Regierung in Spähaffäre unter Druck: Was wusste der BND?

Berlin · In der Ausspäh-Affäre durch den US-Geheimdienst NSA gerät die Bundesregierung zunehmend unter Druck. Politiker von Grünen und Linkspartei verlangten am Montag, die Vorwürfe in einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss aufzuklären.

 Der BND wisse seit Jahren von der nahezu totalen Datenerfassung, schreibt die "Bild"-Zeitung. Foto: Paul Zinken

Der BND wisse seit Jahren von der nahezu totalen Datenerfassung, schreibt die "Bild"-Zeitung. Foto: Paul Zinken

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Auch von der SPD hieß es, die Einrichtung eines solchen Gremiums werde immer wahrscheinlicher. Nach einem Bericht der "Bild"-Zeitung soll der Bundesnachrichtendienst (BND) schon seit Jahren über die Datenerfassung durch die Amerikaner Bescheid gewusst haben. Die Regierung hielt sich dazu bedeckt und bereitete die Öffentlichkeit auf einen längeren Aufklärungsprozess vor.

Unklar bleibt, wie der Enthüller des Skandals weiter vorgehen wird. Der frühere US-Geheimdienstler Edward Snowden hält sich in Moskau auf dem Flughafen Scheremetjewo auf und hat noch immer keinen Asylantrag in Russland gestellt.

Russlands Präsident Wladimir Putin gab den USA die Schuld an der festgefahrenen Lage Snowdens. "Sie haben alle anderen Länder so in Angst versetzt, dass ihn niemand möchte. Und auf diese Weise haben sie ihn auf unserem Territorium blockiert", sagte Putin am Montag vor Studenten im Leningrader Gebiet. Auf der Flucht vor den USA sei der 30-jährige US-Bürger "ohne Einladung" auf dem Flughafen in Moskau gelandet.

Der Computerspezialist Snowden hatte den US-Ausspäh- und Datenskandal enthüllt. Er wird von den US-Behörden wegen Geheimnisverrats gesucht. Die NSA überwacht angeblich im großen Stil die Kommunikation von Bürgern und Politikern in Deutschland. Auch Wochen nach den ersten Enthüllungen darüber sind viele Fragen noch immer offen. Aus der Opposition kommt nun die Forderung, der Sache in einem eigenen Untersuchungsausschuss nachzugehen.

Linke-Chefin Katja Kipping forderte die Einrichtung eines solchen Gremiums nach der Bundestagswahl. Außerdem müsse die Regierung dafür sorgen, dass die Überwachung sofort ein Ende habe. Der Grünen-Politiker Omid Nouripour sagte der "Passauer Neuen Presse" (Montag): "Ein Untersuchungsausschuss zur Spähaffäre ist eine Aufgabe für die nächste Legislaturperiode." SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles sagte, wenn das Nichtstun weitergehe, werde dieser Schritt immer wahrscheinlicher. Ein solches Gremium muss laut Grundgesetz eingesetzt werden, wenn ein Viertel aller Abgeordneten dafür ist.

Diese Woche beschäftigen sich mehrere Parlamentsgremien mit der Spähaffäre: an diesem Dienstag das für die Geheimdienste zuständige Parlamentarische Kontrollgremium und am Mittwoch der Innenausschuss. Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) soll dort Auskunft geben, was er bei seiner jüngsten Washington-Reise erfahren hat. Die Opposition hatte Friedrichs Besuch in den USA als ergebnislos gerügt.

Der Bericht der "Bild"-Zeitung wirft neue Fragen auf: Demnach wusste der BND angeblich seit Jahren von der nahezu kompletten Datenerfassung durch die Amerikaner und hat in Gefahrenlagen aktiv darauf zugegriffen. So habe der BND in den vergangenen Jahren immer wieder die US-Geheimdienste um Hilfe gebeten, wenn deutsche Staatsbürger im Ausland entführt wurden. Dabei sei es konkret um die Abfrage gespeicherter Kommunikationsvorgänge von Deutschen gegangen, berichtete das Blatt unter Berufung auf US-Regierungskreise. Ein solches Vorgehen würde darauf hinweisen, dass zumindest der BND von der umfangreichen Datenspeicherung durch die NSA wusste.

Die Opposition warf der Regierung geschlossen vor, die Unwissenheit nur zu spielen. Das sei jedoch vollkommen unglaubwürdig. Regierungssprecher Steffen Seibert sagte zu dem "Bild"-Bericht, über operative Details der Arbeit von Nachrichtendiensten könne die Regierung öffentlich keine Auskunft geben, sondern nur im dafür zuständigen Parlamentarischen Kontrollgremium. Was das Kanzleramt über die Vorgänge wisse, habe das Gremium bereits erfahren. Die bislang unbekannten Punkte seien nun Gegenstand der Aufklärung. Dieser Prozess stehe aber erst am Anfang. Zur Grünen-Forderung, Kanzlerin Angela Merkel (CDU) solle selbst vor dem Parlamentarischen Kontrollgremium auftreten, sagte Seibert, dies sei nicht geplant.

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