Mitbieten bis zum Schluss
Bonn · Beim Verkauf einer Immobilie gibt es die Möglichkeit, nach dem Bieterverfahren vorzugehen. Bonner Makler diskutieren Vor- und Nachteile.
Das Verkaufsprozedere auf einem umkämpften Immobilienmarkt wie in Bonn sieht in der Regel so aus: Annonciert ein Makler ein Haus oder eine Wohnung in einer guten Lage zu einem marktüblichen Preis, melden sich naturgemäß zahlreiche Interessenten, weiß Diplom-Immobilienwirt (DIA) Rolf Ludwig Becker, Inhaber von Becker Immobilien KölnBonn.
Den Zuschlag erhalte in der Regel derjenige, „der unter Vorlage eines Finanzierungsnachweises als erster eine verbindliche Kaufzusage erteilt“. In vielen Fällen hat das Gros der Interessenten keine Möglichkeiten mehr, den Verkaufsprozess zu beeinflussen.
Um jedoch möglichst vielen Käufern bis zum Zuschlag des Verkäufers eine Kaufoption zu bieten, setzt Makler Becker in vielen Fällen auf ein besonderes Verkaufsinstrument: das Bieterverfahren. Aus Sicht von Maklerkollegen hat das eine Reihe von Vorteilen, aber auch manche Nachteile.
Wie das von Beckers Büro entwickelte Bieterverfahren funktioniert, erklärt der Inhaber am Beispiel einer Immobilie in Bonn, die er im Auftrag des Eigentümers verkauft: Das Einfamilienhaus mit 175 Quadratmetern Wohnfläche und einem rund 700 Quadratmeter großen Grundstück bietet er per Gebotsverfahren zu einem Startpreis von 469 000 Euro zuzüglich 3,57 Prozent Courtage an. Und zwar noch bis zum 30. April. Beim Startpreis liege er unter dem eigentlichen Marktwert, „um möglichst viele Interessenten anzusprechen“, erläutert er.
Denn darum geht es: Innerhalb einer festgelegten Frist soll ein Verfahren in Gang kommen, bei dem sich Interessenten möglichst überbieten. „Die individuelle Betreuung der Interessenten wird bei uns wie in einem gewöhnlichen Verkauf gewährleistet. Es werden keine Sammelbesichtigungstermine oder ähnliches durchgeführt“, so Becker.
Gut für den Verkäufer: „In den meisten Fällen wird ein Verkaufspreis erzielt, der über dem Marktpreis liegt“, sagt Becker. „Auch der Käufer hat es bis zum Ende in der Hand, mit einem höheren Gebot den Zuschlag zu bekommen“. Denn zum speziellen Verfahren gehört: „Alle Interessenten werden regelmäßig seriös und transparent über den aktuellen Stand des Verfahrens und das aktuell höchste vorliegende Gebot informiert.“
Allerdings weist Becker auch auf Besonderheiten hin: „Bei diesem Verfahren handelt es sich nicht um eine Auktion. Der Verkäufer ist nicht verpflichtet, das höchste Kaufpreisangebot zu akzeptieren“. Auch sei zu beachten: „Dem Verkäufer ist es freigestellt, ob er dem Meistbietenden den Zuschlag erteilt“, so Becker. „Hier liegt der gravierende Unterschied zu einer Auktion.“
In diesem Zusammenhang räumt Becker auch mit Missverständnis auf: „Bei einem Verkauf im Bieterverfahren handelt es sich nicht um einen Zwangsverkauf oder eine notleidende Immobilie“. Entspricht das Kaufpreisangebot eines Interessenten vor Ablauf der Bietzeit bereits den Vorstellungen des Verkäufers, bestehe auch die Möglichkeit, das Gebotsverfahren vorzeitig zu beenden.
Andere Bonner Makler haben ebenfalls Erfahrungen mit dem Verfahren gesammelt, und die fallen differenziert aus. Etwa die von Jan-Peter Sattler-Riegel, Chef eines Büros aus Bad Godesberg: „Wir unterscheiden zwischen einem Bieterverfahren mit Mindestgebot und ohne Mindestgebot.“ Bei Angabe eines Mindestgebotes habe er festgestellt, dass der Verkaufsprozess „günstiger beeinflusst wird“.
Auch könne sich in begehrten Wohnlagen ein Bieterverfahren zu Beginn der Verkaufsaktivitäten lohnen. „Bei Ladenhütern oder anderen Lagen beschleunigt ein Bieterverfahren den Verkaufsprozess nicht“, gibt er zu bedenken.
Maklerkollege Franz Lanzendörfer aus Bad Godesberg empfiehlt das Verfahren für „renovierungsbedürftige oder solche Immobilien, bei denen die Einschätzung zum Marktwert eher schwierig ist“. Durch das Bieterverfahren könne sich so in relativ kurzer Zeit „der Marktwert der Immobilie feststellen lassen“. Dabei sollte „das klassische Bieterverfahren ohne Angabe eines Kaufpreises“ erfolgen. Von Vorteil sei die Zeitersparnis durch kürzere Vermarktungsdauer. Ferner sei in der Regel nur ein Besichtigungstermin nötig, wenn man den als Sammeltermin organisiere. Darüber hinaus werde bei dem Verfahren der reale Marktwert abgebildet.
Die Nachteile beschreibt Franz Lanzendörfer so: Auf einzelne Teilnehmer könne der Anbieter nur schwer eingehen, da in der Regel alle Interessenten zu einem Besichtigungstermin kämen. Auch fehlt es dann an Diskretion, da sich die Interessenten bei der Besichtigung alle über den Weg laufen. Ferner könnten solche Interessenten abgeschreckt werden, „die ein Wettbieten grundsätzlich ablehnen“.
Ein weiteres Problem kann für Lanzendörfer darin bestehen, „dass Gebote gleich hoch ausfallen“. Auch erfordere das Bieterverfahren eine klare Struktur und bringe „einen hohen Aufwand an Vorarbeit und Organisation mit sich“, führt der Experte aus: „Regeln müssen daher genau erklärt und beachtet werden.“
Für Sattler-Riegel kommt hinzu, dass häufig Kaufinteressenten Immobilien besichtigen, „ohne mit einer Bank über ihre Finanzierungsmöglichkeiten gesprochen zu haben“. So komme es vor, dass diese Interessenten in der Drucksituation ein Gebot abgeben, „das sie später nicht finanzieren können“. Schließlich würden Banken „keine Fantasiepreise finanzieren, auch wenn Käufer bereit wären, diese zu zahlen“, betont Sattler-Riegel, Durch die Suche nach einem neuen Käufer verliere der Eigentümer dann oft wertvolle Zeit.
Dass das Bieterverfahren daher zum Trend wird, bezweifelt Alexander Geischer, Geschäftsführer des IVD West: „Es handelt sich um eine eher marginale Vermarktungsform.“