Viehzucht in Großbritannien Tinder für Rinder

London · In Großbritannien hilft die App Tudder Farmern, Stier und Kuh zielgerichtet zu verpaaren. Schließlich ist das auf dem einsamen Land keine ganz so einfache Sache.

 Für fesche Kühe findet sich der rechte Stier, verspricht die britische Paarungsapp Tudder.

Für fesche Kühe findet sich der rechte Stier, verspricht die britische Paarungsapp Tudder.

Foto: picture-alliance/ dpa

Der Bulle steht auf einer sattgrünen Wiese im schottischen Argyll and Bute, hoch oben an der Westküste, wo nichts als Idylle herrscht. Wo die Abgeschiedenheit Ruhe bietet, frische Luft, Postkartenschönheit. Doch mancher Bewohner dürfte mit der Einsamkeit hadern. Der Zuchtbulle auf dem Foto jedenfalls schaut gelangweilt in die Kamera. Könnte der Schnappschuss am Ende Interessenten im Internet abschrecken? Vermutlich eher nicht. Das Rind mit dem braunen Fell präsentiert sich zu kräftig und gesund. Es ist ohnehin erst 47 Monate alt, wie es in der Beschreibung heißt. Die Chancen dürften deshalb gut stehen, dass es trotz der Kamerascheu bald seine Liebste findet. Bereits 463 Ansichten hatte das Tier auf Tudder, der neuen Dating-App im Königreich. Mit ihr verkuppeln neuerdings Bauern ihre Kühe und Bullen. Tinder für Rinder sozusagen.

Nicht nur der Name des Netzwerks mit dem pinkfarbenen Euter im Logo – Udder ist das englische Wort für Euter – erinnert an das Dating-Netzwerk für menschliche Singles. Auch das Konzept ähnelt Tinder, worüber Frauen und Männer wahlweise nach der Liebe ihres Lebens oder einer aufregenden Nacht suchen. Bei Tudder dagegen tummeln sich zwar ebenfalls alle möglichen Prachtexemplare, sie grasen den Markt aber ausnahmslos nach einem passenden Partner zur Paarung ab.

Groß, klein, reinrassig, auf einem Biohof lebend, schwarz, weiß, gefleckt, kurzhörnig, langes Fell, alt oder jung, aus Hampshire, Cornwall, Irland, den Hebriden oder Wales – mehr als 42 000 Profile sind gelistet. Wischt der Landwirt in der App nach links, lehnt er die Kuh oder den Bullen ab. Wer meint, die Herzensdame oder den Traumprinzen für das eigene Tier gefunden zu haben, tippt auf die grüne Daumen-hoch-Fläche oder auf das Symbol, auf dem sich eine weiße Kuh an einen schwarzen Bullen schmiegt. Dann wird der Farmer auf eine Seite weitergeleitet, auf der er ein Angebot machen oder den Eigentümer des Viehs kontaktieren kann. Zudem stehen hier Informationen über den Familienstammbaum, das Potenzial zum Kalben oder den errechneten Marktwert des Nachwuchses.

„A-muh-r“ für die Kühe

Das alles soll den Bauern – oft leben sie in abgelegenen Gegenden auf der Insel und können nur aus einem begrenzten Fundus an Tieren wählen – beim Züchten helfen. Oder wie es das englische Start-up namens Hectare Agritech nennt: „Landwirte können für ihre Kühe A-muh-r spielen.“ Nun fragen sich manche Beobachter: Spinnen sie, die Briten? Ganz und gar nicht, finden die Erfinder von Tudder. „Den oder die Richtige finden zu wollen, kann schon für uns Menschen einschüchternd sein, ganz zu schweigen davon, wenn man ein vierbeiniges Farmtier ist“, sagt der Software-Entwickler Jamie McInnes, der gemeinsam mit dem Rinderzüchter Dan Luff das Projekt vor sieben Jahren gegründet hat. Sie stecken auch hinter der Webseite Sellmylivestock, eine Art Ebay für Viehhandel, auf der man nach einer Übereinstimmung auf Tudder landet. Eine App wie Tinder sei „viel besser und geeigneter für Tiere, die über eine ganze Menge an Züchtungspotenzial und genetischen Daten verfügen“, so McInnes. „Daten sollten immer an erster Stelle kommen, wenn man den perfekten Match auswählt.“

Unter Singles dürfte der Trend zum Rinder-Tindern kaum für Überraschung sorgen. In der Online-Dating-Szene geht es ohnehin oft zu wie auf dem Fleischmarkt.

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