Gedanken aus Lantershofen Gott kommt in eine ungemütliche Welt

Lantershofen · Zum Christfest schreibt Volker Malburg, der neue Regens im Lantershofener Studienhaus Sankt Lambert.

 Vorweihnachtlicher Gottesdienst in Sankt Lambert Lantershofen: Regens Volker Malburg (rechts) mit Subregens Philipp Peters.

Vorweihnachtlicher Gottesdienst in Sankt Lambert Lantershofen: Regens Volker Malburg (rechts) mit Subregens Philipp Peters.

Foto: Martin Gausmann

In den Tagen vor Weihnachten habe ich einen Flyer für einen „anderen“ Weihnachtsgottesdienst bekommen. „Bethlehem ist überall“ ist da zu lesen, „Heiligabend-Gottesdienst unter der Brücke“. Der Flyer lädt ein, draußen wie damals zu feiern: mit Feuer, Gesang, Gebet, Krippe. Stattfinden wird dieser Gottesdienst am 24. Dezember um 18.30 Uhr unter der Brücke unter der B 266 (Umgehung Heppingen /Gummiweg). Weihnachten woanders.

Weihnachten woanders? Da frage ich mich: Wer will denn unter einer Brücke Weihnachten feiern? Das ist doch weder gemütlich, noch stimmungsvoll. Da ist es kalt, da ist es laut, da riecht es nach Benzin und Abgasen. Und dann, ja dann denke ich darüber nach, dass es wohl so auch am ersten Weihnachtsfest vor 2000 Jahren gewesen sein wird.

Da hatten Maria und Josef auch keinen gemütlichen Ort. Sie fanden Unterschlupf in einem Stall, beim Vieh. Sicherlich wird es auch dort nicht besonders angenehm gerochen haben. Maria wird sich die Geburt ihres Kindes so nicht vorgestellt haben. Wer will schon auf Heu und auf Stroh neben einem Ochsen und einem Esel ein Kind zu Welt bringen?

Ihren Sohn muss sie dann noch in einen Futtertrog legen, der sicherlich nicht wie ein Maxi-Cosy oder eine Wiege mit Spitzenrüschen aussah. Weihnachten vor 2000 Jahren, das war ein Weihnachten ganz anders und ganz woanders, als wir es heute feiern. Keine gemütliche Feier in einem festlich geschmückten Wohnzimmer, sondern eben an einem Ort, wo man heute nicht mehr unbedingt Heiligabend verbringen will.

Weihnachten woanders, ein Weihnachtsgottesdienst unter der Brücke, macht deutlich: Weihnachten ist nicht beschränkt auf schöne Gefühle, auf Tannenduft, Kerzenschein und tolle Geschenke. Weihnachten hat einen tieferen Sinn, der vielleicht mit einem Gottesdienst unter einer Brücke besser zum Vorschein kommt.

Gott will in diese Welt kommen. Aber nicht dorthin, wo es schön und gemütlich ist, sondern gerade dorthin, wo es schwierig wird, wo Menschen eigentlich nicht gerne sein wollen. Gott wird Mensch im Stall, wo es stinkt und schmutzig ist. Gott nimmt die Armseligkeiten und die Not unseres menschlichen Lebens an. Sein Ort ist gerade da, wo es ungemütlich ist. Daher wird Gott vor allem für die Mensch, die in dieser Welt in ungemütlichen Verhältnissen leben.

Er wird Mensch für die, die krank sind und Weihnachten im Pflegeheim oder im Krankenhaus verbringen müssen. Er wird Mensch für die, die einsam sind; für die, die um einen lieben Menschen trauern, den sie an Weihnachten sehr vermissen werden. Er wird Mensch für die, die von Krieg und Gewalt betroffen sind; für die Menschen in Aleppo, die an diesem Weihnachtsfest sicherlich kein schönes Zuhause haben, sondern in einer Stadt voller Zerstörung leben müssen. Er wird Mensch für die Millionen von Menschen, die auch in diesem Jahr auf der Flucht sind.

Gott wird Mensch in einer Welt, die nicht schön und gemütlich ist, sondern in dieser realen Welt mit ihren Wunden, mit ihren Verletzungen, mit ihren dunklen Seiten. Das ist der Ort, an dem Gott Mensch sein will, an dem Gott mit den Menschen zusammen sein will, um ihnen Hoffnung und Zuversicht zu geben.

Der Flyer, der dazu einlädt, Heiligabend mit einem Gottesdienst unter der Brücke zu feiern, will aber nicht nur Weihnachten woanders erfahrbar machen. Er spricht auch davon, dass Bethlehem überall ist. Bethlehem ist nicht nur ein bestimmter Ort, an dem vor 2000 Jahren Christus zur Welt kam. Bethlehem kann überall sein, wo Menschen die Botschaft annehmen, die das Jesuskind in die Welt gebracht hat: Die Botschaft der Liebe, die Botschaft des Friedens, die Botschaft der Gerechtigkeit.

Überall dort, wo Menschen mithelfen, eine Welt zu bauen, die von diesen Werten geprägt ist, wird Weihnachten, ist Bethlehem. Gott will wirklich zu jedem Menschen kommen und überall mithelfen, dass die Welt menschlicher wird. Jesus wird im Stall, an einem ungemütlichen Ort geboren, um die Welt durch seine Liebe menschlich zu machen. Unsere Welt soll ein Ort der Schönheit, der Geborgenheit und des Friedens werden. Gott lädt uns an Weihnachten ein mitzuhelfen, dass die Welt eine menschlichere und eine bessere wird. Die ungemütlichen Orte und Lebenssituationen sollen weniger werden. Durch uns soll die Welt immer mehr ein Ort der Geborgenheit und des Friedens werden. Jeder kann mithelfen an dem Ort, in den Situationen, wo er lebt.

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