Interview mit Fiona Achenbach und Dieter Streve-Mülhens "Wir haben nur den einen Schuss"

Königswinter · Nur selten tritt die Familie Streve-Mülhens öffentlich in Erscheinung. Dabei haben sie und ihre Vorfahren die Geschichte der Stadt maßgeblich geprägt. Mit Dieter Streve-Mülhens senior und seiner Tochter Fiona Achenbach sprach Hansjürgen Melzer auf dem Wintermühlenhof.

 Die Erben von "4711": Fiona Achenbach und Dieter Streve-Mülhens vor dem Wintermühlenhof.

Die Erben von "4711": Fiona Achenbach und Dieter Streve-Mülhens vor dem Wintermühlenhof.

Foto: Frank Homann

Ihre Familie hat den Bergbahnen im Siebengebirge knapp 13 000 Quadratmeter verkauft, wo sich früher die Talstation der Petersbergbahn befand. Was ist der Zweck?
Dieter Streve-Mülhens: Wir haben es für sinnvoll gehalten, unsere persönlichen Grundstücke in eine Immobiliengesellschaft, die zur Drachenfelsbahn gehört, einzubringen. Wir sind dort ja auch alleiniger Gesellschafter. Es war letztlich eine technische Entscheidung, die Interessen in einer Gesellschaft zu bündeln.

Was soll mit dem Grundstück passieren?
Streve-Mülhens: Über die Konzeption für diesen Bereich müssen die Politiker entscheiden, weil das Grundstück ja im Sanierungsgebiet liegt. Es läge mir jedoch am Herzen, dass hier - ebenso wie mit den Lemmerzhallen - etwas möglich ist, was die Stadt touristisch attraktiver macht. Das könnte vielleicht auch ein Factory Outlet Center sein. Daran wären wir als Eigentümer interessiert und würden eng mit der Stadt kooperieren. Es wäre schön, wenn die Leute von weither nach Königswinter kommen und anschließend noch in die Altstadt gehen, die sich ja in die richtige Richtung bewegt.

Angebote für die Lemmerzhallen gehen aber von einer Nutzung für Gewerbe und Einzelhandel aus ...
Streve-Mülhens: Ein weiterer Supermarkt wäre sicherlich kein Gewinn. Davon haben wir zwischen Bad Honnef und Oberdollendorf schon genug. Es wäre schade, die Grundstücke für eine solch alltägliche Nutzung zu nehmen. Es wäre schön, wenn die zuständigen Politiker sich zukunftsorientiert zeigen würden. Mir fällt da nur ein Vergleich aus der Jägerei ein: Wir haben nur den einen Schuss.

Was macht Ihnen Hoffnung, dass sich die Altstadt in die richtige Richtung bewegt?
Streve-Mülhens: Ein Beispiel ist das Hotel Krone, das für mich eine große Freude ist. Die neuen Betreiber beweisen da ein tolles Händchen. Oder auch die Remise des Ehepaars Albrecht.

Die Bergbahnen leisten selbst einen Beitrag mit dem Bauprojekt an der Winzerstraße...
Streve-Mülhens: Ja. Wir schließen die nicht sehr attraktive Baulücke. Das gibt uns die Möglichkeit, die Verwaltung der Bergbahnen in das neue Gebäude umzusiedeln und im Erdgeschoss eine gastronomische Nutzung zu schaffen. Ich bin begeistert von dem rasanten Schwung, mit dem der Architekt Hannes Ehrhalt seinen Entwurf gefertigt hat. Das wird ein optischer Pluspunkt.

Der Wintermühlenhof ist heute eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, die in den ehemaligen Gutsgebäuden Wohnungen, Büros und eine Galerie geschaffen hat. Wurde dadurch die Zukunftsfähigkeit gesichert?
Fiona Achenbach: Es gibt bei den 34 Büros und Wohnungen zwar immer mal wieder einen Leerstand, wir haben jedoch eine gesunde Auslastung. Der Wintermühlenhof hat eine neue Seele bekommen.

Streve-Mülhens: Wir haben dem Wintermühlenhof eine neue Zukunft gegeben. Mein Sohn Dieter hat das Projekt mit dem Architekten Michael C. Deisenroth damals toll durchgezogen. Die Gebäude wurden vorher nicht mehr genutzt, nachdem meine Familie die Landwirtschaft und den Weinbau Ende der 60er Jahre aufgegeben hatte. Es war hier früher schon ganz schön ruhig geworden. Heute gibt es ein problemloses Miteinander zwischen uns als Eigentümerfamilie und den Mietern. Wir stören uns gegenseitig nicht. So hat jede Generation mit dazu beigetragen, dass das, was jetzt so da steht, sich sehen lassen kann.

In den vergangenen Jahren ist auch der Park mit seinen klassizistischen Bauten wie dem Teehaus oder dem Tempel auf Vordermann gebracht worden ...
Achenbach: Ja. wir wollten die alte Struktur des Parks hervorheben und die historischen Elemente sichtbar machen. Das Wassersystem wurde in seinen ursprünglichen Zustand zurückgeführt, Wege und Sichtachsen freigelegt.

Frau Achenbach, Sie haben in Madrid und Reutlingen studiert. Danach in den USA und in der Schweiz gelebt und gearbeitet. Warum sind Sie nach Königswinter zurückgekehrt?
Achenbach: Ich wollte erst mal nach anderen Horizonten suchen. Ich war ja die meiste Zeit meines Lebens weg. Ich bin nach Königswinter zurückgekehrt, weil mich die Aufgabe hier gereizt hat. Es ist toll, wenn man wieder Impulse setzen kann. Ich hatte aber ein fortwährendes Interesse an der Region. Wir leben hier ja auch in einer besonderen Gegend.

Was bedeutet Ihnen heute noch "4711", das Unternehmen, dem die Familie ihren Wohlstand verdankt?
Achenbach: Viel. Auch wenn die Familie nur noch geschichtlich damit verbunden ist. Wir mussten uns neue Herausforderungen und Horizonte suchen. Es war für die Familie richtig, neue Wege zu beschreiten.

Streve-Mülhens: Es sind die Wurzeln der Familiengeschichte. Aber man muss loslassen können. Ich habe nach dem Verkauf 1994 nicht mehr aktiv versucht mitzumischen. Das hätte nur Komplikationen gebracht. Wir freuen uns aber, wenn wir die Produkte sehen und die Marke gut gepflegt wird.

Frau Achenbach, wie haben Sie Königswinter nach vielen Jahren im Ausland erlebt?
Achenbach: Es gibt viele positive Ansätze in der Altstadt wie das Kaffeehaus Kontor oder die Remise. Es muss aber auch noch viel passieren. Mein Wunsch wäre, dass man etwas weniger ängstlich mit allem umgeht und vielleicht auch ein paar abenteuerliche Ansätze entwickelt.

Streve-Mülhens: Als die Drachenfelsbahn gebaut wurde, wurde das äußerst kontrovers diskutiert. Es gab größte Bedenken der Naturfreunde. Der Mut, nicht ausgetretene Pfade zu gehen, ist manchmal sehr wichtig. Wenn jetzt Entscheidungen fallen, müssen diese für Königswinter die Zukunft bringen.

Eigentumsverhältnisse

Gesellschafter der Bergbahnen im Siebengebirge AG sind Dieter Streve-Mülhens senior (zwei Drittel) und seine Tochter Fiona Achenbach (ein Drittel). Gesellschafter der Wintermühlenhof GbR sind Geschäftsführerin Fiona Achenbach und Dieter Streve-Mülhens junior. Der Wintermühlenhof ist seit 1840 im Familienbesitz.

Der Landschaftspark entstand Anfang des 20. Jahrhunderts. Gut Pottscheidt, das an den Heel-Verlag und anderweitig vermietet ist, gehört Fiona Achenbach. Eigentümer des Burghofs ist Dieter Streve-Mülhens junior. Während Dieter Streve-Mülhens senior und Fiona Achenbach auf dem Gelände des Wintermühlenhofs wohnen, lebt Dieter Streve-Mühlens junior in Köln.

Zu den Personen

Dieter Streve-Mülhens (72) führte von 1988 bis zum Verkauf 1994 zusammen mit Ferdinand Mülhens (III) die Muehlens KG in Köln. Die Marke "4711" gehört heute zum Unternehmen Mäurer & Wirtz in Stolberg.

Vorfahr Ferdinand Mülhens I. (1844-1928) hatte die Firma zum Weltunternehmen geführt und sich mit dem Erwerb der Zahnradbahnen auf den Drachenfels und den Petersberg, den Bau des Hotels auf dem Petersberg und der Straße nach Ittenbach um Königswinter verdient gemacht. Fiona Achenbach (43), Tochter von Dieter Streve-Mülhens, arbeitete nach dem Studium in den USA und der Schweiz. Seit 2008 lebt sie wieder in Königswinter und hat zwei Kinder.

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