Interview mit Hans Troullier Naturschützer: Der "böse" Wolf ist ein Mythos

Rheinbach · Der Rheinbacher Nabu-Experte Hans Troullier erklärt im Interview mit dem GA, warum Rotkäppchen dem Wolf schadet und ob sich wirklich jemand vor ihm fürchten muss.

Hans Troullier, der in Rheinbach-Wormersdorf zu Hause ist, engagiert sich seit über 20 Jahren im Naturschutz. Zuletzt beschäftigte er sich intensiv mit der Rückkehr des Wolfs nach Mitteleuropa und hält dazu regelmäßig Vorträge in der Region. Auch weil er sagt: Es sind immer noch viel zu viele Mythen und Vorurteile im Spiel, wenn das Wort „Wolf“ fällt. Ob jemand Angst vor der Rückkehr des Wolfs haben muss, wollte Axel Vogel von ihm wissen.

Herr Troullier, wagen Sie eine Prognose, wann sich der erste Wolf in der Voreifel niederlässt?

Hans Troullier: Nein. Kein Wolf lässt sich hier alleine nieder. Das kann nur passieren, wenn sich zufällig im Rheinbacher Wald ein Pärchen zusammenfindet. Junge Wölfe sind alleine unterwegs und suchen zuerst eine Partnerin, dann ein neues Revier. Bei der Größe NRWs und dem angrenzenden Belgien ist es Kaffeesatzleserei, einen solchen Ort festzulegen.

Troullier: Zunächst: Es gibt nach allen Informationen kein „ideales“ Wolfsrevier. Wölfe sind sehr anpassungsfähig. Überwiegend entscheidet das Potenzial an Beutetieren – und das ist hier und auch Richtung Eifel sehr groß. Ein Wolf wurde vor einiger Zeit bei Rösrath beobachtet – das dürfte die größte Annäherung gewesen sein.

Troullier: Es besteht tatsächlich eine große Gefahr für Schafe – vor allem wenn sie nicht ausreichend geschützt werden. Man sollte sein Eigentum aber immer gut schützen, nur haben das die meisten Viehhalter in den Zeiten ohne Wölfe völlig verlernt. Alle Länder und Naturschutzverbände bieten den Schafhaltern Informationen, Schulungen und auch Ersatzgeld im Falle von Rissen an. Unserer Ansicht nach sind Schafe sehr wichtig für die Pflege von Deichen oder Offenlandschaften, weshalb die Naturschutzverbände sich sehr für ihren Schutz stark machen. Nur wenn dieses Problem gelöst wird, können wir die Duldung der Wölfe sichern.

Troulllier: Eingesperrte oder angebundene Schafe sind leichte Beute für den Wolf. Dann werden oft viele Schafe auf einmal gerissen.

Troullier: Das liegt daran, dass die Schafe verlernt haben zu fliehen. Sie verhalten sich völlig hysterisch in ihrem Pferch und stacheln damit den Jagdtrieb des Wolfes immer weiter an.

Troullier: Für den Wildbestand ist der Wolf kein Problem – eher im Gegenteil. In Ostdeutschland, wo der Wolf schon rund 20 Jahre präsent ist, sind die Jagdstrecken deutlich gestiegen. Das mag an vielen Faktoren liegen. Festzuhalten bleibt dabei aber auf alle Fälle: Es gibt keinen Fall in der Natur, wo eine Art seine Beutetiere restlos vernichtet. Die eigene Nahrungsgrundlage wäre zerstört.

Troullier: Weil die Beutetiere des Wolfs oft ihr Verhalten verändert haben, wenn sie in einem Wolfsgebiet leben. Rehe bilden dann wesentlich größere Rudel, ändern die Standorte und sind wesentlich aufmerksamer. Das ärgert die Jäger, denn sie haben mehr Probleme „zum Schuss zu kommen“ und glauben, damit auf einen Teil „der ihnen zustehenden Beute“ verzichten zu müssen. Aber zur Wahrheit gehört auch, dass der Wolf viel Gutes für die Waldhygiene tut. Er bevorzugt leichte Beute wie alte, kranke und schwache Tiere. Dadurch findet eine positive Auswahl statt, die die Gesundheit der Wildbestände insgesamt merklich steigert.

Troullier: Nein. Rinder und auch Pferde sind kaum gefährdet, da die Tiere groß und wehrhaft sind. Ausgenommen sind vielleicht Ponys.

Troullier: Der sogenannte Mythos Wolf ist ein reines Propagandamärchen. Rotkäppchen war und ist für den Wolf sehr schädlich. Es ging damals ausschließlich um den unvollkommenen Schutz der eigenen Tiere, um „Besitz“. Und da war so etwas Böses wie der Wolf einfach nicht erwünscht und wurde gnadenlos verfolgt und ausgerottet.

Troullier: Es sind weltweit keine Fälle bekannt, dass Wölfe Menschen angefallen haben. Auch wenn die Medien uns etwas anderes einbläuen wollen. Dazu sind sie viel zu intelligent und schätzen die Gefahr durch die Zweibeiner richtig ein. Ausnahmen sind Wölfe, die völlig in die Enge getrieben um ihr Leben kämpfen oder Wölfe mit Tollwut – aber die Tollwut ist in Deutschland und den meisten Nachbarländern ausgerottet. Dass sich Wölfe hin und wieder Menschen nähern, ist wohl der Neugier von Jungtieren zuzuschreiben. Sie sind in keinem Fall aggressiv geworden. Wenn man dieses Verhalten mit unseren Haushunden vergleicht, gibt das ein sehr ähnliches Bild.

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