Haftstrafe für Uli Hoeneß Was die deutschen Medien zum Urteil schreiben

BONN · Bayern-Präsident Hoeneß hat vor dem Münchner Landgericht verloren. Er soll wegen Steuerhinterziehung drei Jahre und sechs Monate ins Gefängnis. Seine Anwälte haben Revision eingelegt. Wir haben die Pressestimmen zu dem Urteil für Sie zusammengefasst.

"Süddeutsche Zeitung": Persönlich kann einem Hoeneß leidtun. Sein Kalkül, die schwere Straftat mit Worten zu bedauern, seine Steuerschuld zu begleichen und nach der Verurteilung auf Bewährung weiterzumachen wie bisher, war irrig. Er wird jetzt die beiden Ämter verlieren, die er in jedem Falle behalten wollte. Und irgendeiner aus dem Verein der Claqueure (zum Beispiel im Aufsichtsrat), die bislang zu feige dazu waren, dem Steuerhinterzieher zu sagen, dass er nicht mehr tragbar ist, wird ihm das beibringen müssen - falls es Hoeneß nach seiner Verurteilung noch immer nicht selbst einsieht.

Frankfurter Rundschau: "Das Landgericht hat über den Bürger Ulrich Hoeneß geurteilt, aber zugleich den Heuchler gerichtet, der er mit kaltschnäuziger Entschlossenheit gewesen ist. ... Nicht nur seine Karriere als weltweit erfolgreichster Fußballmanager ist am gestrigen Donnerstag zu Ende gegangen, vorbei ist es auch mit seiner Rolle als öffentlicher Mahner, als vermeintliches Leit- und Vorbild. Ersteres mag man bedauern, Hoeneß' Verschwinden aus der Öffentlichkeit hingegen ist kein Verlust. Der Moralist und der Doppelmoralist sind - wenn auch feindliche - Brüder. Das sollten diejenigen bedenken, die jetzt Ulrich Hoeneß im Namen der Moral zum Teufel wünschen. Es genügt vollkommen, dass er ins Gefängnis muss."

[kein Linktext vorhanden]"Aachener Zeitung": Neben der juristisch bewerteten Schwere der Straftat hat Uli Hoeneß ein gravierendes persönliches Problem mit seiner Zockerei. Ist sie Kompensation für den immer unter Hochspannung stehenden Top-Manager? So wie andere koksen oder trinken. Ist sie Freizeitgestaltung für einen Superreichen? Nervenkitzel für einen, der sonst immer gewinnt. Tatsächlich mündet bei Hoeneß der dauerhafte Erfolg im Beruf, der geradezu spielerische Umgang mit unfassbaren Geldsummen und die Position des allzeit Siegreichen und von daher Unantastbaren in seiner schrillen Rechtsauffassung. Er hat seine eigene Gerechtigkeit definiert. Und er schwebt in Sphären, die fern jeglicher Bodenhaftung sind. Bedauernswert der Mann, der so viel erreicht hat, der solch hohe Reputation hatte, der die Millionen auf seinen Konten hortete und dem eine ordentliche Steuermoral keinen Schmerz zugefügt hätte. Aber er wollte auch hier spielen. Zocken. So bleibt nur das: ein armer reicher Mann.

"Hessische Niedersächsische Allgemeine": Mitleid ist fehl am Platz. Denn er hinterzog im Laufe der Jahre dem Staat, also uns allen, Geld in schwindelerregender Höhe. Als er die Steuerselbstanzeige endlich erstattete, blieb sie in einem Maße unvollständig, dass ihr Wert gen null tendierte. Hoeneß hat sich das Urteil ganz und gar selbst zuzuschreiben. Und weil er in der Vergangenheit gern den Saubermann gab und andere über Steuerehrlichkeit glaubte belehren zu müssen, erscheint das Urteil nicht nur juristisch gerechtfertigt. Er sei kein Sozialschmarotzer, hat Hoeneß vor Gericht gesagt. Das mag man anders sehen. Ein Heuchler ist er allemal.

"Badisches-Tagblatt": Für Uli Hoeneß als Mensch ist das Urteil eine Tragödie, denn er wird wohl alles verlieren, für das er in den vergangenen Jahrzehnten gelebt und gearbeitet hat. Hoeneß war das Gesicht des FC Bayern und hat den Verein zu dem gemacht, was er heute ist: die sportliche und wirtschaftliche Nummer eins in Deutschland und wohl auch in Europa. Doch auch angesichts dieser Lebensleistung ist Hoeneß für den Club nicht zu halten. Will er ihm einen letzten großen Dienst erweisen, tritt er als Präsident und Vorsitzender des Aufsichtsrats schnellstmöglich zurück. Diesen unausweichlichen Verlust empfindet Hoeneß sicher als die brutalste Strafe für seine Steuervergehen.

[kein Linktext vorhanden]"Mitteldeutsche Zeitung": Das Landgericht hat über den Bürger Ulrich Hoeneß geurteilt, aber zugleich den Heuchler gerichtet. Hoeneß hat sich lange als Hüter der Wirtschafts- und Zahlungsmoral gebärdet, während er den Staat um Millionen Steuern betrog, in Interviews verlangt, "das Zocken" zu verbieten, während er selbst mit Börsenwetten Millionensummen gewann und verlor, und nach dem Ende der "irrwitzigen Spekulationen" gerufen, während ihm selbst keine Spekulation irrwitzig genug sein konnte. Nicht nur seine Karriere als erfolgreichster Fußballmanager ist zu Ende gegangen, vorbei ist es auch mit seiner Rolle als vermeintliches Leit- und Vorbild. Ersteres mag man bedauern, Hoeneß' Verschwinden aus der Öffentlichkeit hingegen ist kein Verlust. Der Moralist und der Doppelmoralist sind - wenn auch feindliche - Brüder. Das sollten die bedenken, die Hoeneß jetzt im Namen der Moral zum Teufel wünschen. Es genügt vollkommen, dass er ins Gefängnis muss.

Die besten Zitate von Uli Hoeneß"Nürnberger Nachrichten": Der Absturz ist brutal, gewiss. Doch Hoeneß war nicht naiv oder unwissend oder nur dumm. Er wusste, was er tat. Er hatte in der Schweiz sein schwarzes Konto und in München sein weißes. Er hat seine Geschäfte parallel abgewickelt, hier alles sauber über die Bühne gebracht und dort hinterzogen. Wer das tut, verspottet den Staat und jene, die ehrlich ihre Steuern zahlen. Hoeneß hat, auch dies sei erwähnt, alle Amnestieangebote des Staates ausgeschlagen und selbst dann nicht reagiert, als dieser Staat die ersten Steuer-CDs gekauft hat. Er handelte erst, als er glaubte, er sei entdeckt.

"Offenburger Tageblatt": Der Mensch kann zwar in einem Lebensbereich gut und gerecht handeln und gleichzeitig in einem anderen ungerecht und schlecht sein. Aber das Leben muss als ein unteilbares Ganzes verstanden werden und wird letztlich auch so bewertet. Diese Erfahrung hat Uli Hoeneß gestern vor Gericht machen müssen. Die Verurteilung zu einer Haftstrafe von dreieinhalb Jahren bedeutet nichts anderes als Gerechtigkeit.

"Heilbronner Stimme": Der Begriff des Steuersünders ist - nicht nur im aktuellen Fall - falsch gewählt und viel zu verharmlosend. Er sei kein Sozialschmarotzer, sagte Hoeneß im Gerichtssaal trotzig. Aber er hat sich so verhalten. Die Haftstrafe, eigentlich viel zu milde, ist die richtige Konsequenz für jemanden, der lange Jahre geglaubt hat, es reiche, wenn andere brav Steuern zahlen. Hoeneß hat nach den eigenen Spielregeln gehandelt und dafür die Rote Karte kassiert. Seine Dribblings im Zockermilieu kosten ihn nun seinen guten Ruf, viel Geld - und die Freiheit, auch wenn er vorläufig auf freiem Fuß bleibt.

"Lübecker Nachrichten": Hoeneß hält sich an die Spielregeln, wenn er diese Regeln selbst bestimmt. Er ist ein Gutmensch, aber nur, solange ihm keiner Böses will. Den Richter hat er nicht so beeindrucken können wie die Bayern-Mitglieder. Zum Glück für den Rechtsstaat. Für einen Steuerbetrug in dieser Höhe ist eine Weile im Gefängnis die richtige Strafe. Dass der Finanzjongleur, der den FC Bayern zum bestgeführten Fußballclub der Welt gemacht hat, angeblich die Kontoauszüge seiner Börsenzockerei nicht kannte, nehmen wir ihm nicht ab. Der Richter erkennt, dass die Selbstanzeige nicht von Reue getrieben war, sondern von Panik, nachdem ein "Stern"-Journalist einen Fragenkatalog an Hoeneß' Schweizer Bank geschickt hatte. Seinem FC Bayern kann der Patron jetzt noch einen Gefallen tun: schnell als Präsident abtreten.

"Westfälische Nachrichten": Das Urteil gegen den Macher und Manager Hoeneß, der sich über Jahre mit riesigen Spekulationsgewinnen am Fiskus vorbei die privaten Taschen gefüllt hat, ist hart, aber angemessen. Bliebe Steuerhinterziehung in derart großem Stil strafrechtlich ungesühnt, wäre dies ein ungeheurer Skandal. Der Begriff der Steuermoral verkäme zur leeren Hülle.

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