Blog über Kunst und Kneipen „Auf ein Kölsch!“ mit Ben Hammer

Köln · Diese Performance macht Durst auf mehr. Regelmäßig porträtiert der Fotograf und Künstler Ben Hammer in verschiedenen Kölner Kneipen Kölsch-Trinker: Sein Projekt heißt entsprechend „Auf ein Kölsch“, ebenso sein Blog.

 Der Fotograf Ben Hammer ist Initiator der Aktion.

Der Fotograf Ben Hammer ist Initiator der Aktion.

Foto: Teymur Madjderey

Auf den ersten Blick haben Industriemechaniker Nils, Visagistin Hanna und Zeitsoldat Baba wenig gemeinsam. Aber weil alle drei in Köln leben, weil alle Kölsch trinken und kein Problem damit haben, sich für eine ungewöhnliche Idee zu begeistern, finden sich ihre Porträts nun im Blog „Auf ein Kölsch!“ wieder.

Das Projekt

Seit Frühjahr 2015 sorgt Fotograf Ben Hammer dafür, dass sich das digitale Journal kontinuierlich füllt. Online können sich Menschen dafür bei ihm bewerben. Unter drei Bedingungen: sie müssen über 18 sein, in Köln leben und mit Hammer ein (oder mehrere) Kölsch trinken. Echtes. Alkoholfrei gilt nicht.

Wer dann noch sieben Standardfragen beantwortet hat – etwa „Dein erstes Kölsch hast du wann getrunken?“, „Flasche oder Glas?“ oder „Deine schönste Kölscherinnerung?“ – kann womöglich der nächste Mittrinker von Hammer werden. „Ich wollte ein Langzeitprojekt machen“, sagt der 26-Jährige, „und gleichzeitig etwas, wobei man Menschen trifft und Geschichten von Menschen hört.“ Das Getränk, das so heißt wie das, was die Domstädter sprechen, schien ihm dafür eine gute Wahl. Den Ort des Treffens schlagen die Bewerber vor.

Intervieworte

Der muss nicht, ganz klassisch, eine Kneipe, ein Brauhaus oder ein Biergarten sein. Hammer, der zwar in Köln geboren wurde, aber bis 2015 in Lindlar lebte, hat seinen Co-Zechern auch schon im Café oder im Irish Pub zugeprostet, in einer Galerie, einem Theater und einem (echten) Waschsalon. Projektbezogen getrunken wurde auf Balkonen, in Wohnungen und auf Dachterrassen, unter freiem Himmel vor einem Büdchen (Kiosk), in einem Park oder am Rhein. Vom Stadion bis hin zur bedrohten Künstlerkommune war alles möglich.

Auf die Art ist Hammer viel in Köln rumgekommen: „Wenn Leute dir was vorgeschlagen, was du nicht kennst, entdeckst du die Stadt neu.“ Kölsch trinkt man nicht nur in den angesagten Läden im Belgischen Viertel, der Südstadt oder in Ehrenfeld, sondern auch in Poll, in Gremberg und in Deutz. Oder im „HeimatHirsch“ in Nippes: „Das war so 'ne Kneipe, da dachte ich, in die gehst du nie rein.“ Tat's dann aber doch – und kam so schnell nicht wieder raus.

Trinken für die Kunst

Während sein Gegenüber ganz entspannt trinken und von sich erzählen darf, hat Hammer den härteren Part. Er macht die Fotos und schreibt später, nur aus dem Gedächtnis, die Geschichten seiner Gesprächspartner und seine Eindrücke von der Umgebung auf. „Einmal habe ich an einem Tag, mit Fahrer, drei Schichten hintereinander gemacht“, sagt er, „das war schon heftig.“ Denn Trinken für die Kunst und dabei nüchtern bleiben, geht nicht: „Da gibt's kein Pardon!“.

Unter aufeinkoelsch.de findet man inzwischen 50 Reportagen, die, mal kürzer, mal länger, von „ganz normalen Menschen“ erzählen. Es sind gebürtige Kölner, solche, die aus Bergisch Gladbach, Bonn oder Bensberg zugezogen sind oder von weiter her, aus Rostock, Stuttgart oder dem Westerwald kommen. Und jeder von ihnen hat eine Geschichte zu erzählen. „Ich bin immer glücklich, wenn ich nach Hause fahre, glücklich, weil ich immer was Neue gelernt habe – ganz egal, wie betrunken ich am Ende war: Ich denke nie, das war aber 'ne Fritte, der hatte aber gar nichts Interessantes zu erzählen.“

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