Ehrenamtliche Schülerhilfe Ehemalige Lehrer unterstützen Bornheimer Kinder

Bornheim · Jedem Kind gerecht werden: Das sei früher im Schulalltag nie möglich gewesen, sagen Klaus und Margit Kohlwes. Jetzt sorgen die pensionierten Lehrer dafür, dass sozial benachteiligte Kinder und Jugendliche eine Chance bekommen. Für diese Aufgabe sucht das Stadtteilbüro Verstärkung.

 „Es lohnt sich“, sagen Klaus und Margit Kohlwes über ihre ehrenamtliche Arbeit im Stadtteilbüro.

„Es lohnt sich“, sagen Klaus und Margit Kohlwes über ihre ehrenamtliche Arbeit im Stadtteilbüro.

Foto: Axel Vogel

„Nachhilfe“ – dieser Begriff geht Klaus Kohlwes für die Beschreibung seiner ehrenamtlichen Tätigkeit im Bornheimer Stadtteilbüro nicht weit genug. „Es hört sich an, als müsse man nur an einem Rädchen drehen und dann läuft es“, meint der pensionierte Lehrer, der seit dem Ende seiner Tätigkeit am Bonner Beethoven-Gymnasium im Jahr 2006 Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund im „Bunten Viertel“ unterstützt.

„Was wir leisten, ist nicht nur eine schulische, sondern auch eine menschliche Begleitung, oft über Jahre hinweg“, erklärt der 77-Jährige. Von den 16 Schülern, die er in den vergangenen zwölf Jahren unterrichtet hat, blieben sieben mehrere Jahre bei der Stange.

Seine Frau Margit, die ebenfalls seit elf Jahren ehrenamtlichen Förderunterricht anbietet und an der Roisdorfer Grundschule als Sprachpatin tätig ist, kümmert sich derzeit um ein 16-jähriges Mädchen aus Marokko, das bald sein Abitur am Alexander-von-Humboldt-Gymnasium ablegen will.

Ein Mädchen aus dem Irak studiert heute Pharmazie

Gerne erinnert sie sich auch an eine junge Irakerin, die als Siebenjährige nach Deutschland kam, nach der siebten Klasse von der Realschule aufs Gymnasium wechselte und heute Pharmazie studiert. „Wenn da nicht an der richtigen Stelle Mut gemacht worden wäre, wäre es schwerer geworden“, ist die 71-Jährige überzeugt.

Im Moment sind Margit und Klaus Kohlwes die einzigen Ehrenamtlichen, die sich im Stadtteilbüro in der Schülerhilfe engagieren. Laut Christina Elsner, Leiterin des Stadtteilbüros, ist der Bedarf bei Weitem nicht gedeckt, denn Nachhilfe werde in den Beratungsgesprächen sehr häufig nachgefragt. „Wir würden uns daher sehr freuen, wenn sich Menschen bei uns melden würden, die sich die ehrenamtliche Arbeit mit Schülern vorstellen können.“

Interessenten sollten neben fachlichen Fähigkeiten mindestens ein bis zwei Stunden Zeit pro Woche, eine gewisse Empathie sowie einen langen Atem mitbringen. Denn bei allen Erfolgserlebnissen und schönen Momenten wollen Margit und Klaus Kohlwes auch die frustrierenden Seiten ihres Ehrenamtes nicht verhehlen.

„Man braucht viel Geduld, und hin und wieder wird man enttäuscht“, sagt Klaus Kohlwes. „Termine werden nicht eingehalten oder die Chemie stimmt einfach nicht – da darf man nicht beleidigt sein.“ Dennoch möchten die beiden für das Ehrenamt werben.

Zu vielen Schützlingen ein Vertrauensverhältnis

Sie selbst wollen bald kürzer treten und hoffen, dass sich Menschen finden, die sich auch in Zukunft für Schüler unterschiedlichster Herkunft und mit unterschiedlichem sozialen Hintergrund einsetzen wollen. „Es lohnt sich“, sind sie überzeugt – und meinen dabei nicht nur den Nutzen, den die Schüler aus der Unterstützung ziehen.

Auch sie selbst nehmen aus der Arbeit mit den Kindern und Jugendlichen vieles mit. Wenn ehemalige Kollegen fragen: „Warum tust du dir das an?“, antwortet Klaus Kohlwes: „Weil es ein zutiefst befriedigendes Gefühl ist, zu einem großen Teil der Schüler ein langfristiges persönliches Vertrauensverhältnis hergestellt zu haben und ihnen immer wieder ganz konkret und ohne die vielen Störfaktoren, die das überlastete System Schule mit sich bringt, zu Aha-Erfolgserlebnissen verholfen zu haben.“

Wie auch seine Frau ist der ehemalige Lehrer für Latein, Griechisch und Geschichte von der Eins-zu-eins-Betreuung überzeugt und genießt die Möglichkeit, individuell auf einen Schüler eingehen zu können. Jedem Kind gerecht zu werden, sei ihnen im regulären Schulalltag nie möglich gewesen: „Endlich ideale Bedingungen“, stellen sie lächelnd fest.

Vor allem die Problematik von Erst- und Zweitsprache lernten sie als „Lehrer in der Nachspielzeit“ besser verstehen. Klaus Kohlwes berichtet von einem Schlüsselerlebnis kurz vor seiner Pensionierung: Ein talentierter Lateinschüler kam ab einem bestimmten Punkt nicht mehr mit der Übersetzung von Texten zurecht, obwohl er die Vokabeln gut gelernt hatte. „Ihm fehlte bei den deutschen hochsprachlichen Entsprechungen das Sinnverständnis“, erklärt der Lehrer.

Natürlich tritt dieses Problem nicht nur im Lateinunterricht auf, sondern ebenso in den meisten anderen Fächern. Unter dem Druck des Alltagsgeschäfts wird dies von Lehrern leicht übersehen. „Ich habe nicht gedacht, dass ich nach 36-jähriger Lehrertätigkeit noch so viel lernen würde“, resümiert Kohlwes.

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