"Wie ein angeschlagener Boxer" Seehofer löst Kritik und Spott aus

Berlin · Will Seehofer den Trump machen? Nein, versichert er selber. Er will künftig zwar selbst twittern - aber anders als der US-Präsident. Gleichwohl zieht Seehofer mit seiner Ankündigung Spott auf sich. Es gibt aber auch scharfe inhaltliche Kritik an seiner Bierzelt-Rede.

 In seiner ersten Bierzelt-Rede seit vielen Wochen im oberbayerischen Töging am Inn hatte Seehofer seinen Kritikern eine gezielte Kampagne gegen seine Person und eine völlig unangemessene Wortwahl vorgeworfen.

In seiner ersten Bierzelt-Rede seit vielen Wochen im oberbayerischen Töging am Inn hatte Seehofer seinen Kritikern eine gezielte Kampagne gegen seine Person und eine völlig unangemessene Wortwahl vorgeworfen.

Foto: Armin Weigel

Bundesinnenminister Horst Seehofer hat mit dem Kampagnen-Vorwurf an seine Gegner und seiner Twitter-Ankündigung Kritik und Spott auf sich gezogen.

SPD-Chefin Andrea Nahles forderte ihn auf, sich auf seine Aufgaben zu konzentrieren: "Statt in Bierzeltreden über angebliche Medien-Kampagnen gegen ihn zu lamentieren, sollte er sich an seinen Schreibtisch setzen und die zahlreichen Probleme in seinem Zuständigkeitsbereich lösen." Im Interview des Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND, Samstag) fügte sie hinzu: "Der Innenminister soll Ergebnisse liefern, statt Pseudo-Debatten über von ihm so genannte Mickey-Mouse-Probleme zu führen."

Der FDP-Fraktionsvize Michael Theurer sagte der Deutschen Presse-Agentur, Seehofer amtiere nur noch auf Abruf, um seiner CSU als Sündenbock für eine absehbare Niederlage bei der Landtagswahl im Oktober zu dienen: "Horst Seehofer schlägt wie ein angeschlagener Boxer vor dem endgültigen Niederschlag wild um sich." Er schimpfe ganz im Stil von US-Präsident Donald Trump auf die Medien, die angeblich nicht über manche seiner Wahrheiten berichteten. "Als Bundesinnenminister wäre es aber vielmehr seine Aufgabe, den Rechtsstaat einschließlich unabhängiger und kritischer Medien zu verteidigen und nicht pauschal zu verunglimpfen", sagte Theurer. "Seehofer sollte sich umgehend für diesen Fehltritt entschuldigen, um weiteren Schaden für den Rechtsstaat abzuwenden."

In seiner ersten Bierzelt-Rede seit vielen Wochen im oberbayerischen Töging am Inn hatte Seehofer seinen Kritikern eine gezielte Kampagne gegen seine Person und eine völlig unangemessene Wortwahl vorgeworfen. "Genau diejenigen, die jeden Tag dafür eintreten, dass man in der Politik Anstand und Stil zu bewahren hat, überschütten mich mit Worten und Eigenschaften und Attributen, die weit unter der Gürtellinie liegen", sagte Seehofer. "Jetzt steht also der böse Seehofer vor Ihnen - der Mörder, der Terrorist, der Rassist", sagte er mit Blick auf die Kritik an ihm zu den Besuchern, betonte aber dann: "Kampagnen, da können sie sich drauf verlassen, die beschäftigen mich nicht."

Auch schon kurz vor seiner Rede hatte Seehofer eine "Kampagne der Medien" beklagt. Vor den mehreren Hundert Besuchern kündigte er dann an, künftig selbst den Kurznachrichtendienst Twitter nutzen zu wollen. "Ich fange wahrscheinlich Ende August selbst das Twittern an", sagte er - und begründete dies so: "Ich sehe mich jetzt gezwungen, weil manche Wahrheiten ich sonst nicht unter eine breitere Bevölkerung bekomme." Der Landtagswahlkampf in Bayern werde nun "noch etwas bereichert".

Auf Twitter selbst gab es für Seehofers Ankündigung viel Spott und Häme. Juso-Chef Kevin Kühnert etwa schrieb: "Bin ehrlich beeindruckt vom Aufwand, den er betreibt, um nach verlorener Landtagswahl und seinem #Rücktritt im Oktober dem @Markus_Soeder noch ordentlich einen einzuschenken." Die Heute-Show spottete: "Horst #Seehofer will in Zukunft twittern. Er sucht nur noch die richtige Teletextseite." Der Deutsche Journalisten-Verband kommentierte: "#Seehofer kündigte gestern in einer Bierzelt-Rede an, mit Twitter zu starten weil er seine "Wahrheiten" sonst nicht "in die breitere Bevölkerung" bekomme. Aha. Bekommen wir also einen deutschen #Trump?"

Seehofer hatte allerdings selbst bereits eingeschränkt, er werde Twitter zwar nutzen, aber vielleicht "in einem anderen Stil" als US-Präsident Donald Trump. Dieser macht über Twitter Politik und ist für seine Twitter-Äußerungen berüchtigt.

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