Factory Outlet Center FOC in Ochtrup könnte Beispiel für Königswinter sein

OCHTRUP · Am Montag ist der Kunde im Factory Outlet Center Ochtrup König. Ein Parkplatzproblem gibt es nicht. Auf dem Parkplatz Ost, den man mit dem Auto erreicht, indem man bei McDonalds vorbeifährt, gibt es jede Menge freie und kostenlose Stellplätze.

Nach dem Eintritt in die künstliche Einkaufsstadt warten die Mitarbeiter im Village auf Kundschaft. Mit Angeboten "30 bis 70 Prozent vom Originalpreis" locken die Stores.

Montagvormittag ist eigentlich Holländertag im einzigen FOC in NRW. Die Grenze ist nur wenige Kilometer entfernt, und im Nachbarland haben die Geschäfte zu. Doch heute haben die Nachbarn offensichtlich andere Pläne. "Nichts los in der Puppenstube", meint einer der Besucher aus Königswinter.

Für die zwei Millionen Besucher pro Jahr sorgen vor allem die Freitage und Samstage. Ochtrup könnte ein Vorbild für die Drachenfelsstadt sein. Projektentwickler Ulrich Nordhorn, Geschäftsführer der Retail Development Group, hat das FOC in Ochtrup geschaffen, jetzt plant er ein noch größeres FOC in Königswinter auf der Fläche zwischen den Lemmerzwerken und dem Bobby-/Rheingoldgelände.

Deshalb kreuzen Kommunalpolitiker und Verwaltungsmitarbeiter aus Königswinter zurzeit häufig in Ochtrup auf, um sich ein Bild zu machen. Was sie zu sehen bekommen, ist extrem sauber und wirkt freundlich. Die Fußgängerzone wird hier nicht gefegt, sondern gesaugt. Hunde müssen draußen bleiben.

In Boxen draußen auf dem Parkplatz oder - wenn sie nicht mehr als zehn Kilo auf die Waage bringen - in speziellen Trolleys. Auch einen Bettler wird man im FOC nicht antreffen. Der Eindruck, sich hier im öffentlichen Raum zu bewegen, ist falsch. Das Privatgelände wird von Kameras überwacht. Den Rest macht die Security.

Die Häuserfassaden im sogenannten Village, dem FOC unter freiem Himmel, lehnen sich an die Architektur des Münsterlandes mit ihren typischen Giebeln an. Bewohnt ist freilich nur das Erdgeschoss. Die Fenster in der oberen Etage sind "blind". "Potemkinsche Dörfer" nennt Thomas Büchler, der Vorsitzende der Veranstaltungs- und Werbegemeinschaft Ochtrup (VWO), die Gebäude.

Nach der Sage ließ der Feldmarschall Reichsfürst Grigori Alexandrowitsch Potemkin, Günstling der russischen Zarin Katharina II., vor dem Besuch der Herrscherin im gerade eroberten Gebiet entlang der Wegstrecke Dörfer aus bemalten Kulissen zum Schein errichten, um das trostlose Gesicht der Gegend zu verbergen.

Auf halber Strecke zwischen Eingang Ost und Eingang Süd passiert man ein Schiebetor, das montags bis donnerstags nach 19 Uhr, freitags und samstags nach 20 Uhr geschlossen wird. Dann sind nur noch die gastronomischen Betriebe zu erreichen. Der Ansturm auf McDonalds nach dessen Eröffnung, zu dem nicht nur das FOC, sondern auch eine nahe Schule beitrugen, hat sich gelegt.

"Anfangs sind Leute nach Gronau gefahren, weil sie meinten, sie bekämen da schneller ihren Burger", sagt Büchler. Wem das nicht schmeckt, kann zum Italiener oder zum Dönerladen gehen. Oder ins Laurenz Genuss Werk. Der Name Laurenz ist in Ochtrup allgegenwärtig. Die Gebrüder Laurenz beschäftigten früher in ihrer Textilfabrik 3000 Mitarbeiter.

Angesichts der 19.500 Einwohner, die der Ort heute hat, eine ganze Menge. Der schlossähnliche, klassizistische Beltman-Bau bietet heute der Verwaltung des FOC und einigen Händlern Platz. Nachdem das Center 2004 mit dem Village auf 3500 Quadratmetern startete, weist es nach Abschluss der Erweiterung im Jahr 2012 - besonders um die ehemaligen Industriegebäude - jetzt eine Verkaufsfläche von 11.500 Quadratmetern auf. Auch die neuen Gebäude wurden dort gebaut, wo früher Fabrikhallen standen.

Dieter Denne, Architekt des FOC in Ochtrup und künftig vielleicht auch in Königswinter, sieht "eine besondere Herausforderung darin, Alt und Neu zusammenzubringen, denn das macht die Atmosphäre des Centers aus". Während die Funktions- und Handelsarchitektur im Village im Anspruch eher dem Bau einer Lagerhalle entspreche, mache der Umgang mit dem Bestand den Reiz aus.

Plan für Königswinter

  • Den Weg zu einem möglichen Factory Outlet Center in Königswinter haben die CDU- und FDP-Fraktion mit einem Antrag im Königswinterer Stadtrat bereitet. Ziel des Prüfauftrags an die Verwaltung war es, Möglichkeiten für eine Belebung der Hauptstraße aufzuzeigen - eingedenk der Tatsache, dass die bereits im Jahr 2004 gestartete Altstadtsanierung bisher noch nicht den gewünschten Erfolg gebracht hat. Der Kontakt zum Projektentwickler Ulrich Nordhorn von der Retail Development Group, der das FOC in Ochtrup aufbaute, war schnell geknüpft. Nordhorn wohnt in Königswinter und kennt die Nöte der Stadt.
  • Die Investitionen in Königswinter sollen sich laut den Planern auf 50 bis 80 Millionen Euro belaufen. Ulrich Nordhorn rechnet mit 1,8 bis 2,2 Millionen Besuchern im Jahr, von denen schätzungsweise etwa 800.000 anschließend die Altstadt besuchen würden. Das FOC soll eine Verkaufsfläche von rund 20.000 Quadratmetern haben, davon 7800 auf dem Lemmerzgelände, 2400 auf dem ehemaligen Jass-Gelände und 9900 auf dem Bobby-Rheingoldgelände.
  • Während auf dem Lemmerz- und Jassgelände ebenerdige Gebäude entstehen sollen, planen die Investoren auf dem Bobby-Gelände aufgrund des Gefälles ein zweigeschossiges, im Erdgeschoss überdachtes Gebäude. Schwierigkeiten bereiten den Planern vor allem der Übergang Bahnhofstraße sowie die nicht bebaubare Fläche zwischen Jass- und Bobby-Gelände entlang des Friedhofs Palastweiher. Vier Querungen sollen die Altstadt auf der anderen Seite der Bahn mit dem FOC verbinden.
  • Bei einer Umfrage des General-Anzeigers räumten mehrere Experten einem Outlet Center in Königswinter gute Erfolgsaussichten ein. Eine Belebung wird vor allem für den Tourismus erwartet. Einhellig ist aber auch die Forderung, dass die Neuansiedlung von 100 bis 120 neuen Läden in die Hauptstraße neuen Schwung bringen müsste. Als Problem wird gesehen, dass der Projektentwickler bislang von nur 400 bis 600 zusätzlichen Parkplätzen ausgeht. Hier muss erheblich nachgebessert werden, da ist man sich in Königswinter einig.
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