Der Priester, der ein Anti-Pate ist Don Luigi Ciotti ist der Mafia ein Dorn im Auge

ROM · Mit seinem grauen Haar und seiner lauten, unerschütterlich klingenden Stimme ginge Luigi Ciotti auch als Polizist durch, als Staatsanwalt oder Richter. Einige Beamte in Zivil sind immer in seiner Nähe, sie suchen jeden Raum, den der große Mann betritt, nach möglichen Gefahren ab.

 Kämpft gegen die Mafia: Luigi Ciotto.

Kämpft gegen die Mafia: Luigi Ciotto.

Foto: UFFICIO STAMPA LIBERA

Ciotti gilt als Italiens meist gefährdete Person. Mehreren Staatsanwaltschaften liegen Hinweise auf ein Attentat gegen den 69-Jährigen vor. Die italienische Mafia hat den katholischen Priester im Visier.

Bei seinen öffentlichen Auftritten erscheint Don Ciotti meist in hellblauem Hemd und dunklem Baumwollpullover. Einen Priesterkragen trägt er nicht. Ciotti hat wenig übrig für Symbole. "Libera" ("Frei") hat er den von ihm bereits 1995 gegründeten Verein genannt, in dem sich heute Hunderte Italiener engagieren. "Wenn die Mafia nur ein kriminelles Problem wäre, würden Polizei und Staatsanwaltschaft zur Bekämpfung ausreichen", sagt Ciotti. Aber dass Cosa Nostra, 'Ndrangheta und Camorra schon so lange Erfolg hätten, sei auch ein kulturelles Problem.

Ciotti ist das Aushängeschild von Libera, sein Sprachrohr. Ursprünglich verstand sich der Verein als Interessenvertretung für die bis heute rund 3500 Mafia-Opfer in Italien. Heute verwalten die Unterorganisationen des Dachverbands rund 450 der vom Staat konfiszierten Mafia-Güter. Auf einigen Ländereien der Bosse werden heute Produkte wie Olivenöl, Wein oder Pasta erzeugt und teilweise sogar außerhalb Italiens unter dem Label "Libera Terra" verkauft. "Wenn ein Boss die Kontrolle über sein Territorium verliert, treibt ihn das zum Wahnsinn", erklärt Don Ciotti. Es ist das Erfolgsrezept von Libera. Die Organisation und ihr Präsident sind den Bossen deshalb aber auch ein Dorn im Auge.

Zuletzt war es Toto Riina, der seit 1993 inhaftierte Superboss der sizilianischen Cosa Nostra, der den Priester ächtete. In abgehörten Gesprächen sprach Riina über das Ende des Geistlichen. Bewegt sich Ciotti auf Sizilien, wird seine Eskorte verdoppelt.

Ciotti fordert ein effektives Anti-Korruptionsgesetz. "Auch die Kirche muss mutiger sein", sagt er und lobt Papst Franziskus für seinen Kurs. Furchtlose Priester gab es schon vor ihm: Pino Puglisi und Giuseppe Diana wurden Anfang der 90er Jahre ermordet. Don Ciotti sagt: "Sie können das Leben einer einzigen Person auslöschen, aber mit Libera ist ein ganzer Kosmos entstanden, der nicht mehr so leicht zu besiegen ist."

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