Interview mit Felix Neureuther "Erinnerungen leben auf"

Schladming · Die Slalom-Generalprobe vor den Olympischen Winterspielen ist für Felix Neureuther auch eine Rückkehr an den Ort seines größten Erfolgs. Im Februar 2013 holte er Silber bei der WM in Schladming. Im Interview der erzählt der 29-Jährige von Emotionen vor der Rückkehr, Medaillenchancen bei Olympia und das Schicksal der zerbrochenen Kitzbühel-Trophäe.

Wie geht es der in Kitzbühel gewonnenen und zerbrochenen Gams. Und hat da ein Kleber oder so geholfen?
Neureuther: Das war ein Witz. Ich habe sie genommen und auf den Tisch gestellt - vielleicht ein bisschen zu fest - und dann ist sie in vier Teile auseinandergebrochen. Der Bürgermeister aus Kitzbühel hat mir gesagt, dass sie mir eine Ersatz-Gams zukommen lassen.

Alpindirektor Wolfgang Maier warnte nach den jüngsten Erfolgen vor zu hohen Erwartungen an Sie und Maria Höfl -Riesch. Was denken Sie?
Neureuther: Bei unserem Sport ist es immer schwierig, irgendwelche Prognosen zu treffen. Es kann alles passieren. Ich denke, es ist in keinem Sport die Gratwanderung so extrem wie bei uns, speziell im Slalom. Alles ist möglich. Die Ergebnisse von Maria und mir im Vorfeld waren schon sehr gut, deswegen ist eine Erwartungshaltung auch berechtigt. Die haben die Maria und ich an uns selbst auch. Aber von Doppelgold zu sprechen, wäre absolut überzogen.

Wir sind hier in Schladming, dem Ort ihres größten Erfolges. Wie fühlt sich die Rückkehr an?
Neureuther: Es ist schon was Spezielles. Es kommen Erinnerungen hoch, man probiert diese Erinnerungen wieder ein bisschen aufleben zu lassen, dass man dann mit einem guten Gefühl ins Rennen geht.

Sie haben jetzt zum zweiten Mal in Kitzbühel gewonnen, dem Ski-Mekka. Würden Sie den zweiten Platz bei der WM vor einem Jahr trotzdem als größten Erfolg bezeichnen?
Neureuther: Kitzbühel ist auch Wahnsinn, keine Frage. Aber so eine Weltmeisterschaft und speziell wie es vor einem Jahr abgelaufen ist, da muss man schon sagen, dass das bis jetzt das Größte war.

Welche Bilder aus dem Vorjahr kommen am deutlichsten zurück?
Neureuther: Schon der Moment, als ich durchs Ziel gefahren bin und Bestzeit aufleuchtete. Von den Emotionen war das das Brutalste, was ich in meiner Karriere erlebt habe. Mit das Schönste war auch die Siegerehrung. Zwischen dem ersten und zweiten Durchgang habe ich mit den Exoten Bilder gemacht, die waren total baff, dass ich mit denen Bilder mache. Aber ich habe das ein bisschen als Ablenkung genutzt, damit ich auf andere Gedanken komme. Bei der Siegerehrung, als ich oben auf dem Stockerl stand, standen die ganzen Exoten dann da und haben mir zugejubelt. Sehr schön.

Ist das beim Weltcup dann jetzt zumindest so eine Art kleine WM-Revanche mit Österreichs Weltmeister Marcel Hirscher?
Neureuther: Das ist keine WM-Revanche. Das ist ein ganz neues Rennen. Was letztes Jahr war, zählt nicht mehr. Das einzige, was man machen kann, ist dieses Gefühl vom letzten Jahr wieder mitzunehmen.

Irgendwann wollen Sie die Slalomkugel einmal gewinnen. In diesem Jahr ist die Chance noch da.
Neureuther: Die Chance ist noch da, ich habe es noch in der eigenen Hand. Marcel (Hirscher/Österreich) liegt 30 Punkte vor mir. Aber wie es ausgehen wird, sieht man dann nach dem letzten Rennen.

Sehen Sie Schladming als Slalom-Generalprobe für Sotschi?
Neureuther: Das sehe ich nicht so. Olympia ist ein neues Rennen, alles was vorher war, kann man eigentlich ad acta legen. Die Uhren stehen bei Null im Februar. Es ist völlig egal, ob du vorher zehnmal ausgeschieden bist oder zehnmal gewonnen hast. Es bringt dir in dem Moment relativ wenig. Klar bringt es was, dass Du mit Selbstvertrauen am Start stehen kannst. Aber Olympia hat seine eigenen Gesetze irgendwo. Das ist ein bisschen wie der Pokal im Fußball.

Wie haben Sie sich bisher mit dem Olympia-Hang in Sotschi auseinandergesetzt? Ihr Kumpel Ted Ligety hat dort schon trainiert.
Neureuther: Ich habe mich noch gar nicht damit auseinandergesetzt. Absolut Null. Ich habe keine Ahnung wie der Hang aussieht oder wie es dann dort sein wird. Es war für uns auch nie die Möglichkeit da, dort zu trainieren. Die Amerikaner haben mit den Russen irgendein Abkommen getroffen, dass die da trainieren dürfen. Aber meine Trainer haben sich da sicher Gedanken gemacht und wir werden uns schon auf einigermaßen gleichem Gelände bestmöglich vorbereiten.

Ein Thema war für Sie dafür schon die Debatte um die Probleme von Sotschi. Wie schwierig oder wichtig ist es, sich dazu öffentlich zu äußern und den Fokus auf den Sport nicht zu verlieren?
Neureuther: Jeder hat ja seine Meinung und ich finde es schade, wenn man sich selbst einen Maulkorb verpasst. Aber das muss jeder für sich selbst entscheiden. Ich habe meine Meinung gesagt und stehe nach wie vor hundert Prozent dazu.

Können Sie den Standpunkt zu Menschenrechtsverletzungen oder Anti-Homosexuellen-Gesetzen wiederholen?
Neureuther: Das berührt mich alles schon. Da geht es gar nicht speziell um einzelne Dinge, mir geht es da in erster Linie um unseren Sport. Die Olympischen Spiele sollten doch für Zuschauer und Sportler gleichermaßen Emotionen und Impulse wecken - speziell für Kinder und Jugendliche, die das live sehen oder sich im Fernsehen anschauen. Sport ist so wichtig für die ganze Gesellschaft und daher habe ich gesagt, dass mich die Berichterstattung im Vorfeld der Spiele berührt hat. Ich bin auch der Meinung, man muss sich daher Gedanken machen, wo man sportliche Großveranstaltungen durchführt. Ich glaube, man muss umdenken, den Sport wieder in den Mittelpunkt stellen. Wenn man Olympische Spiele an Orte gibt, und die Menschen den Eindruck haben, dass Olympische Spiele nur dort stattfinden, wo es sich aus kommerziellen Gründen lohnt oder aus welchen Gründen auch immer - dann werden einfach keine Emotionen geweckt.

Haben Sie Angst um die Sicherheit?
Neureuther: Ich glaube, dass wir schon sehr sicher sind. Es wird alles dafür getan, dass für uns die Sicherheit gewährleistet wird. Man weiß natürlich nie, was passieren kann. Es wäre eine Riesentragödie, wenn was passieren sollte. Aber bei Einem bin ich mir absolut sicher: Das dort alles unternommen wird, um die Sicherheit zu gewährleisten.

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