Volo will's wissen Moritz Rosenkranz besucht die Königswinterer Altstadt

KÖNIGSWINTER · Warum ist es am Rhein so schön? Wahrscheinlich auch, weil es Königswinter gibt. Entgegen allen Unkenrufen, kann man der Altstadt und der Uferpromenade als Tourist durchaus einiges abgewinnen. Klar, an einem 08/15-Mittag im März ist die Altstadt mit "verträumt" so gerade noch positiv beschrieben. Viel los ist eben nicht. Kein Wunder, dass nur noch wenige Lokale und eher Schnellimbisse überhaupt geöffnet haben.

Doch im Vergleich zu anderen Fußgängerzonen, sagen wir mal in Gummersbach, hat die Hauptstraße doch richtig Charme. Wenn man sich vorstellt, dass etwas mehr Menschen flanieren würden, die vielen Kneipen und Traditionsgaststätten geöffnet hätten - die Szenerie hätte es irgendwie verdient.

Altes Fachwerk, tolle Häuserfassaden; davon kann man sich wohl heute nicht mehr viel erwarten. Zumindest keine Kundschaft. Zumal sich das Angebot durchaus noch wohltuend von der gewöhnlichen Innenstadt-Mischpoke à la amerikanischer Kaffeekette nebst amerikanischer Schnellrestaurantkette nebst Bäckerei-, Fisch-, Pizza- oder sonst noch einer Kette, abhebt. Klar gibt es auch in Königswinter ein Nagelstudio (natürlich "American Style"), den unvermeidlichen Handyladen oder das deutschlandweit wohl meistverbreitete Eiscafé: "Venezia". Wo gibt es davon eigentlich keins, fragt man sich.

Kontaktaufnahme mit Einheimischen: Ah, verstehe. Ach wirklich? Aha. Ja, ja, früher war alles besser, unbedingt. Der Mann im besten Alter ist in Königswinter geboren, neigt aber zu Fatalismus: "Hier steht doch alles leer. In die meisten Restaurants kann man nicht mehr gehen. Touristen sage ich immer, ich bin nicht von hier." Vielleicht liegt das aber auch nur daran, dass er sich in fließendem Rheinisch selbst als "Pingel" bezeichnet. Mir gefällt's, auch wenn die besten Zeiten wohl vorbei sind.

Der Rheinpromenade sieht man das allerdings nicht so deutlich an. Sie versprüht mit großem Selbstverständnis einen liebenswürdigen Kaffeefahrtcharme. Vor meinem geistigen Auge fahren sofort zehn Busse vollgepackt mit Rentnern aus dem Siegerland vor. Stattdessen wird in der Realität eher lustlos die Sommergarnitur der Wirte für die Außengastronomie "abgekärchert". Irgendwann kommen sie bestimmt, die Busse. Parkplätze gibt es ja genug in Königswinter.

Derzeit scheinen die meisten Touristen aber noch Richtung Sea Life zu pilgern. Ob sich die Fische nicht vielleicht im Rhein wohler fühlen würden als in der künstlichen Unterwasserwelt, sei einmal dahingestellt. Baulich wirkt das runde Ding jedenfalls eher wie ein Fremdkörper. Nachhaltig beeindruckend ist da vielmehr der "Gedenkstein gegen das Vergessen" von Kindesmissbrauch, der am Rathausplatz steht und hauptsächlich den Fall des 2001 verschwundenen Saarbrücker Jungen Pascal in deutlichen Worten und mit klarer Botschaft thematisiert. Das ist anrührend und in dieser touristischen Umgebung bestens platziert, da große Aufmerksamkeit garantiert ist. Verdient hätte diese auch die Altstadt.

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