Beethoven Orchester in Bonn Der Neue kommt aus Wittlich

Bonn · Die Suche nach einem Nachfolger für Bonns Generalmusikdirektor Stefan Blunier hat offenbar ein Ende. Ab 2017 heißt der Neue an der Spitze des Beethoven Orchesters Dirk Kaftan.

 Dirigent Dirk Kaftan im Grazer Opernhaus.

Dirigent Dirk Kaftan im Grazer Opernhaus.

Foto: Homepage Kaftan

Er ist musikalischer Leiter der Oper in Graz und Chef des Grazer Philharmonischen Orchesters. Die Personalie wurde am Donnerstagabend von Kulturdezernent Martin Schumacher bestätigt.

Ein gänzlich Unbekannter ist der Mittvierziger den Musikern des Beethoven Orchesters nicht. Vor vier Jahren hatte er in Bonn Franz Schrekers „Der ferne Klang“ dirigiert, eine Oper, die Kaftan erst kurz zuvor mit dem Philharmonischen Orchester Augsburg für die Schallplatte eingespielt hatte. In Augsburg wirkte Kaftan von 2009 bis 2014 als Generalmusikdirektor.

Man kann diese fünf Jahre als Zwischenspiel betrachten. Denn zuvor war er bereits einmal fest in Graz engagiert, damals, von 2006 bis 2009, als stellvertretender Chefdirigent.

Seit 2013 ist er nun selbst Chef in Graz. Auf seinen alten Job in der zweitgrößten Stadt Österreichs ist mit Robin Engelen ein früherer Erster Kapellmeister der Bonner Oper nachgerückt.

Mit der rheinischen Region ist Kaftan durchaus vertraut. Aufgewachsen ist der 1971 als Sohn eines Ärzte-Ehepaars in Marburg zur Welt gekommene Musiker in dem Eifelstädtchen Wittlich. „Ich bin auf dem Land groß geworden und habe in allen Institutionen musiziert, die es dort gab – vom Musikverein bis zur Jazzband“, erzählte er dem „Trierischen Volksfreund“ über seine Sozialisation. Eine solide musikalische Grundausbildung in den Fächern Klavier und Trompete erhielt er an der Musikschule Bernkastel-Wittlich. Kaftan blickt bisher auf eine Karriere zurück, die an beste Kapellmeistertraditionen erinnert. Mit 18 Jahren begleitete er als Korrepetitor Sänger am Theater in Trier, wechselte nach Münster und wurde dann Erster Kapellmeister und stellvertretender Generalmusikdirektor in Bielefeld und Dortmund. Er hat sich an diesen Häusern ein beachtliches Repertoire erarbeitet, das von Mozart-Klassikern bis zu Luigi Nonos „Intolleranza“ reicht. Die Zeitschrift „Opernwelt“ nominierte ihn mehrfach zum Dirigenten des Jahres.

In Graz probt er gerade Bohuslav Martinus „Griechische Passion“, Premiere ist am 27. Februar. Aktueller kann Oper kaum sein: Das Werk erzählt von Flüchtlingen, die überraschend in einem griechischen Dorf auftauchen. Die neue Grazer Intendantin Nora Schmid habe ihn mit der Nase auf diese Geschichte gestoßen, berichtete Kaftan in einem Interview, „und ich war sofort gefesselt vom Stück, vom Stoff und von der Musik“. Theater soll nicht nur unterhalten, meint Kaftan, sondern auch etwas mitteilen.

Im Interview des „Trierischen Volksfreundes“ formulierte er es so: „Wir müssen uns als Theater dabei immer wieder neu erfinden – durch interessante Inszenierungen, aber im musikalischen Bereich auch durch neue Konzertformen. Wenn ein Theater nur noch auf die Platzauslastung schielt, keine Fragen mehr stellt und keine künstlerischen Risiken mehr eingeht, verspielt es seinen Kulturauftrag.“

Das wird auch im Opernhaus in Graz beherzigt, das eine große Tradition hat. In dem 1899 fertiggestellten Theater dirigierte Richard Strauss am 16. Mai 1906 die österreichische Erstaufführung seiner Skandal-Oper „Salome“, nachdem man in Wien gekniffen hatte. Bis heute inszenieren hier bedeutende Regisseure wie Peter Konwitschny oder Stefan Herheim.

Für seine Arbeit wurde Kaftan 2015 mit dem Karl-Böhm-Interpretationspreis ausgezeichnet. „Honoriert wird damit das hohe Niveau, auf dem der Chefdirigent des von ihm zu erheblich verfeinerter Klangkultur geführten Grazer Philharmonischen Orchesters ein sehr breites Repertoire einstudiert“, begründete die Jury. Unter anderem hat er die späte Grazer Erstaufführung der „Gurre-Lieder“ von Arnold Schönberg geleitet und Olivier Messiaens „Turangalîla-Sinfonie“ ins Programm genommen. Auch seine eloquenten Moderationen fielen bei der Preisvergabe ins Gewicht. Hauptspielstätte des Orchesters ist das Opernhaus. Auch organisatorisch sind die Institutionen eng verbunden. Opernintendantin Schmid ist zugleich Geschäftsführerin des Orchesters.

Wie es von einen Bonner GMD zu erwarten ist, liegt ihm auch Beethoven am Herzen. In Graz hat er das Projekt „B9 – Beethoven für alle“ initiiert. Junge Menschen für Beethovens neunte Sinfonie zu begeistern ist das Ziel der Aktion, die in zwei Aufführungen des Werkes im April mündet. Bis dahin sollen Schüler in Workshops eigene Zugänge zu dem Stück finden, das „vom ersten Ton an die Frage stellt: Wie wollen wir leben?“. Eine Frage, die auch in Beethovens Geburtsstadt aktuell ist.

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