Habgier als Motiv für Mord: Brutale Messerstecher vor Jugendgericht

Blass und sehr jung sehen die 15 und 20 Jahre alten Angeklagten aus, die vor dem Bonner Jugendschwurgericht sitzen. Aus Habgier sollen sie in Rheinbach-Oberdrees und Alfter zwei Männer ausgeraubt und mit Messerstichen fast getötet haben.

 Die Tatwaffe, ein Armee-Messer, präsentierten Polizei und Staatsanwaltschaft im Sommer bei einer Pressekonferenz.

Die Tatwaffe, ein Armee-Messer, präsentierten Polizei und Staatsanwaltschaft im Sommer bei einer Pressekonferenz.

Foto: Volker Lannert

Vorgebirge/Bonn. Blass und sehr jung sehen die 15 und 20 Jahre alten Angeklagten aus, die mit jeweils zwei Verteidigern vor dem Bonner Jugendschwurgericht sitzen. Und so ängstlich, dass es unvorstellbar erscheint, was sie laut Anklage getan haben: Aus Habgier sollen sie am 12. Juni in Rheinbach-Oberdrees und am 10. Juli in Alfter zwei Männer ausgeraubt und mit Messerstichen fast getötet haben, um sie als Zeugen zu beseitigen.

Beide Opfer überlebten schwer verletzt - und schwer traumatisiert. Was die Angeklagten dazu zu sagen haben, erfährt die Öffentlichkeit jedoch nicht: Auf Antrag der Verteidigung des 15-Jährigen schließt das Gericht die Öffentlichkeit für die gesamte Dauer des Verfahrens aus.

Kommentar Lesen Sie dazu auch den Kommentar " Unfassbare Täter"Das Medieninteresse ist groß, und genau das, so die Anwälte des 15-Jährigen, Sigried Aretz und Michael Hakner, sei das Problem für ihren noch sehr jungen Mandanten, der gesagt habe: "Ich habe Angst vor einer öffentlichen Verhandlung." Und davor, vor so vielen Menschen "kein Wort herauszubringen".

Auch wenn laut Gesetz gegen Jugendliche unter 18 öffentlich verhandelt werde, wenn ein weiterer Angeklagter über 18 sei, so gelte hier eine weitere Vorschrift: Bei besonderer Schutzbedürftigkeit und angesichts der großen Gefahr einer Stigmatisierung durch die Medien eines sehr jungen Angeklagten habe der Erziehungs- und Schutzgedanke Vorrang vor dem Informationsrecht der Öffentlichkeit.

Nach ausgiebiger Beratung hinter verschlossenen Türen verkündet Kammervorsitzender Volker Kunkel: Das gesamte Verfahren, selbst die Anklageverlesung durch Staatsanwalt Martin Disterheft, soll auch auf Rat der psychiatrischen Sachverständigen nicht öffentlich stattfinden. Alle müssen den Saal verlassen. Nur die Eltern des 15-Jährigen dürfen bleiben.

Was die Angeklagten anschließend über sich und die Taten berichten, erfährt niemand außerhalb des Saals. Laut Anklage geschah Folgendes: Am 12. Juni 2010 stiegen die beiden, die sich ein Jahr zuvor im Internet bei einem Gewaltspiel kennengelernt hatten, in ein Haus in Oberdrees ein.

Dort attackierten sie einen schlafenden 24-jährigen Bewohner mit Pfefferspray und Totschläger, erpressten von ihm Bargeld, Scheckkarte und Geheimnummer und stachen auf ihn ein. Um ihre Spuren mit einem Feuer zu beseitigen, legten sie Papier und Tücher auf den Herd, schalteten ihn ein und flüchteten. Ihr Opfer schleppte sich nach draußen, rief um Hilfe und wurde von Nachbarn gefunden und im Krankenhaus gerettet.

Am 10. Juli schlugen die beiden laut Anklage erneut zu: Auf der Heerstraße in Richtung Alfter-Heidgen stellten sie sich mitten auf die Straße, zwangen so einen 37-jährigen Autofahrer anzuhalten, und als der 19-Jährige nach dem Weg fragte, riss der 15-Jährige die Beifahrertür auf, drohte mit einer Schreckschusspistole und forderte Geld, Scheckkarte und Geheimnummer.

Nachdem der 37-Jährige ihnen in Todesangst alles gegeben hatte, sollen beide von vorne und von hinten auf ihn eingestochen haben, weil er sie wiedererkennen könnte. Das Opfer schaffte es jedoch zu flüchten, und als seine Hilferufe von Nachbarn gehört wurden, flohen die Täter.

Gefasst wurden die beiden am 14. Juli aufgrund des Hinweises des Vaters eines Mitschülers des 15-Jährigen. Der hatte in der Schule bereits mit der ersten Tat geprahlt. Als das bekannt wurde, wurde die Frage laut: Hätte die zweite Tat verhindert werden können? Laut Anklage gestanden die Angeklagten die Taten, bestritten jedoch die Tötungsabsicht - und beschuldigten sich bisher gegenseitig, die treibende Kraft gewesen zu sein.

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