Griff an die Kehle

Warum es Männern an den Kragen geht

Erinnern Sie sich noch an die hilfsbereite Erscheinung, die urplötzlich in der Parklücke stand und meinte, Sie einweisen zu müssen? Oder an das männliche Wesen, das im Laden Ihres Vertrauens ungefragt die Suche nach einem Pulli in "kräftigen Farben" mitverfolgte und sich mit den Worten "Wenn Sie was Kräftiges suchen, nehmen Sie doch mich" vorstellte?

In solchen Momenten sehnt man sich Weiberfastnacht herbei und derartigen Exemplaren eine Krawatte um den Hals. Blitzschnell würden Sie dann eine Schere aus der Handtasche zaubern und gaaaanz langsam aus einem Stoffstück zwei machen. Ritsch, ratsch, ab. Das Imperium schneidet zurück.

Ähnliche Gedanken müssen auch die Frauen in der Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg gehegt haben. Damals, "den genauen Termin wird man nie feststellen können", griffen die Damen ungeniert an die Kehle des Vorgesetzten, um beim Betriebskarneval wenigstens für einen Tag die Rangunterschiede zwischen Chef und Angestellten aufzuheben.

Kamelle Alle Infos zum Karneval in Bonn und der Region auf www.kamelle.deDas sagt einer, der es wissen muss: Karnevalsforscher Wolfgang Herborn (70), der bis 2005 am Institut für Rheinische Landeskunde der Universität Bonn lehrte und zahlreiche Bücher geschrieben hat.

In jener Zeit, so der Historiker, standen die Frauen auf der untersten Leiter des gesamten hierarchischen Gefüges. Damit sind nicht nur ihre Gehälter gemeint, die deutlich schmaler ausfielen als bei Männern.

Frauen durften auch nicht allein in eine Wirtschaft gehen, weil sich das nicht schickte. Mit Ausnahme von Weiberfastnacht. Herborn: "Karneval wurden die Tabu-Schranken aufgehoben. Weiberfastnacht war zudem der einzige Tag, an dem sich Frauen betrinken durften, was sonst nur Männern vorbehalten war."

In diesem Sinne: Prost und auf zur Schnippelattacke - falls Sie angesichts leger getragener Hemden und Shirts überhaupt fündig werden.

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