Gedichte, Musik und abstrakte Kunst

Sie waren die Avantgarde der rheinischen abstrakten Maler: Joseph Fassbender und Hann Trier in Bornheim, Hubert Berke in Alfter. Und sie gehörten zu den Gründungsmitgliedern der legendären Donnerstag-Gesellschaft in Alfter.

Gedichte, Musik und abstrakte Kunst
Foto: Archiv/Wolfgang Henry

Alfter. Sie waren die Avantgarde der rheinischen abstrakten Maler: Joseph Fassbender und Hann Trier in Bornheim, Hubert Berke in Alfter. Und sie gehörten zu den Gründungsmitgliedern der legendären Donnerstag-Gesellschaft in Alfter, die von 1947 bis 1950 im Vorgebirge ein Zentrum der modernen Kunst schuf.

Die damaligen Künstler und Kulturförderer, die Ausstellungen, Konzerte und Darbietungen stehen im Mittelpunkt eines Vortrags der Volkshochschule Bornheim-Alfter am Donnerstag, 29. September: Im Schloss Alfter, wo die Fürstenfamilie der Kunst nach dem Krieg ein Forum bot, berichtet Herbert Dietz über die Zeit des künstlerischen Neuanfangs.

Der Jurist aus Krefeld, der in Bornheim aufwuchs, spürte Zeitzeugen, Erben der Künstler und Fotos auf und wird auch Reproduktionen zahlreicher Gemälde zeigen. Das Interesse für die Donnerstag-Gesellschaft und die Künstler begründet Dietz mit den zahlreichen Verbindungen, die bis in seine Kindheit zurückreichen.

"Aus der Schulzeit sind mir sowohl die Kinder der Familie Wallraf, bei der Joseph Fassbender in Bornheim-Botzdorf wohnte, als auch die Töchter von Fürst Salm-Reifferscheidt, die in Bonn zur Schule gingen, bekannt. Die Söhne von Hann Trier besuchten mit meinen Schwestern die Volksschule in Bornheim und Eva Ohlow, die älteste Tochter von Hubert Berke, war mit meiner Schwester auf dem Lyceum der Herseler Ursulinen."

Die schwierige Nachkriegszeit verschlug damals viele Menschen aus den zerstörten Städten Köln und Bonn ins Vorgebirge, wo man wenigstens durch Tauschhandel das Notwendigste zum Leben erhalten konnte. In Alfter fand der Künstler Hubert Berke (1908-1979) mit seiner Familie Unterschlupf in einer Knechtstube mit angrenzendem Stall des Gasthofs Spargel Weber.

Dort entwickelte sich mit Unterstützung von Rechtsanwalt Willi Weber (1906-1990), dem späteren Vizelandrat des Kreises Bonn-Land und des Rhein-Sieg-Kreises, rasch ein kleines kulturelles Zentrum. Mit Gedichtlesungen und Klaviermusik fing es Ende 1946 an, Anfang 1947 lockte ein Vortrag zum Thema "Trost aus Bildern" auch den Fürsten Franz Josef zu Salm-Reifferscheidt ins Wohnzimmer der Familie Weber.

Diese Veranstaltung an einem Donnerstag begeisterte ihn so sehr, dass er fortan Schloss Alfter für weitere Aktivitäten zur Verfügung stellte. Am 13. Februar 1947, ebenfalls ein Donnerstag, gründete sich die Donnerstag-Gesellschaft.

"Es war ein Glücksfall, dass sich Fürst Salm-Reifferscheidt dieser Kulturinitiative annahm", so Heribert Dietz. "Der Hausherr hielt persönlich die Eröffnungsreden, führte mit seiner Gattin die Korrespondenz und aktualisierte die Gästelisten." Mehr als 150 Besucher lockte der "Tag der abstrakten Kunst" am 20. Juli 1947 an, die unter Hitler als "entartet" gegolten hatte. Der Tag gilt als erste, programmatisch mehrere Künste umfassende Ausstellung nach dem Zweiten Weltkrieg in Deutschland.

Im Mittelpunkt standen Arbeiten von Hubert Berke sowie von Joseph Fassbender (1903-1974) und Hann Trier (1915-1999), die in Bornheim untergekommen waren. "Die Donnerstag-Gesellschaft war keine Künstlergesellschaft im üblichen Sinne", meint Heribert Dietz. Vielmehr ging es den kulturell und politisch interessierten Bürgern um eine Auseinandersetzung mit Kunst und Kultur, Politik und Gesellschaft im Sinne einer lebendigen Demokratie.

Der Vortrag von Heribert Dietz über die Donnerstag-Gesellschaft beginnt am 29. September, 19 Uhr, im Schloss Alfter. Ab 18 Uhr kann das Gebäude besichtigt werden. Anmeldungen bis 26. September bei der VHS Bornheim-Alfter unter (0 22 22) 94 54 60.

Der Referent Heribert Dietz, Jahrgang 1940, hat die Nachkriegszeit im Vorgebirge miterlebt, in die auch die Gründung der Donnerstag-Gesellschaft fiel. Sein Vater Hans Dietz war von 1946 bis 1970 Amts- und Gemeindedirektor in Bornheim. Heribert Dietz ist Jurist geworden und praktiziert noch heute in einer Sozietät in Krefeld, von 1983 bis 1989 war er Landrat im Rheingau-Taunus-Kreis.

Mit der Historie seiner Heimatstadt Bornheim beschäftigt sich Dietz seit einigen Jahren intensiv. Er publizierte bereits zwei Beiträge für die Jahrbücher des Rhein-Sieg-Kreises und hielt in Walberberg Vorträge über die Geschichte des Dominikanerordens. Seine Recherchen über die Donnerstag-Gesellschaft werden im Jahrbuch 2012 des Rhein-Sieg-Kreises veröffentlicht, das Mitte Oktober erscheint und geschichtsträchtige Orte in den Mittelpunkt stellt.

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