Interview „Dass Handlungsbedarf besteht, leuchtet jedem ein“

Die Stiftung Sicherheit im Sport, die der DOSB, der Landessportbund NRW, die ARAG-Sportversicherung, die Ruhr-Universität Bochum sowie weitere Partner 2015 gegründet haben, hat sich die Verminderung von Sportunfällen auf die Fahne geschrieben. Mit dem geschäftsführenden Vorstand Claus Weingärtner sprach Simon Bartsch.

Mit Ihrer Stiftung wollen Sie die Anzahl und Schwere von Unfällen, Verletzungen und Schäden reduzieren? Eine ehrenhafte Idee, aber wie kommen Sie darauf? Persönliche Erfahrung oder gutes Herz?

Claus Weingärtner: Im Laufe meiner Sportaktivitäten hatte ich bisher – Gott sei Dank – nur die üblichen Fingerverletzungen beim Volleyball und Dehnungen des Außenbandes am Fuß beim Fußball und Joggen. Aber mich stört und ärgert es, wenn beim Sport vermeidbare Verletzungen und Unfälle passieren, die wehtun und oft auch zu längeren, erzwungenen Sportpausen führen. Neben den vielen Einzelschicksalen reduzieren die von Sportverletzungen verursachten Kosten aber auch den großen gesellschaftlichen Nutzen, den der Sport schafft.

Sie haben namhafte Unterstützer. Wie konnten Sie diese gewinnen?

Weingärtner: Mit Zahlen, Fakten und persönlichen Erfahrungen. Jährlich verletzen sich zwei Millionen Sporttreibende in Deutschland, die mehr als zwei Milliarden Euro allein an Behandlungskosten verursachen. Da wird der eine oder andere hellhörig. Schaut man nun auf die Ergebnisse wissenschaftlicher Studien zur Prävention von Sportverletzungen, wird deutlich, dass es eine Reihe von Maßnahmen gibt, die nachgewiesenermaßen Anzahl und/oder Schwere von Verletzungen im Sport reduzieren können. Leider sind diese wissenschaftlichen Erkenntnisse bisher noch nicht ausreichend in der Sportpraxis umgesetzt worden. Dass hier Handlungsbedarf ist, leuchtet eigentlich jedem ein.

Wie reduzieren Sie die Unfälle?

Weingärtner: Sportunfälle, -schäden und -verletzungen haben verschiedene Ursprünge und viele Einflussfaktoren. Aus diesem Grund muss die Sportunfallprävention strukturiert werden, um systematisch und mehrdimensional Maßnahmen konzipieren und umsetzen zu können. Daher gliedern wir unsere Arbeit in vier Bereiche: In die Integration von präventiven Maßnahmen in Training und Übung, in sportpolitische Maßnahmen und Umgang mit Regeln, in die Sicherheit von Sportstätten und persönliche Schutzausrüstung und in die Vorsorge, Begleitung und Unterstützung von Sportlern. Anhand dieser Themenfelder erarbeiten wir in Projekten gemeinsam mit Partnern Präventionsmaßnahmen und verbreiten diese.

Wie können Sie Einfluss auf die Sportverletzungen nehmen?

Weingärtner: Indem wir den Transfer wissenschaftlicher Erkenntnisse in die Sportpraxis verbessern. Wir machen nicht nur die Stakeholder im Sport bis hin zum Sportler auf das Thema aufmerksam, sondern platzieren es auch in den Medien und in der Politik. Somit wird ein Bewusstsein für die Unfallverhütung geschaffen.

Was muss sich im Bewusstsein der Sportler verändern?

Weingärtner: Sportler müssen erkennen, dass Verletzungen in den wenigsten Fällen „Pech“ sind, sondern dass gezielt und systematisch an der Vermeidung von Sportunfällen und Sportverletzungen gearbeitet werden kann. Sie sollten somit nicht erst, wenn etwas passiert ist, die Frage stellen, was vorher hätte besser laufen können.

Was bedeutet das für die Vereine?

Weingärtner: Viele Vereine müssen sich bewusster machen, dass das Wohl der bei ihnen Sport treibenden Menschen ein wichtiges Ziel ist, zu dem auch gehört, sie vor dem Risiko Sportunfall zu schützen. Ein „wird schon gutgehen“ reicht nicht aus und kann unter Umständen sogar zu Schadenersatzforderungen gegenüber den Vereinsvorständen führen.

Eine kostspielige Angelegenheit...

Weingärtner: Als operative Stiftung stehen wir noch am Beginn unserer Arbeit. Da wir nur über begrenzte Geldmittel verfügen, erfolgt am Beginn unserer Projekte neben der Einbindung entsprechender Fachleute meist auch die Suche nach Geldgebern. Die Stiftung selbst beteiligt sich vor allem durch die Arbeit ihrer MitarbeiterInnen und nur im geringen Maße mit Fördermitteln. Für die beteiligten Sportorganisationen fallen somit in der Regel nur geringe Kosten an.

Wie hat man sich einzelne Bausteine Ihrer Förderung vorzustellen?

Weingärtner: Da die Förderung von Projekten noch nicht im Mittelpunkt unserer Tätigkeit steht, sondern eher die aktive Durchführung von Projekten im Verbund mit Partnern, gibt es aktuell keine „Förderbausteine“. Ziel unserer Arbeit ist es, Tipps zur Unfallprävention für verschiedene Zielgruppen und Sportarten zu entwickeln und der Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen. Zudem führen wir Schulungen für Trainer und Übungsleiter durch .

Mehr Informationen unter www.sicherheitimsport.de

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