Nach 13 Jahren wurde der vierte Posträuber gefasst

38-Jähriger lebte in der Schweiz - Filmreifer Überfall in Königswinter beschäftigt noch einmal das Landgericht

Königswinter/Region. Der filmreife Raubüberfall auf einen Postwagen am 1. Dezember 1993 in Königswinter ist endgültig aufgeklärt. Davon ist die Bonner Staatsanwaltschaft überzeugt und klagt nun den 13 Jahre lang spurlos verschwundenen vierten Mann wegen schweren Raubes und räuberischen Angriffs auf Kraftfahrer an.

Der mit internationalem Haftbefehl gesuchte 38-Jährige wurde am 26. Juni in der Schweiz, wo er mit Frau und Kindern lebte, festgenommen: Er hatte einen Einbürgerungsantrag gestellt, und bei der Überprüfung zeigte ihn der Computer als den in Bonn mit Haftbefehl gesuchten Räuber an.

Nun sitzt er in Rheinbach in U-Haft und wartet auf den Prozess, dem seine drei damaligen Komplizen sich schon 1994 stellen mussten. Zwei von ihnen wurden am 10. Mai 1994 vom Bonner Landgericht zu fünf Jahren Haft, der dritte als Heranwachsender zu vier Jahren verurteilt.

Nur einer von ihnen steht GA-Informationen zufolge demnächst als Zeuge im Prozess zur Verfügung: Von den beiden anderen, zwei Brüdern, ist einer 2005 gestorben, der andere verschwunden.

Laut Anklage und Urteil des Landgerichts von 1994 geschah Folgendes: Die vier Männer, die damals in Königswinter als Asylbewerber lebten, beschlossen damals einen Postwagen zu überfallen, weil sie gehört hatten, dass die nicht so sonderlich gut gesichert seien.

Am Abend des 1. Dezember versteckten sich zwei Täter im Gebüsch an der Auffahrt zur B 42 Richtung Bonn, die beiden anderen warteten in zwei Autos mit gestohlenen Kennzeichen am Postamt Königswinter, bis der Postwagen mit dem Ziel Bonner Hauptpost um 19.20 Uhr losfuhr. Sie folgten ihm, und der 38-Jährige Angeklagte setzte sich schließlich vor den Postwagen, der andere blieb direkt dahinter.

In der engen Auffahrt zur B 42 kam es dann zu der filmreifen Szene: Der Angeklagte täuschte laut Anklage eine Autopanne vor, brachte den Motor zum Stottern, schaltete die Warnblinkanlage ein, hielt an und zwang damit auch den Postwagenfahrer zum Anhalten.

Seine beiden Komplizen sprangen aus dem Gebüsch, rissen die Fahrertür des Postwagens auf, einer bedrohte den Fahrer mit einer ungeladenen Schreckschusspistole und zwang ihn, sich vor dem Beifahrersitz zusammenzukauern.

Dann setzten sich die Räuber in den Postwagen, und während der eine ihn zu einem Sportplatz in Vinxel steuerte, hielt der andere dem Fahrer die Pistole in den Nacken und forderte den Schlüssel für den Laderaum, den der jedoch nicht hatte.

Auf dem Sportplatz musste sich der Postwagenfahrer auf den Boden knien, und die Täter versuchten, ihn mit einem Elektroschockgerät bewusstlos zu machen, was ihnen jedoch misslang, da die Batterien zu schwach waren. Dann fesselten sie den Fahrer, der durch den Elektroschocker Verbrennungen im Nacken erlitt, stülpten ihm einen Postsack über den Kopf und ließen ihn liegen.

Nach einer Weile gelang es dem Opfer, sich zu befreien und die Polizei zu alarmieren. Dann fuhren die Täter den Postwagen nach Oberkassel, stellten ihn erst einmal ab und trafen sich in einer Bonner Spielhalle mit ihren Komplizen.

Erst am nächsten Abend fuhren der Angeklagte und die beiden Brüder den Postwagen nach Ramersdorf, brachen ihn auf, holten einen unverschlossenen Safe, Pakete und Säcke heraus. Die Beute von 54 000 Mark und 8 000 US-Dollar wurde durch vier geteilt.

Als die drei im Januar 1994 gefasst wurden, gab es von der Beute keine Spur mehr. Ein anonymer Hinweis hatte die Ermittler auf die Spur des einen Räubers gebracht, und der packte aus und nannte seine Komplizen. Er soll im Prozess gegen den 38-Jährigen als Zeuge gehört werden.

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