Kommentar zur Debatte um den Bundesnachrichtendienst Sterile Aufregung

Auch der Bundesnachrichtendienst hat also die Kommunikation zwischen Einrichtungen europäischer Nachbarn oder nordamerikanischer Bündnispartner abgehört. Wen diese Nachricht überrascht oder gar aufregt, der hat sich bisher vermutlich wenig mit der Politik und dem Wesen von Geheimdiensten beschäftigt.

Jeder Staat hat sie - ganz gleich welches politische System herrscht. Jede Regierung nutzt sie, um die Interessen des eigenen Landes zu sichern und manchmal auch für die Sicherung der eigenen Macht. Der einzige Unterschied von Land zu Land und Dienst zu Dienst besteht eigentlich nur in den Fragen, wie diese Dienste kontrolliert werden und von wem, und ob sie rechtlichen Regeln unterliegen?

Ein wesentlicher Faktor ist sicherlich, ob eine Gesellschaft Vertrauen zu diesen Diensten hat. Denn vieles, was die Agenten da im Verborgenen tun, bewegt sich in juristischen und politischen Grauzonen. Das liegt in der Natur der Sache, denn Geheimdienste arbeiten nun einmal, wie der Name schon sagt, geheim. Da sich alle Staaten annähernd gleich verhalten, hat nur der einen Nachteil, der seine Möglichkeiten nicht nutzt. Und es ist unvorteilhaft, sich bei seinem Tun erwischen zu lassen. Wer das für tendenziell unmoralisch und zynisch hält, hat vermutlich recht. Da in der Politik und zwischen Staaten Vertrauen gut und Misstrauen manchmal besser ist, wird sich an der Sachlage indes nichts ändern.

Dekliniert man entlang solcher Einsichten einmal durch, was sich da in Berlin und Pullach derzeit abspielt, dann verwundert eigentlich nur die sterile Aufregung, die kein Ergebnis haben wird. Der Bundesnachrichtendienst hat getan, wofür ihn dieses Land einsetzt, nämlich Aufklärung zu betreiben. Dabei hat er mit anderen Diensten zusammengearbeitet und ist mutmaßlich an einigen Stellen übers Ziel hinausgeschossen.

Wenn das parlamentarische Kontrollgremium darüber informiert wird und entsprechend nachjustieren kann, funktioniert offenbar die demokratische Einhegung des tendenziell schwer kontrollierbaren Dienstes. Immerhin. Dass die Kritik an diesem Handeln aus dem BND selbst kommt und die betroffenen Länder sich wenig oder nicht vernehmlich äußern, beweist einmal mehr, dass wir uns in einem Feld bewegen, wo es eine Menge ungeschriebener Spielregeln gibt und alle eigentlich nach gleichen Maßstäben handeln.

Müßig ist jedoch jede Erregung. Wenn Parlament und Regierung diesem Land einen guten Dienst erweisen wollen, dann sorgen sie hoffentlich für eine demokratische Kontrolle der Geheimdienste, die ihre Funktionstüchtigkeit nicht beeinträchtigt. Und sie sorgen dafür, dass sie kein Eigenleben entwickeln, das der Demokratie und einer freiheitlichen Gesellschaft am Ende gefährlich werden kann. Das ist jede Mühe wert, denn hier liegt die eigentliche Gefahr.

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