Kommentar zum Hacker-Angriff auf Yahoo Angreifbarer denn je

Meinung | Bonn · Bei einem Hacker-Angriff werden so viele Nutzerdaten gestohlen wie noch nie. Und das betroffene Internetunternehmen macht einen hilflosen Eindruck. Die Digitalisierung braucht Grenzen, meint unser Autor.

 Hat bisher nur wenige Informationen zum Hacker-Angriff veröffentlichen lassen: Yahoo-Chefin Marissa Mayer.

Hat bisher nur wenige Informationen zum Hacker-Angriff veröffentlichen lassen: Yahoo-Chefin Marissa Mayer.

Foto: AFP

Skandal Nummer eins: Hacker greifen den Internetkonzern Yahoo an und erbeuten 500 Millionen Nutzeridentitäten. Skandal Nummer zwei: Der Vorfall ereignet sich im Jahr 2014. Dann dauert es fast zwei Jahre, bis Yahoo die betroffenen Kunden unterrichtet (oder unterrichten kann). Und auf einmal soll wieder alles ganz schnell gehen. Passwort ändern, Sicherheitsabfrage neu wählen, Daten sichern. Zurück bleiben zweifelnde Internetnutzer, die sich erneut fragen müssen, was da eigentlich passiert mit sensiblen Daten im weltweiten Netz.

Denn es geht hier nicht um irgendwas: Namen, E-Mail-Adressen, Telefonnummern, Geburtsdaten, verschlüsselte Passwörter. Damit lässt sich einiges anstellen. Yahoo beeilt sich zwar zu versichern, dass keine Kontodaten gestohlen wurden. Aber wie glaubhaft sind solche Aussagen von einem Unternehmen, das angeblich fast zwei Jahre braucht, um einen Angriff von neuer Dimension zu bemerken, und das noch dazu in Verkaufsverhandlungen mit sich selbst beschäftigt ist?

Der Vorfall erinnert auch auf drastische Weise daran, wie weit das alltägliche Leben in einer offensichtlich kaum kontrollierbaren Cyberwelt stattfindet. Ein Leben, in dem immer größere Bereiche von wichtiger Infrastruktur in den großen Datenautobahnen gesteuert werden – und damit angreifbarer sind denn je. Passend dazu beobachtet der deutsche Verfassungsschutz gegenwärtig eine Welle von Cyberattacken in nicht gekannter Aggressivität.

Klingt düster – aber es könnte ein böses Erwachen geben in einer Gesellschaft, die das Thema Digitalisierung manchmal mantraartig vor sich herträgt und darüber zunehmend vergisst, auch notwendige Grenzen zu definieren.

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