Bundesliga in Kneipen Bonner Gastronomen ärgern sich über TV-Rechte

Bonn · In gut zwei Wochen steht für den 1. FC Köln das erste Heimspiel der Saison auf dem Programm. Ob alle Bonner Fußballkneipen das Spiel übertragen, ist durch die neue Rechtevergabe unklar. Der Unmut gegenüber dem TV-Sender Sky wächst.

Der Tisch in der Rheinlust ist schon lange reserviert - obligatorisch. Seit Jahren kommt Marco Schell mit einigen Freunden Woche für Woche in das Lokal am Beueler Rheinufer. "Immer wenn der FC spielt. Alle, die keine Karte bekommen haben, sind dabei. Bei Auswärtsspielen sowieso", sagt er. "Zehn Mann sind wir eigentlich immer. Das ist ein fester Bestandteil unserer Freizeitgestaltung." Viele der Gruppe haben selbst mal in der Rheinlust gearbeitet. Mittlerweile sind sie Gäste. Ob sie das erste Heimspiel des 1. FC Köln am 25. August allerdings in ihrer Stammkneipe verfolgen werden, steht noch in den Sternen.

Aufgrund der vom Bundeskartellamt verhängten "No-Single-Buyer-Rule" darf die Deutsche Fußball Liga (DFL) die Übertragungsrechte der Bundesliga nicht mehr nur an einen Anbieter vergeben. Während das neue Vergabesystem der ausrichtenden DFL einige zusätzliche Scheine in die Kassen spült, müssen die Kunden für Live-Fußball schon ab dieser Spielzeit tiefer in die Tasche greifen. Neben dem bisher ausschließlich übertragenden Sender Sky hat nun Discovery einen Teil der Rechte gekauft.

45 Spiele umfasst das Paket, das das amerikanische Unternehmen auf dem Tochter-Kanal Eurosport, allerdings kostenpflichtig über Internet und per Satellit mittels der Plattform HD+, ausstrahlt. In dem Paket sind alle Freitagsspiele, also auch das erste FC-Heimspiel, enthalten. "Ich werde mir das noch einmal genau anschauen müssen, ob das mit Eurosport für uns in Betracht kommt", sagt Wilfried Dung, Inhaber der Rheinlust.

Der Bonner Gastwirt legt Wert darauf, dass es in der Rheinlust Bereiche für Fußball-Fans und Bereiche für die nicht sportbegeisterten Gäste gibt. Die technische Aufrüstung für die Fußball-Area hat er sich einiges kosten lassen. Das Vorhaben, alle FC-Spiele zu übertragen, kann Dung im Moment noch nicht halten. Aber er weiß auch: "Meine Gäste verlassen sich darauf, dass ich alle FC-Spiele zeige."

Gastronomen wurden nicht informiert

Die Rechte-Verteilung ist vielen Bonner Gastronomen nicht bekannt. Einige Kneipiers bestätigen, dass sie erst durch die GA-Anfrage von der Umverteilung hören.

"Das ist schon ein starkes Stück", sagt ein Gastwirt, der namentlich nicht genannt werden will. "Die Lizenz kostet mich ein paar Hundert Euro monatlich und ich werde über die Umverteilung noch nicht einmal informiert?" Auf der eigenen Homepage verweist der TV-Sender Sky auf eine Pressemitteilung vom 9. Juni 2016, die über den Wegfall von 40 Spielen der Bundesliga und 2. Bundesliga informiert habe. Die Rechtesituation sei aufgrund der breiten Streuung in den Medien bekannt. Der Kneipier denkt nun über die Kündigung nach. "Ich habe doch für alle Spiele bezahlt", sagt er. "Für mich ist das Vertragsbruch."

Alle Spiele, alle Tore? - von wegen

Ein Sonderkündigungsrecht räumt Sky seinen Kunden aber nicht ein. "Mit 572 von 612 Spiele der Bundesliga und 2. Bundesliga überträgt Sky auch in Zukunft den absoluten Großteil aller Begegnungen der Bundesliga live, die Spiele der 2. Bundesliga sogar erstmals komplett exklusiv", heißt es auf GA-Anfrage. "Damit bleibt der Gesamtcharakter des Sky-Fußball-Bundesliga-Pakets auch in der neuen Rechtesituation ab der Saison 2017/18 erhalten. Vor dem Hintergrund besteht kein Recht auf Sonderkündigung oder auf Preisnachlass." Das gilt im Übrigen nicht nur für die Gastronomen sondern auch für Privatkunden.

Der Sender aus Unterföhring beruft sich auf die AGB. Dort heißt es unter anderem, dass Sky tatsächlich bei der Abänderung und/oder Anpassung der Programmpakete frei ist, solange der Gesamtcharakter des Pakets erhalten bliebe. "Das trifft meiner Ansicht nach aber nicht zu", sagt Christian Solmecke, Anwalt für Medienrecht. "Viel mehr gilt hier ein vertragliches Sonderkündigungsrecht." Der Anwalt verweist auf eine andere Stelle der AGB, in denen es heißt, dass der Kunde sehr wohl berechtigt sei , in einem Fall von Anpassungen durch Sky aus lizenzrechtlichen Gründen (zum Beispiel Rechteverlust), das Abo zu kündigen.

Schon das Landgericht Köln hatte in einem wettbewerbsrechtlichen Verfahren entschieden, dass der Sky-Werbeslogan „Alle Spiele – alle Tore“ nicht mehr korrekt und irreführend sei. Diese Aussage sei inzwischen objektiv falsch, denn ein Verbraucher könne sie nur so verstehen, dass er auch tatsächlich alle Spiele über Sky empfangen und anschauen kann, was aber nicht der Fall ist.

"Das Programm wurde ja so abgeändert, dass es nun einen anderen Charakter hat", so Solmecke. "Möchte man nun alle Spiele sehen, muss man ein zusätzliches kostenpflichtiges Abonnement abschließen. Daher steht Kunden ein vertragliches Sonderkündigungsrecht zu." Der Anwalt ist auch der Meinung, dass dem Kunden ein Recht zur Vertragsanpassung im Sinne einer Minderung zusteht.

Der TV-Sender ist anderer Meinung. Im Gegenteil: "In dem Zusammenhang geben wir auch zu bedenken, dass in der neuen Rechteperiode für Sky deutlich höhere Rechtekosten als bisher anfallen. Dennoch sind aktuell keinerlei Preisanpassungen geplant", schreibt der Sender auf GA-Anfrage. "Es mag eine wirtschaftlich relevante Argumentation sein und soll die Kunden vielleicht auch 'besänftigen'. Doch es ändert nichts an der Tatsache, dass die Kunden etwas anderes gekauft haben als sie nun erhalten", sagt Solmecke.

Eurosport-Übertragung kein Problem

Auch Ragnar Fleischmann, Inhaber des Nyx, zeigte in der vergangenen Spielzeit die Bundesliga-Spiele. Auch wenn er die Sky-Lizenz als teuer empfindet, wird er vorerst weiter Fußball zeigen. Die Eurosport-Übertragung ist im Moment noch kein Thema. "Ich bin mir nicht sicher, ob das technisch für eine Großleinwand überhaupt geeignet ist", sagt Fleischmann. "Dazu kommt, dass Eurosport keine Gewerbelizenzen vergibt. Man begibt sich da wohl in eine Grauzone, wenn man einfach überträgt."

Zumindest diese Sorge kann Discovery den Gastwirten nehmen. "Es ist uns ein Anliegen, dass Fußball-Kneipen auch weiterhin die Bundesliga vollumfänglich ihren Kunden präsentieren können", so ein Sprecher von Discovery auf GA-Anfrage. "Bis Jahresende dulden wir deshalb die gewerbliche Nutzung des Eurosport Players in Gaststätten und stellen die Verwendung im gewerblichen Bereich für den gleichen Preis zur Verfügung." Dann will Discovery gemeinsam mit dem Deutschen Hotel- und Gaststättenverband eine neue Lösung präsentieren. Stand jetzt kostet das Abo knapp 30 Euro jährlich - wenig im Vergleich zu den Gewerbelizenzen, die Sky vergibt. Ein kundenfreundliches gemeinsames Angebot der beiden TV-Sender ist aktuell nicht geplant.

So oder so: Während sich die DFL und damit auch die Vereine, die TV-Gelder erhalten, höhere Einnahmen erhoffen, leidet am Ende der Kunde. "Es wäre schon schade, wenn wir nicht alle Spiele sehen können", sagt Marco Schell. "Das Schauen in Gemeinschaft, macht doch erst den Reiz aus."

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