Kommentar zu Ditib Auf Abstand

Meinung | Düsseldorf · Es gibt gute Gründe, warum sich die NRW-Ministerpräsidentin eher vorsichtig tastend auf Abstand zur Ditib begibt, anstatt im allgemeinen Erdogan-Entsetzen krachend die Tür zuzuschlagen.

Schlägt Ditib nicht die Tür vor der Nase zu: Hannelore Kraft.

Schlägt Ditib nicht die Tür vor der Nase zu: Hannelore Kraft.

Foto: dpa

Auf den ersten Blick nimmt Ministerpräsidentin Kraft im Verhältnis zum türkischen Islam-Dachverband Ditib eine widersprüchliche Haltung ein. Beim Salafismus-Präventionsprojekt „Wegweiser“ hat die Landesregierung die Zusammenarbeit abrupt beendet, weil in einem Comic der Märtyrertod verherrlicht wurde. Beim islamischen Religionsunterricht hingegen soll Ditib mit drei anderen Verbänden mindestens bis 2019 Partner der Landesregierung in einem Expertenbeirat bleiben. Zugleich betont Kraft, dass man das Verhalten der Ditib-Funktionäre im Schatten der Türkeikrise sorgsam beobachte. Die von dem türkischen Islam-Verband beantragte Aufwertung zur Religionsgemeinschaft mit weitreichenden Befugnissen will die Staatskanzlei derweil lieber noch eine Weile begutachten – mindestens über den Wahltag am 14. Mai 2017 hinaus.

Es gibt gute Gründe, warum sich Kraft eher vorsichtig tastend auf Abstand zur Ditib begibt, anstatt im allgemeinen Erdogan-Entsetzen krachend die Tür zuzuschlagen. Ditib bleibt ein wichtiger Moschee-Verband mit großer Wirkungsmacht in Migrantenkreisen. Ohne die staatliche türkische Organisation wäre die Akzeptanz des islamischen Bekenntnisunterrichts in vielen Familien schnell dahin. Es erscheint allemal besser, mit dem schwierigen Partner Ditib ein Angebot in unseren Schulen zu organisieren, als türkischstämmige Kinder sich selbst oder allein der religiösen Unterweisung in Hinterhof-Moscheen zu überlassen. Wer den Gesprächsfaden zur Ditib kappen will, müsste dem Land schon sagen, mit wem es dann reden soll.

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