"Ulla Schmidt müsste mal bei uns arbeiten"

Bonn-Bad Godesberg-Plittersdorf. Der Preis "Beste Arbeitgeber im Gesundheitswesen" wird jährlich bundesweit vom deutschen Institut von "Great Place to Work" in Zusammenarbeit mit der Initiative Neue Qualität der Arbeit des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales vergeben.

"Ulla Schmidt müsste mal bei uns arbeiten"
Foto: Ronald Friese

Kriterien sind Glaubwürdigkeit, Fairness der Führungskräfte, Qualität der Zusammenarbeit, Weiterbildung und Sozialleistungen.

Dabei kam die Caritas-Betriebsführungs- und Trägergesellschaft (CBT) Köln mit ihren Altenheimen Emmaus in Bad Godesberg und St. Monika in Sankt Augustin unter die ersten drei. Mit Emmaus-Mitarbeiterinnen sprach Ebba Hagenberg-Miliu.

General-Anzeiger: Frau Naumann, sie sind seit 2004 als examinierte Altenpflegerin im Nachtdienst besonderen Belastungen ausgesetzt und tragen dabei hohe Verantwortung. Wie ist Ihr Arbeitsrhythmus? Was sind die schwierigsten Momente?

Hildegard Naumann: Ich arbeite vier bis fünf Nächte, danach habe ich vier bis fünf Tage frei. Schwierig ist für mich, wenn Bewohner sterben oder wir keine Zeit für Demenzkranke haben. Wenn ich mich bei einer akuten Erkrankung bei Ärzten rechtfertigen muss, warum ich nicht bis zum Morgen gewartet habe. Oder wenn ein Bereitschaftsarzt als erstes nach der Praxisgebühr fragt. Frustriert bin ich, dass sich unsere Politiker kein Bild von unserer körperlichen und psychischen Belastung machen. Ministerin Ulla Schmidt müsste mal eine Woche bei uns arbeiten.

GA: Wie gehen Sie mit Stress, Erschöpfung und Frustration um? Finden Sie Hilfe im Haus?

Naumann: Lange Spaziergänge mit meinem Hund helfen mir, Gespräche mit Freunden, einmal die Woche Thai Chi und Schwimmen oder einfach die Seele baumeln lassen und ein Buch lesen. Natürlich auch unser Fortbildungsangebot.

GA: Wie motivieren Sie sich jeden Tag neu für Ihren Dienst?

Naumann: Gut finde ich unser Pflegeleitbild, in dem Wünsche der alten Menschen berücksichtigt werden. Da kann eine persönliche Beziehung aufgebaut werden. Außerdem helfen der fachliche Austausch und das Vertrauen unter den Kollegen. Im Nachtdienst entlastet uns ungemein, dass wir jetzt eine Ordensschwester haben, die nur für die Sterbebegleitung zuständig ist.

GA: Frau Georgi, Sie sind als Verwaltungsangestellte seit 2001 in der Emmaus-Mitarbeiter-Seelsorge aktiv. Wo drückt der Schuh?

Andrea Georgi: Dem Leid und Tod mit Zeitnot und oftmals auch Sprachlosigkeit zu begegnen, macht Probleme. Da wünschen sie sich Unterstützung durch Fortbildungen zu Sterbebegleitung, Umgang mit dem Tod, Trauer und Abschied, aber auch Hilfen zur eigenen Lebensorientierung.

GA: Was bietet das Haus Emmaus an Unterstützung für gestresste Pfleger?

Georgi: Unser Fortbildungsprogramm beinhaltet Spirituelles, Stilleübungen, Wanderungen, Wallfahrten und ein Besinnungswochenende. Es gibt Kurse in Nordic-Walking, Wellness- und Massageangebote sowie Meditation und bald Qi-Gong.

GA: Frau Littfinski, Sie sind seit 1996 Wohnhausleiterin. Kann eine Senioreneinrichtung unter dem heutigen wirtschaftlichen Druck überhaupt fair und menschlich mit ihren Mitarbeitern umgehen?

Susanne Littfinski: Fairness und Menschlichkeit haben nicht zwingend etwas mit Geld zu tun. Als Vorgesetzte trage ich Verantwortung für das Betriebsklima und die Mitarbeiterauswahl. Ein Unternehmen ist ohne Wirtschaftlichkeit nicht zu halten, doch ohne Menschlichkeit ist es in ihm nicht auszuhalten. Unser Stellenschlüssel wird natürlich von Pflegekasse und Kostenträger vorgegeben. Jedoch ist bei der Heimleitung schon Kreativität gefragt. Auch bemühen wir uns um Fördermittel. So wird das Nachtcafé seit drei Jahren aus Zuschussmitteln finanziert, und die 2006 eingerichtete Stelle für das Integrierte Hospiz wird von der Bürgerstiftung Rheinviertel getragen.

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