Ausstellung zu Allerheiligen Verschnürte Erinnerungen

SIEGBURG · Künstler nutzen die Trauerhalle am Nordfriedhof zur Auseinandersetzung mit Leben und Tod.

 Eine besondere Ausstellung ist seit Allerheiligen auf dem Siegburger Nordfriedhof zu sehen.

Eine besondere Ausstellung ist seit Allerheiligen auf dem Siegburger Nordfriedhof zu sehen.

Foto: Ingo Eisner

Einen ungewöhnlichen Ort für ihre Ausstellung unter dem Titel "Zwischenräume - Lebenszeichen" haben sich drei Künstler ausgesucht. Der könnte mit der Trauerhalle auf dem Siegburger Nordfriedhof allerdings auch nicht passender gewählt sein, da sich Martina Clasen, Wolfgang Henze und Hans Günter (H. G.) Blau in ihren Arbeiten mit Leben und Tod auseinandersetzen. In der Trauerhalle selbst und in angrenzenden, nicht mehr genutzten Aufbewahrungsräumen präsentieren sie ihre Werke. Sie sollen für den Betrachter "Motor sein, sich Gedanken zu machen", wie Kunsthistorikerin Anke von Heyl in einer kurzen Einführung bemerkte. Denn heute beschäftige man sich nicht mehr so mit dem Tod wie noch zu früheren Zeiten.

Clasen hat in der Halle eine "Trauergemeinde" auf unterschiedlichen Stühlen platziert, die ebenso die Individualität des einzelnen Menschen verkörpert wie die darauf befindlichen Skulpturen. Bei denen handelt es sich um geschnürte Kleiderballen, die sie gesammelt hat. Jedes Stoffpaket erinnert zwar an eine Kugel, hat aber dennoch seine eigene Form. "Kleidung ist Spiegel unserer Persönlichkeit, ein wesentlicher Teil unseres Lebens, dicht verknüpft mit unseren Erinnerungen", sagt Clasen.

Die Figuren bergen ihrer Ansicht nach Gefühle und Erinnerungen, zum Teil bestimmte Gerüche und ganz deutlich genetische Spuren. Ein größerer Ballen, prall gefüllt mit ihren eigenen abgelegten Kleidungsstücken und denen von Menschen, die ihr etwas bedeuten oder bedeutet haben, steht symbolisch für den Verstorbenen, der betrauert wird. Er ist auf einem der kleinen Wagen drapiert, mit dem Särge zum Grab gebracht werden. Diese Installation wäre für sie selbst sehr emotional gewesen, erklärt Clasen. In einem der Aufbewahrungsräume spannt sie den Bogen von "Anfang und Ende", indem sie Weizen als Saatgut stellvertretend für den Beginn des Lebens in Bezug zum Ort des Abschiednehmens stellt.

Die Fotografien "Über Leben und Tod" von H. G. Blau sind auf den vorhandenen Bahren in den Aufbewahrungsräumen arrangiert. "Durch das Ende des einen lebt der andere" ist beispielsweise ein von ihm in der Mongolei aufgenommenes Bild benannt, auf dem ein Hund neben einem toten Pferd darauf wartet, dass die Geier dem Kadaver das Fell abreißen, damit er an das Fleisch gelangen kann. An den Wänden zeigt Blau Fotos von Wegekreuzen aus verschiedenen Ländern, die Zeugnis von menschlichen Katastrophen und gleichzeitig eine Aufforderung an den Rezipienten sind, sich zu vergegenwärtigen, wie schnell das Ende eines jeden sein kann und wie wir damit umgehen.

Wolfgang Henze hat einen symbolischen, dreiteiligen Stationsweg in Bild und Text für die Ausstellung geschaffen, bei dem er sich unter dem Titel "Memoriam oder Sinn der Sinne" unter anderem Gedanken über das macht, was wir wissen - nur nichts über uns und unser Ende - und darüber, wie Logik Wissen ersetzt. Er orientiert sich an einem Satz Albert Camus aus dessen philosophischem Werk "Der Mythos des Sisyphos", wo es heißt: "Die Welt kann ich berühren, damit hört mein ganzes Wissen auf, alles andere ist Konstruktion." Eine beeindruckende Ausstellung, die den Besucher - vor allem in dieser Umgebung - förmlich zur Reflexion über Leben und Tod zwingt.

"Zwischenräume - Lebenszeichen" ist zu sehen: Sonntag, 9.11., Mittwoch, 12.11., Sonntag, 16.11., Sonntag, 23.11., jeweils 14 bis 18 Uhr oder auf Anfrage unter 0 22 05/31 90 (H. G. Blau).

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