoltert. Heute lebt eine Hälfte der Schüler im Wohnheim „Maria im Walde“, das den Kontakt zwischen Jugendlichen und Schule hergestellt hat, die andere Hälfte lebt in verschiedenen Wohnheimen oder bei Gastfamilien.

Obwohl es mit der korrekten Grammatik noch hakt, sprechen die meisten nach der kurzen Lernzeit so gut Deutsch, dass sie sich im Alltag verständigen können. Wie in jeder Klasse mit Teenagern gibt es Gemurre, wenn die Aufgaben verteilt werden, aber spätestens nach fünf Minuten üben die Jugendlichen im Deutschunterricht fleißig Nomen, Verben und Adjektive und basteln daraus Sätze.

Einmal pro Woche unterstützen zwei Schülermütter den Unterricht. Katharina Misof ist beeindruckt, wie lernwillig die Jugendlichen sind und wie zuvorkommend sie mit ihr umgehen. Auch Felicia Stira-Vasilescu unterstützt die Klasse ehrenamtlich. Vor 15 Jahren ist sie aus Rumänien eingewandert und kenne daher die „Stolpersteine“ beim Deutschlernen nur zu gut. Vormittags besteht der Unterricht neben Deutsch aus Englisch, Mathematik, Gesellschaftskunde, Sport, Musik und Theater, nachmittags wird sich drei Tage die Woche intensiv in der Hausaufgabenbetreuung der Schule um die Jugendlichen gekümmert.

Den Schülern werden nicht nur fachliche Inhalte, sondern auch Lernmethoden und demokratische Werte vermittelt. Das langfristige Ziel ist es, die Jugendlichen für den Unterricht in regulären Klassen fit zu machen. Manche Schüler sind besonders gut in Mathematik oder Englisch und können in diesen Fächern bereits am normalen Unterricht teilnehmen. So kommt es, dass jeder einen individuellen Stundenplan hat. Darüber hinaus können die Jugendlichen das AG-Angebot nutzen: Einige spielen in einer integrativen Fußballmannschaft mit oder nehmen Gitarrenunterricht bei deutschen Schülern.

Öffentliche Schulen und Berufskollegs bieten IVKs schon seit Langem für Immigranten an. An Schulen mit nicht-öffentlichen Trägern sind sie in Bonn hingegen selten: Außer dem Päda hat nur die Liebfrauenschule in der Südstadt eine IVK eingerichtet.

Coester ist am Päda die treibende Kraft hinter dem Projekt. Die Deutsch-, Geschichts- und Französischlehrerin kümmert sich neben Organisation, Unterricht und Stundenplänen persönlich darum, dass die Schüler, wenn nötig, sychologische Betreuung erhalten und nach der IVK in eine passende Schulform oder Ausbildung kommen werden. „Ich halte das für eine ungeheuer sinnvolle und notwendige Sache und habe von Anfang an dafür gekämpft, dass die Jugendlichen von der Straße runter kommen“, erklärte Coester ihre Motivation.

Mit 20 Schülern ist die IVK am Päda mehr als voll, sie strebt daher eine zweite Klasse an. Coester glaubt fest an den Erfolg des Projekts: „Ich bin sogar so optimistisch, dass ich sagen würde, wenn alle Schulen unabhängig von ihrer Schulform eine solche Klasse mit 20 Schülern einrichten würden, dann hätten wir in Bonn das Problem gelöst.“

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