Kommentar Führungswechsel in China - Reif für die Demokratie

Hu Jintao kann auf zehn erfolgreiche Jahre schauen. Eine Wirtschaft mit kontinuierlich zweistelligen Wachstumsraten hat es dem nun scheidenden Chef der Kommunisten in China erlaubt, eine halbe Milliarde Menschen aus der Armut zu holen.

300 Millionen Chinesen können sich einen Lebensstil leisten, der dem der Menschen im Westen nahekommt. Allein der Volksrepublik wird es zu verdanken sein, dass die Welt die im Jahr 2000 vereinbarten Millenniumsziele zur Halbierung der weltweiten Armut bis 2015 erreichen wird. All das verdient Anerkennung.

Doch soviel sich ökonomisch im Reich der Mitte getan hat - politisch herrschte in Hus Amtszeit Stillstand. Das zeigte sich auch auf dem gestern begonnenen Parteitag, auf dem sein Nachfolger für die kommenden zehn Jahre ernannt werden soll: Keine Debatten, keine Kontroversen, die Chinesen haben bis heute nicht erfahren, wer die Spitzenposten besetzen wird und wofür diese Personen überhaupt stehen.

Und auch die Zensurbehörden haben wieder mit voller Wucht zugeschlagen. Kritische Seiten im Netz sind gesperrt, Oppositionelle werden eingeschüchtert. Von einem Rechtsstaat mit unabhängiger Justiz ist China weit entfernt.

Das ist bedauerlich. Denn wie die vielen Debatten im Internet und auch die zunehmenden Proteste einer immer selbstbewussteren Mittelschicht zeigen: Vor allem der jungen Generation geht es inzwischen um mehr als nur um ein neues Auto oder ein iPad. Die Menschen wollen mitbestimmen. China ist reif für die Demokratie. Will die kommende Führung brillieren - sie könnte damit beginnen.

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