Analyse Trump rudert zurück

New York · Donald Trump hat seine Meinungen schon im Wahlkampf immer wieder angepasst, wenn er sich davon einen Gewinn versprach. Was der künftige Präsident nun von sich gibt, klingt nochmal ganz anders als vor dem 8. November. Nur bei einem Thema bleibt er hart.

 Noch ist weiter unklar, wie genau der politische Kurs des künftigen US-Präsidenten aussehen wird.

Noch ist weiter unklar, wie genau der politische Kurs des künftigen US-Präsidenten aussehen wird.

Foto: Michael Reynolds

Klimawandel, Folter, E-Mail-Affäre - müsste man die politische Wandlung nachzeichnen, die Donald Trump seit seinem Wahlsieg vollzogen hat, käme man wohl bei vielen Themen auf eine Kehrtwende von 180 Grad.

In einem langen Interview hat sich der künftige US-Präsident den Fragen der "New York Times" gestellt - und mit sehr zahmen Antworten überrascht. Trump schien stark darum bemüht zu sein, umstrittene Aussagen aus dem Wahlkampf abzumildern. Die Journalisten der Zeitung bescheinigten dem 70-jährigen einen erkennbaren Eifer, seinem Publikum zu gefallen.

Inhaltlich äußerte sich Trump einmal mehr sehr vage. So reagierte er auf eine Frage zum syrischen Bürgerkrieg sehr ausweichend, konkrete Konzepte blieb er schuldig. Wie bei all seinen Ankündigungen bleibt abzuwarten, was nach Trumps Amtsantritt am 20. Januar 2017 tatsächlich davon übrig bleibt - und was auch machbar ist. Eine Übersicht über seine jüngsten Äußerungen und was er zuvor versprochen hat:

FOLTER

Trump hat in diesem Jahr mehrmals erklärt, er werde das - international geächtete - Waterboarding zurückbringen und "noch viel schlimmere Dinge" einführen. Folter funktioniere als Verhörmethode, sagte er etwa im Februar. Waterboarding - also simuliertes Ertränken - war nach den Anschlägen vom 11. September eine umstrittene Praxis der CIA, um Terrorverdächtige zu verhören. Mittlerweile ist es verboten.

Trump deutete in dem Interview an, dass er seine Position zum Thema Folter nach einem Gespräch mit dem pensionierten Vier-Sterne-General James Mattis geändert hat. Dieser ist als neuer Verteidigungsminister im Gespräch. Mattis habe ihm gesagt, dass er derartige Methoden nie für sinnvoll gehalten habe, erklärte Trump.

KLIMA

Der Unternehmer hat die Existenz eines von Menschen verursachten Klimawandels sehr oft angezweifelt. 2012 behauptete er, das Konzept der globalen Erwärmung sei von den Chinesen erfunden worden, um der Wettbewerbsfähigkeit der amerikanischen Industrie zu schaden. Im Wahlkampf versprach er den Ausstieg aus dem Pariser Klimavertrag.

Nun ist Trump deutlich zurückhaltender. Auf die Frage, ob sich die USA unter seiner Führung aus internationalen Klimaabkommen zurückziehen würden, sagte er: "Ich werde das sehr genau prüfen. Ich stehe dem Ganzen offen gegenüber." Er räumte auch ein, dass er eine Verbindung zwischen dem Klimawandel und menschlichem Einfluss sieht. "Ich denke, es gibt da einen Zusammenhang. Es kommt darauf an, wie groß er ist. Es kommt auch darauf an, wieviel das unsere Unternehmen kosten wird. Unsere Unternehmen sind im Moment nicht wettbewerbsfähig."

SEINE EINSTIGEN GEGNER

Unzählige Male hat der Kandidat Trump erklärt, seine Kontrahentin Hillary Clinton hätte wegen der E-Mail-Affäre gar nicht für die Präsidentschaftskandidatur antreten dürfen. Unzählige Male nannte er sie "betrügerische" Hillary. Ließ er während einer Rede ihren Namen fallen, skandierte die Menge fast immer: "Sperrt sie ein!". In einer Fernsehdebatte versprach Trump, er werde als Präsident einen Sonderermittler einsetzen, der die Affäre neu untersuchen solle.

Nun will er davon aber anscheinend nichts mehr wissen. Er habe kein Interesse mehr daran, Ermittlungen gegen Clinton voranzutreiben, wolle lieber vorwärts blicken. Die Affäre sei schon mehrfach untersucht worden. "Ich will die Clintons nicht verletzen. Das will ich wirklich nicht", sagte der 70-Jährige. "Sie hat viel durchgemacht und auf sehr unterschiedliche Weise stark gelitten."

Auch über den scheidenden Präsidenten Barack Obama verlor Trump nur gute Worte. Das Treffen mit ihm nach der Wahl sei großartig gewesen, erklärte er. "Ich mochte ihn wirklich sehr." Obama tue das Richtige in Bezug auf die Übergabe der Macht. Vor dem 8. November hatte Trump Obama in Reden wiederholt als schwachen Präsidenten bezeichnet und seine Politik verhöhnt.

HANDEL

Trump hat sehr stark Stimmung geschürt gegen internationale Handelsverträge. Das brachte ihm großen Rückhalt im industriell geprägten Nordosten der USA ein, dem einst florierenden und inzwischen vom wirtschaftlichen Abschwung gebeutelten "Rostgürtel".

In einer Videobotschaft kündigte er nun an, sofort aus dem transpazifischen Handelsabkommen TPP aussteigen zu wollen - und zwar im Rahmen einer präsidentiellen Anordnung. Das TPP-Abkommen ist von zwölf Staaten einschließlich den USA unterzeichnet worden, aber noch nicht in Kraft. Der Abschluss war ein Herzstück der Agenda Obamas, der damit die wirtschaftlichen Verbindungen der USA zu Asien stärken wollte.

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