Porträt Strebsam, konservativ, deutschfreundlich

Puebla · Die konservative Berufsdiplomatin aus Mexiko wird neue UN-Klimachefin in Bonn. Dass es eine Frau sein würde, war wegen der Quote schon länger klar.

 Die mexikanische Diplomatin Patricia Espinosa.

Die mexikanische Diplomatin Patricia Espinosa.

Foto: picture alliance / dpa

Auf der Zielgeraden hat sich UN-Generalsekretär Ban Ki Moon nun für diejenige entschieden, die 2010 den Weltklimagipfel vor einer Neuauflage der Kopenhagen-Katastrophe rettete: die Mexikanerin Patricia Espinosa. Die konservative Berufsdiplomatin wird damit die Nachfolge der Costaricanerin Christiana Figueres im Welt-Klima-Sekretariat in Bonn antreten.

Mexiko, das bereits den Generalsekretär der Organisation für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD), Jose-Angel Gurria, stellt, erobert damit einen weiteren internationalen Chefposten. Und die 57-Jährige, die derzeit Botschafterin in Berlin ist, dürfte nun wohl endgültig zum beliebtesten Vorzeigeobjekt der deutschen Auslandsschulen werden: Die Tochter einer bürgerlichen Familie aus Mexiko-Stadt besuchte nicht nur die Humboldt-Schule, sondern verbrachte in ihrer Jugend auch ein Jahr im Austausch in Norddeutschland und spricht fließend deutsch sowie Englisch und Französisch. Sie schätze deutsche Pünktlichkeit und Disziplin, sagt Espinosa, die stets auf Korrektheit bedacht ist.

Im Gegensatz zu vielen anderen Mädchen ihrer Generation verfolgte sie nach dem Abitur zielstrebig ihre Karriere, besuchte das angesehene Colegio de México, um dort Internationale Beziehungen zu studieren und schlug anschließend die Diplomatenlaufbahn ein, was im Mexiko dieser Jahre für Frauen nicht selbstverständlich war. Ihren ersten Auslandsposten in Genf nutzte sie für ein Aufbaustudium in internationalem Recht, bevor sie nach Mexiko zurückkehrte, heiratete und zwei Kinder bekam. Die untersetzte Frau mit der Vorliebe für gedeckte Kostüme erwarb sich einen Ruf als fleißige, strebsame, aber graue Bürokratin. Sie gilt als loyal, effizient und beackerte das Spezialistenthema der multinationalen Diplomatie. Nach einer Station bei den Vereinten Nationen in New York wurde sie Botschafterin in Berlin und in Wien.

Ihre Stunde schlug mit dem Amtsantritt des konservativen Präsidenten Felipe Calderón. Er machte seine Parteifreundin zur Außenministerin – in politischen Machokreisen munkelte man, es sei eine Quotenentscheidung gewesen. Dort bewährte sie sich besonders dadurch, dass sie alle Wünsche ihres Chefs umsetzte und ihm niemals das Rampenlicht stahl. Calderón behielt sie über seine ganze sechsjährige Amtszeit hinweg. Es sei Zeit, Mexiko international neu zu positionieren, erklärte Espinosa bei ihrer Amtseinführung, doch fiel sie nicht durch eine besonders originelle oder proaktive Außenpolitik auf, war aber auf internationaler Bühne als zuverlässige, korrekte und konstruktive Diplomatin geschätzt.

Espinosas Sternstunde, die sie einer breiteren Öffentlichkeit bekannt machte, schlug im Dezember 2010: Auf dem Klimagipfel in Cancún hatte sie als Verhandlungsleiterin eine neue Dynamik eingeführt. Keine Hinterzimmerpakte, sondern Dialog und Transparenz. Doch als die Klimakonferenz dem Ende zuging, verhakten sich die Teilnehmer wieder in Schuldzuweisungen und Blockaden. Da tat Espinosa, wofür sie sonst nicht bekannt war: Sie ergriff die Initiative und legte ein knappes, unverbindliches Kompromisspapier vor, das den ermüdeten Delegierten sowohl der Industrie- als auch der Entwicklungsländer annehmbar erschien und der Weltgemeinschaft half, das Gesicht zu wahren. Von dieser Eigenschaft wird sie in ihrer neuen Funktion wohl häufiger Gebrauch machen müssen.

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