Oppenheim-Prozess Der tiefe Fall der Edelbanker

Der Ruf ist ruiniert. Alle vier Angeklagten sind wegen Untreue verurteilt worden. Einer von ihnen soll hinter Gitter.

 Lange Zeit eine erste Adresse: Das Bankhaus Sal. Oppenheim in der Domstadt.

Lange Zeit eine erste Adresse: Das Bankhaus Sal. Oppenheim in der Domstadt.

Foto: dpa

Das Mammut-Verfahren gegen die Ex-Chefs der Privatbank Sal. Oppenheim endete mit einer Mammut-Urteilsbegründung. Bis zum Abend erläuterte Sabine Grobecker, die Vorsitzende Richterin der 16. Großen Strafkammer am Kölner Landgericht, warum die Kammer die Ex-Banker für schuldig hält und Freiheitsstrafen verhängte.

Ausführlich referierte sie das Ergebnis der Beweisaufnahme, in der in über zwei Jahren mehr als 100 Zeugen vernommen worden waren und "Hunderte, wenn nicht Tausende" Dokumente gesichtet worden waren, so Grobecker, "Ein Kraftakt" sei die gestrige mündliche Urteilsbegründung wie auch das gesamte Verfahren, betonte die Richterin.

Wegen schwerer Untreue in zwei Fällen erhielt Christopher Freiherr von Oppenheim eine Gesamtstrafe von einem Jahr und elf Monaten. Sie wird genauso zur Bewährung ausgesetzt wie die Strafen für Matthias Graf von Krockow und Dieter Pfundt von jeweils zwei Jahren. Die drei müssen auch jeweils 300.000 Euro als Bewährungsauflage an gemeinnützige Einrichtungen zahlen, die in den nächsten Wochen bestimmt werden. Außerdem müssen alle Angeklagten die Kosten des Verfahrens tragen.

Ins Gefängnis soll Friedrich Carl Janssen, den die Kammer zu einer nicht bewährungsfähigen Strafe von zwei Jahren und zehn Monaten verurteilte. Während Krockow und Oppenheim Geständnisse ablegten, hatten Janssen und Pfundt die Taten bis zuletzt geleugnet. Entsprechend gründlich setzte sich Grobecker mit deren Argumentation auseinander - und ließ daran kein gutes Haar.

Beim Einstieg bei Arcandor und bei einer Vergabe eines Kredites ohne Sicherheiten hätten die Angeklagten ebenso ihre Sorgfaltspflichten verletzt wie beim Ankauf von Grundstücken und Immobilien in Frankfurt, so die Kammer. Bei beiden Geschäften soll dem Bankhaus ein Schaden von über 80 Millionen Euro entstanden sein.

Arcandor, das sei allen Angeklagten klar gewesen, drohte die Insolvenz. In diesem Fall hätten die Ex-Manager besonders genau hinschauen müssen, erklärte Grobecker. Sie hätten aber weder Geschäftsberichte studiert noch unter die Lupe genommen, ob der Konzern überhaupt sanierungsfähig war. Auch hätten sie Bankmitarbeiter nicht mit der Prüfung beauftragt und sich sogar über deren Warnungen bezüglich der Kreditvergabe hinweggesetzt. Dabei hätte eine Neinstimme gereicht. Denn in der Bank galt das Einstimmigkeitsprinzip.

Für widerlegt hält die Kammer die Argumentation Janssens, dass durch die Geldspritzen für Arcandor die Großaktionärin Madeleine Schickedanz weitere Sicherheiten für Kredite gestellt habe. Und damit fällt ein wesentlicher Mosaikstein der Argumentation Janssens.

Vielmehr habe gerade er als Risikomanager dafür sorgen müssen, dass ein sogenanntes Klumpenrisiko - also die Häufung von Ausfallrisiken bei Arcandor - gar nicht erst entsteht. Doch über die Jahre summierten sich die Kredite von Sal. Oppenheim, die an Arcandor-Aktien hingen, auf über 700 Millionen Euro und brachten Sal. Oppenheim in schwere Schieflage, als Arcandor Pleite ging.

Die Kammer geht sogar davon aus, dass Janssen und Pfundt, dem laut Kammer das Rückgrat gefehlt hat, gegen Entscheidungen der anderen zu opponieren, Vermögensnachteile für die Bank in Kauf genommen haben, damit die Bankaufsicht nicht auf das Klumpenrisiko aufmerksam wird. Denn dann wäre die Bankaufsicht wohl gegen beide vorgegangen.

Pflichtwidriges Verhalten, Handeln nicht ausschließlich zum Wohle der Bank, Verletzung von Vermögensbetreuungspflichten und Handeln auf unzureichender Informationsgrundlage sieht die Kammer auch beim Immobilienkauf in der Bockenheimer Landstraße in Frankfurt. Auch hier haben sich die Banker über das Votum ihrer Spezialisten hinweggesetzt und eine Grundstücksgesellschaft gekauft, an der Bankeigner, darunter auch Krockow und Oppenheim, beteiligt waren. Da hätten die nicht beteiligten Partner genau hinsehen müssen, so das Gericht.

Janssen, der argumentiert hatte, durch den Kauf sei kein Vermögensschaden entstanden, sieht das Gericht durch einen Gutachter als widerlegt. Pfundt habe sich nicht widersetzt, weil er wegen Verlusten in seinem Bereich Investmentbanking geschwächt gewesen sei. Krockow und Oppenheim hätten dagegen auch persönliche Motive für das Geschäft gehabt. Sie hätten das Engagement in der Grundstücksgesellschaft mit Krediten von Sal. Oppenheim finanzieren wollen. Kredite an die Eigner hätten die Luxemburger Bankaufsicht, die ohnehin schon wegen des Arcandor-Engagements alarmiert war, zusätzlich gereizt.

Bei der Strafzumessung hat die Kammer berücksichtigt, dass Krockow und Oppenheim geständig waren und durch umfangreiche Aussagen das Verfahren abgekürzt haben. Zugunsten Pfundts wertete die Kammer, dass er in seinem letzten Statement Reue und Bedauern zum Ausdruck gebracht habe. Janssen, für das Gericht eine zentrale Figur in der Bank, hatte dagegen bis zum Schluss die Taten bestritten.

Auch der Troisdorfer Immobilienentwickler und damalige Geschäftspartner der Ex-Banker, Josef Esch, kommt nicht ungeschoren davon: Wegen Verstößen gegen das Kreditwesengesetz muss er eine Geldstrafe von knapp 500.000 Euro zahlen.

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