Porträt: Christoph Heusgen Vom Kanzlerinnen-Berater zum UN-Botschafter

Berlin · Christoph Heusgen gehört zu den engsten Mitarbeitern von Angela Merkel. Nun soll der außenpolitische Berater der Kanzlerin deutscher UN-Botschafter in New York werden.

 Vor dem Sprung an den East River: Christoph Heusgen.

Vor dem Sprung an den East River: Christoph Heusgen.

Foto: picture alliance / dpa

Ein Handschlag wie ein Ritterschlag. Barack Obama sitzt schon auf der Rückbank des gepanzerten Titan Cadillac, genannt das „Beast“, bereit zur Abfahrt zum Flughafen Tegel. Da entdeckt der US-Präsident bei seinem letzten Amtsbesuch in Berlin neben dem Auto einen Mann mit einem Aktenbündel unter dem Arm. Obama steigt sofort wieder aus, geht auf den Mann zu und reicht ihm die Hand: „Christoph!“ Ein Zeichen höchster Wertschätzung des mächtigsten Mannes der Welt für Christoph Heusgen, den außenpolitischen Berater von Bundeskanzlerin Angela Merkel.

Obama kennt Heusgen seit seiner Zeit als US-Präsident. Heusgen hat in dieser Zeit zahlreiche Nato-Gipfel, G7,-, G8- und G20-Gipfel als Merkels „Sherpa“ vorbereitet und dabei nächtelang über Entwürfe für die Gipfel-Abschlusserklärung verhandelt. Heusgen war auch Merkels Verbindungsmann, als es galt, mit Obamas ehemaliger Chefstrategin für Europa, Karen Donfried, über ein mögliches No-spy-Abkommen zwischen Deutschland und den USA zu verhandeln, zu dem es bekanntlich nie kam. Wenn Deutschland am Donnerstag den Vorsitz der Gruppe der zwanzig wichtigsten Industrie- und Schwellenländer (G20) übernimmt, könnte dies wieder viel Arbeit für den 61 Jahre alten Diplomaten – oder seinen Nachfolger – bedeuten. Am 7./8. Juli steht in Hamburg der nächste G20-Gipfel an, unter deutscher Präsidentschaft.

Doch Heusgen, der Merkel bereits seit November 2005 in außen- und auch sicherheitspolitischen Fragen berät, kann sich gegen Ende seiner Diplomatenkarriere noch eine Station im Ausland vorstellen. Der bevorstehende Wechsel ist in Berlin zwar noch nicht offiziell bestätigt, aber Heusgen hat schon länger sein Interesse angemeldet, deutscher UN-Botschafter in New York zu werden. Merkel wiederum verfährt mit solchen Wünschen ihr vertrauter, kompetenter und absolut verlässlicher Mitarbeiter wie folgt: Sie ignoriert solche Wechselabsichten zunächst eine Zeit lang – bis sie dies nicht mehr ignorieren kann. So jedenfalls hat es die Bundeskanzlerin beim Wechsel ihres früheren Regierungssprechers Ulrich Wilhelm zu Nachfolger Steffen Seibert einmal öffentlich erzählt. Und so muss es nun auch im Fall von Heusgen gewesen sein.

Der in Düsseldorf geborene Heusgen studierte nach dem Abitur am Neusser Quirinus-Gymnasium Wirtschaftswissenschaften in St. Gallen und in den USA. Das Studium schloss er mit Promotion ab. 1980 trat Heusgen, der CDU-Mitglied ist, in den Auswärtigen Dienst ein. Nach Stationen am deutschen Generalkonsultat in Chicago und an der deutschen Botschaft in Paris arbeitete er von 1993 bis 1997 im Büro des damaligen Außenministers Klaus Kinkel (FDP). 1999 wechselte er als Stabschef des damaligen Hohen Vertreters der EU-Außen- und Sicherheitspolitik, Javier Solana, nach Brüssel.

Heusgen ist Fan des FC Bayern München und musste eine seiner bittersten Fußball-Stunden erleben, als er 2012 am Rande des G8-Gipfels in Camp David das verlorene Champions-League-„Finale dahoam“ gegen den FC Chelsea mit dem jubelnden britischen Premierminister David Cameron erleben musste. Heusgen ist ein großer Freund des Neusser Schützenfestes, das er, wenn die Termine es erlauben, jährlich besucht. Die Spiele seines Lieblingsvereins und auch der Traditionsbesuch beim Schützenfest in Neuss könnten zwar bald erst einmal in die Ferne rücken, aber der Posten am East River dürfte ihn entschädigen. Und Soccer in New York hatte schon Franz Beckenbauer entdeckt.

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