Dokumentation über Fukushima "Das Land ist nicht sanierbar"

KÖLN · Der WDR-Journalist Ranga Yogeshwar drehte mit Fernsehteam exklusiv in Fukushima.

 Strahlenmessung auf dem Fukushima-Gelände: Ranga Yogeshwar und sein WDR-Team konnten für ihre Reportage unmittelbar an den Unglücksreaktoren in Fukushima Daiichi recherchieren.

Strahlenmessung auf dem Fukushima-Gelände: Ranga Yogeshwar und sein WDR-Team konnten für ihre Reportage unmittelbar an den Unglücksreaktoren in Fukushima Daiichi recherchieren.

Foto: WDR Presse und Information/Bildk

Drei Jahre lang hat Ranga Yogeshwar versucht, eine Drehgenehmigung für die weltweit größte Nuklearbaustelle in Japan zu bekommen. Im Juli und September 2014 war es endlich so weit. Herausgekommen ist exklusives Material, das der WDR-Wissenschaftsjournalist nun in einer Reportage zeigt.

Yogeshwar und sein vierköpfiges Team hatten die einmalige Gelegenheit, in dem Kernkraftwerk Fukushima Daiichi der Firma Tepco mehr zu sehen, als alle anderen Journalisten vor ihnen. "Wir konnten die Brennstäbe in Block vier zählen", verdeutlicht er bei der Vorstellung erster Bilder in Köln. Zur weltweit größten Nuklearbaustelle wurde das Fukushima-Werk, weil ein Tsunami es so empfindlich getroffen hatte, dass es zu einem kompletten Blackout der Anlage kam.

Das Ergebnis: In drei von insgesamt sechs Blöcken ist es zu einer Kernschmelze gekommen. Mehr als doppelt soviel radioaktives Material wie bei der Tschernobyl-Katastrophe 1986 wurde freigesetzt. Und 25 Jahre nach Tschernobyl sorgte die Fukushima-Katastrophe dafür, dass in Deutschland der Atomausstieg beschlossen wurde. "Ich habe damals viel über Fukushima berichtet", erinnert sich Yogeshwar. "Aber ich wollte dahin. Ich wollte genauer hinschauen, welche Konsequenzen diese Katastrophe hat." Als Journalist sei es seine Aufgabe, sich "von Sachen selbst zu überzeugen". Das Material sei so besonders, dass japanische Fernsehsender bereits Interesse daran angemeldet hätten.

Aus dem Gebiet wurden im März 2011 rund 140 000 Menschen evakuiert. "Sie haben nicht nur ökonomisch etwas verloren, sie verloren ihre Biografie", so Yogeshwar. Komplette Häuser mussten sie zurücklassen - inklusive aller Besitztümer.

Das WDR-Fernsehteam sprach mit den Menschen, die laut Yogeshwar alles dafür tun, dass ihre Kinder einmal wieder in die Areale zurückkehren, die heute kontaminiert sind. Erst in etwa 30 Jahren wird sich die Radioaktivität zumindest halbiert haben.

Die Aufnahmen zeigen, wie Männer und Frauen mit Stahlbürsten Wände in der Region abschrubben und wie Arbeiter in dem Kernkraftwerk irgendwie versuchen, weitere Katastrophen zu verhindern. 5000 bis 6000 Arbeiter setzen sich täglich jeweils für zwei Stunden den Strahlenbelastungen aus. "Diese Japaner sind scheiternde Helden, denn das Land ist nicht sanierbar", ist Yogeshwar sicher. Eine Sisyphos-Arbeit. Denn eines sei sicher: "Eine endgültige Lösung für den Atomschrott ist noch nicht gefunden." Berge von schwarzen Säcken legen in den verseuchten Regionen Zeugnis davon ab. Darin ist Erde, die die Japaner mühevoll abgetragen haben, um den Boden sauber zu bekommen. Die schwarzen Berge sind aber noch keine Endlösung für den Müll. Auch das Kühlwasser, mit dem die noch vorhandenen Brennstäbe in dem Reaktor gekühlt werden, stellt ein Problem dar: Riesige Silos wurden auf dem Kernkraftwerk-Gelände gebaut, um das verseuchte Kühlwasser zwischenzulagern.

Der Film zeigt auch, wie das WDR-Team in weißen Anzügen und mit Atemmasken komplett verhüllt auf dem Fukushima-Gelände unterwegs ist und selbst die Strahlenbelastung misst. Sie ist in Fukushima bis zu tausend Mal höher als in Deutschland. Das entspricht in etwa der vierfachen Dosis einer Computertomographieaufnahme des kompletten Körpers. "Ich liebe mittlerweile die Japaner, aber ich verstehe sie nicht", fasst Yogeshwar seine Eindrücke zusammen.

Das Erste zeigt die Reportage am Montag, 3. November, ab 22.45 Uhr.

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