Oberverwaltungsgericht Münster Bonner Methadon-Arzt legt Revision gegen Hafturteil ein

BONN · Der Arzt, der zunächst in der Cassiusbastei Drogenabhängige mit Ersatzstoffen versorgt und zuletzt am Kaiserplatz praktiziert hat, ist jetzt auch vor dem Oberverwaltungsgericht Münster (OVG) unterlegen.

Wie die für Approbationen zuständige Bezirksregierung Köln gestern auf Anfrage des General-Anzeigers bestätigte, hat das OVG die Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Köln vom April 2012 zurückgewiesen.

Damit bestätigte das Gericht das Ruhen der Approbation des Mediziners, dem vorgeworfen wird, zeitweise bis zu 300 Patienten illegal behandelt zu haben. Er habe gegen die Bestimmungen des Betäubungsmittelgesetzes und der Substitutionsrichtlinien der Bundesärztekammer verstoßen, heißt es im Urteil.

Nach dem Spruch des OVG am 19. Juli (Az.: 13 A 1300/12) habe der Arzt seine Praxis geschlossen, bestätigte das Presseamt der Stadt. Der Mediziner selbst teilte auf Anfrage mit, er "mache Ferien". Ob er die Approbation endgültig verliere, sei abhängig vom Ausgang des strafrechtlichen Verfahrens, sagte eine Sprecherin der Bezirksregierung. Das OVG habe lediglich über die "Ruhestellung" seiner ärztlichen Zulassung geurteilt.

Wie berichtet, hatte der Arzt eine Zulassung der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein (KVN) für die Vergabe von Methadon und L-Polamidon - das sind Substitutionsstoffe beim Heroinentzug. Laut Zulassung hätte er die Methadonsubstitutionen an bis zu 100 Patienten durchführen dürfen. Laut Gericht betreute er aber bis zu 300 weitere Patienten und ließ sich die Substitutionsbehandlung privatärztlich "im Wege der Selbstzahlung vergüten".

Für die Staatsanwaltschaft waren die Therapien in 3755 Fällen illegal. Dem Arzt wird vor allem die sogenannte Take-Home-Verschreibung vorgeworfen: Er soll den Patienten Methadon und L-Polamidon teilweise für mehrere Tage mit nach Hause gegeben haben, statt sie kontrolliert in seiner Praxis zu verabreichen. Zum Methadonprogramm gehört nämlich zwingend auch die umfassende Begleitung, und die soll der Arzt laut Anklage vernachlässigt haben. Es habe weder ausreichende körperliche Untersuchungen zu Therapiebeginn gegeben noch umfangreiche Suchtanamnese oder gar ein Therapiekonzept. Die Unregelmäßigkeiten waren im März 2008 bei einer routinemäßigen Inspektion und Begehung der Praxis durch das Gesundheitsamt aufgefallen. Im Monat zuvor hatte der Arzt rund 400 Patienten versorgt, von denen etwa 80 Prozent ihre Dosierungen von Methadon und L-Polamidon für jeweils acht Tage bekommen hätten.

Die Staatsanwaltschaft ermittelte daraufhin gegen ihn wegen Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz und ließ die Praxis durchsuchen. Im Januar wurde der Arzt von der 1. Großen Strafkammer des Landgerichts Bonn wegen unerlaubter Abgabe von Betäubungsmitteln in 736 Fällen zu einem Jahr und neun Monaten Haft auf Bewährung verurteilt. Der Arzt hat gegen das Urteil Revision beim Bundesgerichtshof eingelegt.

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