Äußerungen zum Thema Homosexualität Der Papst entschuldigt sich – oder doch nicht?

Rom · Papast Franziskus äußert sich zum Thema Homosexualität und lässt dabei Fragen offen. Wieder einmal gibt er Antworteten auf seine eigene Art. Dabei kommt es sehr darauf an, wie man den Papst verstehen oder missverstehen will.

Die fliegenden Pressekonferenzen sind ein Fixpunkt der Evangelisierung von Papst Franziskus, auch wenn sie nicht immer zur Klarheit der Verkündigung beitragen. Auch auf dem Rückweg seines Pastoralbesuchs in Armenien, bei dem er den „Völkermord“ an den Armeniern verurteilt hatte, stellte sich Franziskus eine knappe Stunde lang den Fragen der mitgereisten Journalisten zu so unterschiedlichen und komplizierten Themen wie dem Brexit oder dem Reformationsjubiläum im Herbst.

Gefragt wurde Franziskus auch, was er über die Äußerungen von Kardinal Reinhard Marx denke, den Münchner Erzbischof und Vorsitzenden der deutschen Bischofskonferenz, der in Folge des Massakers in einem Homosexuellen-Club in Orlando, Florida, gefordert hatte, die katholische Kirche müsse sich dafür entschuldigen, dass sie Homosexuelle in der Vergangenheit an den Rand gedrängt habe. Franziskus antwortete in seiner eigenen Dialektik.

Nicht die Kirche, die heilig sei, sondern die Christen müssten sich bei den Homosexuellen entschuldigen, aber nicht nur bei diesen. „Auch bei den Armen, bei ausgebeuteten Frauen und Kindern sowie dafür, viele Waffen gesegnet und viele Familien nicht begleitet zu haben.“ Von der Entschuldigung blieb weniger als gedacht. Oder war es doch mehr?

Franziskus lässt sich nicht festnageln, das ist ein Charakterzug, der seinen Vorgängern hingegen Gesetz schien. Zum Thema sagte Franziskus außerdem, er halte sich an den Katechismus, demzufolge Homosexuelle nicht diskriminiert, sondern respektiert und seelsorglich begleitet werden müssen. Man könne „diese Personen“ hingegen verurteilen für „politisches Verhalten, für gewisse Demonstrationen, die für andere eine Zumutung sind“. Gemeint waren, wenn man den Papst richtig verstanden hat, Veranstaltungen wie Gay-Prides. „Aber das hat gar nichts damit zu tun“, fügte Franziskus hinzu, um wieder einmal seinen berühmtesten Satz („Wer bin ich, dass ich urteile?“) zum Besten zu geben.

Schwulen-Organisationen hatten sich bereits in der Vergangenheit von Franziskus distanziert, nachdem er als Papst mehrfach die „Gender-Ideologie“ gegeißelt und als Erzbischof von Buenos Aires die Homo-Ehe als „Versuch des Vaters der Lügen, die Kinder Gottes zu verwirren und zu täuschen“ bezeichnet hatte. Immer wieder kam Franziskus aber auch mit homo- und transsexuellen Gläubigen zusammen.

Ironischerweise endete Ende vergangener Woche eine Affäre, bei der es um die Haltung des Papstes zum Thema Homosexualität ging. Franziskus empfing Philippe Zeller, den neuen französischen Botschafter am Heiligen Stuhl, zum Antrittsbesuch. Nach Vorstellung der französischen Regierung hätte diesen Posten eigentlich Laurent Stefanini übernehmen sollen, dessen Akkreditierung seit Januar 2015 aber vom Vatikan blockiert wurde. Stefanini ist bekennender Homosexueller, aus dem Umfeld des Papstes verlautete damals, die sexuelle Orientierung spiele keine Rolle bei der Verweigerung des Agréments.

Franziskus empfing Stefanini im April 2015 zu einer Privataudienz im Vatikan, erklärte ihm seine Ablehnung, die in der provokanten Haltung des französischen Präsidenten François Hollande begründet liege und betete gemeinsam mit dem Betroffenen, einem praktizierenden Katholiken. Die Regierung hätte den Papst zunächst mit der forcierten Legalisierung der „Homo-Ehe“ verärgert und mit der Nominierung eines Homosexuellen dem Papst „die Pistole auf die Brust gesetzt“. Das Kräftemessen endete, als Stefanini im April 2016 als ständiger Vertreter Frankreichs bei der Unesco in Paris nominiert wurde.

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