Proteste in Madrid Sterbliche Überreste von Ex-Diktator Franco umgebettet

Madrid · Spanien hat die sterblichen Überreste von Spaniens Ex-Diktator Francisco Francos vom Mausoleum in ein Familiengrab umbetten. Mehrere hundert Faschisten demonstrierten vor dem Mausoleum.

 Zaungäste: Franco-Anhänger erheben den rechten Arm zum faschistischen Gruß. Trotz Demoverbots versammelten sich mehr als 500 Anhänger.

Zaungäste: Franco-Anhänger erheben den rechten Arm zum faschistischen Gruß. Trotz Demoverbots versammelten sich mehr als 500 Anhänger.

Foto: dpa/Emilio Rappold

Es war eine generalstabsmäßig geplante Operation für die Umbettung des „Generalísimo“, wie sich Spaniens Ex-Diktator Francisco Franco zu Lebzeiten anreden ließ. Am frühen Donnerstagnachmittag hob der spanische Militärhubschrauber von seinem Startplatz im sogenannten „Tal der Gefallenen“ ab.

An Bord befand sich der dunkelbraune Holzsarg mit den sterblichen Überresten jenes Generals, der in Spanien bis zu seinem Tod im Jahr 1975 mit eiserner Faust geherrscht hatte. Am Boden sicherten hunderte Polizisten die Umgebung ab. Nach wenigen Minuten ist der Superpuma-Helikopter zwischen den grünen Hügeln der Sierra de Guadarrama verschwunden. Zurück bleibt das mächtige Franco-Mausoleum, in dessen Bergbasilika Spaniens früherer Rechtsdiktator die letzten 44 Jahre ruhte. Das 150 Meter hohe Granitkreuz auf der Bergkuppe zeugt davon, dass Franco stets den Segen der katholischen Kirche hatte.

Das Mausoleum ist ein gigantisches Bauwerk, das Franco von 1940 bis 1959 von Zwangsarbeitern errichten ließ. Und das in den letzten Jahren von vielen Rechtsradikalen, aber auch von zehntausenden neugierigen Touristen besucht wurde.

Gleich hinter dem Hauptaltar der Bergbasilika befand sich bisher im Boden das Franco-Grab, das von Benediktinermönchen gehütet worden war. In den zugemauerten Seitenflügeln liegen die Gebeine von rund 34 000 Opfern des spanischen Bürgerkriegs (1936-1939) und der nachfolgenden Diktatur (1939-1975): Die meisten sterbliche Überreste gehören Franco-Soldaten, aber auch rund 12.000 Franco-Gegner ruhen hier.

„Es lebe Franco, es lebe Spanien“, rufen die 22 erschienenen Angehörigen des Generals, nachdem sie den mächtigen Sarg auf den Schultern aus der Basilika und zum Bestattungsfahrzeug getragen hatten. Auf dem Sargdeckel liegt ein grüner Kranz mit einer gelb-roten Schleife.

Eigentlich wollte die Franco-Familie eine Franquisten-Fahne auf dem Sarg ausbreiten. Doch die Regierung untersagte die Nutzung des verfassungsfeindlichen Banners, mit dem der Enkel Francis Franco zur Umbettung erschienen war. Rund 35 Kilometer Luftlinie entfernt, vor der neuen Ruhestätte des „Führers von Gottes Gnaden“, versammelten sich schon am frühen Morgen mehrere hundert Rechtsextreme und hielten Transparente sowie Franco-Fahnen in die Höhe.

„Franco lebt“ oder „Danke Franco“, skandieren sie. Rechte Arme werden hoch in die Luft gereckt – obwohl die Verherrlichung des Franquismus in Spanien gesetzlich verboten ist. Die Polizei beschränkt sich darauf, die Franco-Anhänger von dem kleinen Friedhof Mingorrubio nahe des Dorfes El Pardo abzudrängen.

Auch Spaniens berühmtester Franco-Fan, Antonio Tejero Molina, ist zum Friedhof gekommen. Im dunklen Anzug und umgeben von einigen Getreuen. Der 87-jährige führte 1981 den Putsch von franquistischen Militärs und Polizisten gegen Spaniens junge Demokratie an. Er war deswegen zu 30 Jahren Haft verurteilt worden. Die Franco-Anhänger lassen ihn hochleben.

Nach einem 15-minütigen Flug schwebt der Militär-Hubschrauber mit dem Franco-Sarg ein. Per Bestattungswagen und mit Polizeischutz geht es dann zu jenem kleinen Grabtempel, in dem schon Francos Ehefrau Carmen begraben liegt. Ein Pantheon, der dem Staat gehört. Aber der nicht wie das Franco-Mausoleum im „Tal der Gefallenen“ öffentlich zugänglich sein wird. So soll vermieden werden, dass auch dieses Grab wieder zum Pilgerort für Alt- und Neonazis wird.

Zur Bestattungszeremonie im Pantheon am Nachmittag ist nur die Familie Francos zugelassen. Kameras und Journalisten müssen draußen bleiben. Die Regierung hatte zuvor mitgeteilt, dass die Angehörigen diesen privaten Akt gestalten können, wie sie möchten.

Das taten sie dann auch. Die Totenmesse für Franco las der Sohn des berühmten Putschisten Tejero, der heute als „Priester Ramón“ der katholischen Kirche dient. Und Francis Franco, der Enkel des Diktators, konnte endlich ungestört seine Franco-Flagge aus der Tasche ziehen. Nach der Umbettung des Ex-Diktators wandte sich am späten Nachmittag Spaniens sozialistischer Regierungschef Pedro Sánchez an die Nation. „Heute hat Spanien seine Pflicht erfüllt“, sagte er. Mit der Umbettung Francos sei „eine moralische Schande“ beseitigt worden. Das Grab des Diktators im Mausoleum sei eine Beleidigung für die Demokratie gewesen. Die Nation habe nun einen weiteren Schritt Richtung Versöhnung getan.

Nicht ganz Spanien klatschte nach dieser Rede. Spaniens konservative Partei, die Franco am liebsten in seiner alten Gruft belassen hätte, zog es an diesem historischen Tag vor, zum Thema zu schweigen. Doch Spaniens rechtspopulistische Partei Vox, die rund zehn Prozent der Wähler repräsentiert, sprach dafür umso offener: Sie verurteilten in scharfen Worten die „Grabschändung“.

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