Stadt Bonn rutscht immer tiefer in rote Zahlen

Kämmerer geht von Haushaltssicherungskonzept ab 2011 aus. Weitere Unwägbarkeiten drohen. Grüne kritisieren Umgang mit der Krise

  Leeres Geldsäckel:  Die Stadt Bonn ist finanziell so am Ende, dass es den Bürgern noch weh tun wird.

Leeres Geldsäckel: Die Stadt Bonn ist finanziell so am Ende, dass es den Bürgern noch weh tun wird.

Foto: dpa

Bonn. Die Stadt Bonn ist finanziell so am Ende, dass es den Bürgern noch weh tun wird und in den nächsten Jahren alle Ausgaben drastisch reduziert werden müssen. Konkret steht die Stadt davor, für 2011 ein Haushaltssicherungskonzept (HSK) aufstellen zu müssen oder sogar in den Nothaushalt zu rutschen.

Das würde bedeuten, keine Ausgabe darf mehr selbst entschieden werden, sondern die Bezirksregierung genehmigt alle finanziellen Transaktionen und gibt Anweisungen, wofür noch wie viel Geld ausgegeben wird. Betroffen sein werden freiwillige Leistungen, unter anderem für Schwimmbäder, Büchereien, Vereine, Musikschulen und Jugendzentren sowie soziale Leistungen wie der Bonn-Ausweis (aber zum Beispiel nicht die Sozialhilfe).

Es sind die jüngsten Zahlen von Stadtkämmerer Ludger Sander, die auf drastische Einschnitte schließen lassen. Im nächsten Jahr ein Minus von 83 Millionen Euro, 2011 sind es schon 90 Millionen Euro, und in den drei Folgejahren bis 2014 rechnet die Stadt mit einem Defizit von jeweils rund 75 Millionen Euro. Unterm Strich also 400 Millionen Euro für die nächsten fünf Jahre, die fehlen.

Damit ist die weltweite Finanzkrise auch in Bonn angekommen, sie sorgte bereits für einen Rückgang der Gewerbesteuer um 30 Millionen Euro. Ohnehin ist die Stadt bei ihrer Verschuldung auf Rekordniveau, steht schon heute mit 1,3 Milliarden Euro in der Kreide und muss jährlich allein 63 Millionen Euro Zinsen bezahlen.

Damit nicht genug, es drohen weitere Unwägbarkeiten. Es könne, so Sander, wegen der Finanzkrise weitere Belastungen geben. "Dies gilt besonders für Steuereinnahmen sowie die Entwicklung der Sozialhilfe", heißt es in einem internen Vermerk an die Ämter im Stadthaus.

Die errechnen gerade ihren Finanzbedarf für den Doppelhaushalt 2010/11 und werden von Sander zu Sparsamkeit in ihren Anmeldungen aufgefordert. Sanders Ziel ist, den Gesamtaufwand der Stadt um zehn Prozent zu senken.

Die Grünen haben die Zahlen am Freitag als "dramatisch" bezeichnet und eine sofortige Sitzung des Ausschusses für Finanzen gefordert. "Und die Zahlen sind noch nicht das Ende der Fahnenstange, es kracht an allen Ecken und Kanten", sagte deren OB-Kandidat Peter Finger.

Fraktionssprecherin Doro Paß-Weingartz kritisierte: "Je wichtiger das Thema, desto weniger Information durch die Stadt." Die habe kein Konzept, wie sie mit der Sache umgehen solle, das sei an einigen Indizien zu erkennen. "Das strukturelle Defizit wurde über Jahre verschlafen", meinte sie.

Lesen Sie dazu auch den Kommentar " Die Krise ist längst da"

Wie die Schulen Energie verpulvern Vier Schulen will die Stadt mit Geld aus dem Konjunkturpaket II (insgesamt 47 Millionen) energetisch sanieren, das kostet 10,2 Millionen Euro. Besonders extrem sind die Zahlen beim Ernst-Moritz-Arndt-Gymnasium. Hier sorgt schon die Investition von 500 000 Euro dafür, dass pro Jahr 50 000 Euro Energiekosten gespart werden. Das hätte laut Grünen schon vor Jahren passieren müssen, um langfristig viel Geld zu sparen, "aber so heizen wir immer noch aus dem Fenster". Der geforderte Energiebericht werde einfach nicht vorgelegt. Wie der Wohnungsverkauf sich heute auswirkt Fast 2500 heruntergekommene Wohnungen hat die Stadt 2003 für 86,5 Millionen Euro verkauft, weil sie das Geld für die Sanierung nicht aufbringen wollte. Heute rächt sich das, meinen die Grünen. Denn für Sozialwohnungen für Menschen, die ihren Lebensunterhalt sonst nicht bestreiten können, musste die Stadt Bonn vor vier Jahren 45 Millionen Euro bezahlen, vor drei Jahren 48 Millionen und inzwischen schon 59 Millionen jährlich. "Das tolle Geschäft war also eine Milchmädchenrechnung, die wir nun teuer bezahlen", so die Grünen.

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