Kommentar zur Diskussion um die Rente Nicht finanzierbar

Meinung | Berlin · In zwei Wochen wollen sich die Koalitionsspitzen auf eine Rentenreform verständigen. Fest steht: Die großen Versprechen werden sich nicht erfüllen.

 Die Spitzen von Union und SPD wollen sich endlich auf eine Rentenreform einigen. Von links: Vizekanzler Sigmar Gabriel (SPD), Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und der CSU-Vorsitzende Horst Seehofer.

Die Spitzen von Union und SPD wollen sich endlich auf eine Rentenreform einigen. Von links: Vizekanzler Sigmar Gabriel (SPD), Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und der CSU-Vorsitzende Horst Seehofer.

Foto: dpa

In zwei Wochen wollen sich die Spitzen von Union und SPD auf eine Rentenreform verständigen. Jetzt schon ist klar: Eine Jahrhundertreform wird das nicht werden. Wenn es gut läuft, können ein paar brauchbare Werkstücke aus der Regierungsarbeit herauskommen. Die Politik ist entschlossen, bei der Betriebsrente die Bedingungen zu lockern und eine Förderung für Geringverdiener einzuführen.

Einig scheint sich die Koalition auch darüber zu sein, dass die Ostrenten in den nächsten Jahren schrittweise an das Westniveau angeglichen werden. Auf einigen Tagesbaustellen der Rentenpolitik geht es damit voran. Allein: Die großen Versprechen von CSU-Chef Horst Seehofer und des SPD-Vorsitzenden Sigmar Gabriel werden sich nicht erfüllen.

Die Ankündigungen waren wie so oft eine Nummer zu groß für die reale Politik. Deren Heilsversprechen hatte noch vor Monaten gelautet, in Zukunft solle das Rentenniveau nicht weiter zurückgehen. Stattdessen war von Stabilisierung und Verhinderung von Altersarmut die Rede. Abgesehen davon, dass es sich beim Rentenniveau um eine statistische Größe handelt, die nichts über die absolute Rentenhöhe eines einzelnen Ruheständlers aussagt, ist die Koalition gerade dabei, die Debatte einzudampfen. Am Grundmuster der Rentenpolitik wird sich wenig ändern.

Natürlich wäre es wünschenswert, was die Gewerkschaften fordern. Der schrittweise Rückgang des Rentenniveaus in den nächsten Jahrzehnten soll nach ihrer Meinung gestoppt werden. Doch dazu fehlen der Politik die Mittel. Was Gewerkschaften, Seehofer und Gabriel verschweigen, ist der Umstand, dass in diesem Fall der Rentenbeitrag bis zur Mitte des Jahrhunderts auf 27 Prozent steigen müsste. Zurzeit zahlen Arbeitgeber und Arbeitnehmer zusammen 18,7 Prozent. Das wäre ein gewaltiger Unterschied. Das Geld müsste die Verkäuferin ebenso aufbringen wie das Einzelhandelsgeschäft, in dem sie arbeitet. Seehofers und Gabriels Wahlgeschenke sind nicht finanzierbar. Wie soll das auch funktionieren, wenn immer weniger Beitragszahler für mehr Rentner aufkommen müssen?

Noch scheut sich die Koalition, den eigenen Irrtum einzugestehen. Mit wolkigen Begriffen wie „doppelten Haltelinien“, die Rentenniveau und Beitrag stabilisieren sollen, versucht Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) das Publikum in Sicherheit zu wiegen. Das wird nur in engen Grenzen gelingen. Der Fehler wäre vermeidbar gewesen, denn es war die Politik, die Menschen bei der Rente auf die Bäume gejagt hat. Zu Alarmstimmung gibt es überhaupt keinen Grund.

In den vergangenen zehn Jahren stiegen die Renten stärker als die Teuerungsraten. Mit einer Rentenanpassung von 4,25 Prozent im Westen erhielten die Ruheständler in diesem Jahr einen satten Aufschlag. Vor zehn Jahren mussten sie noch Nullrunden hinnehmen. Für das nächste Jahr ist der Deutschen Rentenversicherung zufolge eine Rentensteigerung von 1,5 bis zwei Prozent zu erwarten. Das sind keine schlechten Perspektiven. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass seit der rot-grünen Rentenreform aus dem Jahr 2000 die Bürger privat und betrieblich vorsorgen müssen. Nur so lässt sich der Standard im Alter halten.

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