Nach dem Unwetter Hangabflüsse in Wachtberg bleiben ein Problem

WACHTBERG · Die verheerenden Folgen des Tiefs Manni haben auf einer teils emotional, aber insgesamt sachlichen Sondersitzung des Rates am Montagabend in Wachtberg die Gemüter bewegt. Zumal es für manchen Bürger das zweite schwere Unwetter in nur drei Jahren war, durch das er viel Hab und Gut verloren hatte.

Alles drehte sich um Fragen wie: Welche vorbeugenden Maßnahmen gegen Regen- und Hochwasserfluten sind seit dem letzten Unwetter am 3. Juli 2010 in Wachtberg ergriffen worden, in welchem Maße wurde bei dem Unwetter am Donnerstag Ad-hoc-Unterstützung geleistet, welche Schäden haben die Fluten hinterlassen, und was kann verbessert werden?

Vor dem Unwetter

Was hatte die Gemeinde bereits getan? Bürgermeister Theo Hüffel teilte mit, dass eine Aussage von Jürgen Nimptsch für Zündstoff gesorgt hatte. Bonns Oberbürgermeister habe im Rundfunk angekündigt, mit seinen Kollegen in Wachtberg "Tacheles reden zu wollen", so Hüffel. Zudem habe der OB in Aussicht gestellt, mit der Kommunalaufsicht die Gemeinde zu "geeigneten Hochwasserschutzmaßnahmen zu zwingen". Anlass genug für Hüffel, selbst direkt mit Nimptsch "Tacheles" zu reden: "Nimptsch war ganz überrascht", sagte Hüffel. Er sei nicht von ungefähr in die Offensive gegangen, weil er sich "in keiner Maßnahme säumig" fühle. Das schrieb er auch an die Kölner Regierungspräsidentin Gisela Walsken. Seit dem Unwetter 2010 habe die Gemeinde in Abstimmung mit anderen Behörden "viele Maßnahmen am Mehlemer Bach umgesetzt". Auch wenn diese Wirkung gezeigt hätten, bleibt Hüffel aber die ernüchternde Erkenntnis: "Viele Menschen, insbesondere in Werthhoven, Niederbachem und Mehlem, haben zum zweiten Mal in drei Jahren großen Schaden erlitten."

Während des Unwetters

Die Gemeinde hatte viel Unterstützung zu leisten. Allen voran die Feuerwehr um Leiter Markus Zettelmeyer. Neben den 80 eigenen Leuten hatten noch rund 80 Wehrleute aus den benachbarten Kommunen geholfen, so Zettelmeyer. Dazu kamen 14 Rettungskräfte. Alle zusammen waren zwischen 12 Uhr mittags am Donnerstag und 0.30 Uhr am Freitag im Dauereinsatz auf 139 erfassten Einsatzstellen. Schwerpunkte waren nicht - wie zu erwarten gewesen wäre - die Ortslagen entlang des Mehlemer Baches, sondern die höher gelegenen Dörfer Villip, Villiprott und Pech, teilte Hüffel mit. Für ihn waren Sturzfluten die Ursache dafür, "die aus den Hanglagen in die Dörfer drückten".

Im Einsatz waren zudem Mitarbeiter der Gemeinde. Dort hatte man sofort einen Krisenstab gebildet, der die Arbeit von rund 200 Helfern koordinierte, so Beigeordneter Jörg Ostermann. Zu den ersten Maßnahmen gehörte es, einen Bagger zum Mehlemer Bach nach Niederbachem zu beordern, der dort die Brücken freihalten sollte.

Trotzdem richteten die Fluten wieder große Zerstörungen an. Nicht nur in Häusern, sondern auch an Kanälen, Straßen und Hängen, wie Volker Strehl, Leiter der Abwasserwerke, ausführte. Mit einem Spitzenwert von 85 Litern auf den Quadratmeter, der in Werthhoven gemessen wurde, sei das Unwetter zwar nicht so stark gewesen wie 2010, sagte Strehl. Trotzdem bleibe festzuhalten: "Unsere Vorgänger haben nur für ein hundertjähriges Hochwasser geplant, nicht aber für etwas, was darüber hinausgeht." Das letzte Unwetter habe eindeutig diese Grenze überschritten und "dafür ist unsere Infrastruktur nicht ausgelegt". Hinzu kommt für Ostermann ein weiteres Phänomen: "Wir hatten Hangabflüsse auch schon bei dem Unwetter 2012, aber nicht so spektakulär wie am Donnerstag. Das ist ein neues Themenfeld."

Nach dem Unwetter

Den Zuhörern brannte die Frage auf den Nägeln: Was kann man jetzt tun, um solche Schäden zu begrenzen? Dabei geriet vor allem eine der drei Brücken in Niederbachem in die Kritik, und zwar die alte Brücke an der Konrad-Adenauer-Straße am Ortseingang. Ihr Durchlass sei viel zu eng für die Wassermassen, kritisierte ein Wachtberger. "Ich stelle die Brücke jetzt durchaus zur Disposition", sagte Hüffel.

Weitere Kritikpunkte der Bürger: Die von Ostermann angesprochenen Hangabflüsse seien ein altes Problem, sagte eine Anwohnerin der Rolandstraße in Niederbachem. Sie habe die Gemeinde bereits 2009 darauf aufmerksam gemacht. Am Donnerstag sei die Rolandstraße erneut "zu einem reißenden Fluss" geworden. Für einen Zuhörer hängt das damit zusammen, dass die Landwirte immer mehr Gräben und Grünstreifen entfernen würden, die die Fließgeschwindigkeit von Fluten verringern und Wasser aufnehmen könnten. Endlich ein Hochwasserrückhaltebecken zu bauen, forderte Holger Drach und fragte Hüffel: "Warum sperren Sie sich seit zehn Jahren dagegen?".

Das wolle die Gemeinde keineswegs, so Hüffel. Allerdings wies die Verwaltung darauf hin, dass man in so wichtigen Fragen wie dem Bau eines Hochwasserrückhaltebeckens nicht alleine handeln könne. Dreh- und Angelpunkt sei die Abstimmung der Hochwasserrisikomanagement-Richtlinie mit Bonn und der Bezirksregierung: "In dem Prozess befinden wir uns gerade", so Ostermann. Handlungsbedarf erkennt man vielerorts auch bei den Parteien, wobei die CDU zunächst zu einer Analyse und die SPD zu einer Bestandsaufnahme der bisherigen Maßnahmen riet. Zudem will die SPD eine personelle Verstärkung des Bauhofes prüfen lassen.

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