Gehört dazu, aber passt nicht hinein

Gelb ohne Zebra: Videoparadiso vor dem Bonner Kunstmuseum

  Schöne Beinarbeit:  Momentaufnahme aus dem Video der Paradiso-Künstlerin Astrid Nippold.

Schöne Beinarbeit: Momentaufnahme aus dem Video der Paradiso-Künstlerin Astrid Nippold.

Foto: Fischer

Bonn. Nachts vor dem Bonner Kunstmuseum. Auf dem Vorplatz stehen Stuhlreihen, von denen aus das Publikum Videoarbeiten auf Rückprojektions-Leinwänden betrachtet.

Ein paar Meter entfernt bleiben Spaziergänger stehen, betrachten die späte Vorstellung von der anderen Seite. Videoparadiso heißt die die Tournee der iMediathek, mit der Kuratorin Mona Schieren (Hochschule für Künste Bremen) die Arbeiten von acht Künstlern aus dem virtuellen in den realen Raum geholt hat: Unter anderem in Bremen, Lüttich, Zürich zeigt sie ihre Reminiszenz an die Zeit, in der die Bilder laufen lernten.

Als Schausteller und Wanderkinematographen mit "Theatern lebender Photographien" auf Jahrmärkten noch für Furore sorgten.

Weil seitdem mehr als 100 Jahre vergangen sind, kommt durch die Präsentationsmethode ein nostalgisches Flair auf. In diesen Rahmen fügt sich Els Opsomers "iMovie (2)_in between / shifting" ein. Mit Amateur-Software animiert die Belgierin Fotografien aus Brasilien und dem Senegal zum Videobrief.

Im Textband untermalen düster-lyrische Reiseerinnerungen die Animation : "By the time you have mentioned it, named it, seen it, it will be gone as if it had never existed." Einen Gegenpol bildet Jean-François Guitons streng formale "Fußnote" aus den 80er Jahren, wobei er den Bildschirm als Präsentationsort erforscht. In einer Kopplung von Bild und Ton lässt Guiton Körperteile quietschend ins Bild flimmern - formale Brillanz, die Augen und Ohren fordert.

Oder auch überfordert, zumal zufällige Zaungäste zum Konzept der Open-Air-Veranstaltung dazugehören.

"Was soll das?", wollen jugendliche Skater und Biker auf der zweiten Videoparadiso-Etappe, dem Siegener Museum für Gegenwartskunst, angesichts der "Fußnote" wissen.

Den Nerv des jungen Publikums trifft Thomas Fürhapters "Gelb ohne Zebra". In dem 24-minütigen Videoessay versucht eine Stimme aus dem Off, das Phänomen Stadt zu ergründen: "Irgendwie ist da etwas, das nicht hineinpasst, aber auch dazugehört."

Einzig im Liniengefüge der U-Bahn-Pläne ist die Stadt in Ordnung. Distanz - noch bei Simmel ein Merkmal des Großstadtlebens - ist in Fürhapters Urbanität abhanden gekommen. Motive (Bahnfahrer, Wiener Panorama, Models, Siedlungsfassaden) und Gedanken drehen in Endlosschleife.

Es herrscht "Hochgeschwindigkeitsstillstand", wie die Stimme konstatiert. Ein weißer Terrier schnüffelt, die Nase gesenkt, über einen Platz. Der Hund führt die Füße einer Frau durch das Bild, bis die Leine den Bildschirm durchschneidet, einem Passanten den Weg abschneidet. "Alles ist ganz normal, aber irgendwie komisch", sagt die Stimme. "Verstehen Sie mich?"

Videoparadiso ist am Samstag ab 22 Uhr beim Arp Museum Bahnhof Rolandseck zu Gast.

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