Niedrige Zinsen Mit Vernunft gegen das Zinstief

Die Zinsen sind im Keller. Trotzdem haben die Deutschen ihr Anlageverhalten in den vergangenen Jahren kaum verändert. Dabei gibt es durchaus ertragreiche Alternativen zum Sparbuch.

Dominikus Wagner, Vorstand der Wagner & Florack Vermögensverwaltung. FOTO: WAGNER & FLORACK

Dominikus Wagner, Vorstand der Wagner & Florack Vermögensverwaltung. FOTO: WAGNER & FLORACK

Foto: Wagner+Florack

„Wer sein Geld aufs Sparbuch legt oder in Bundesanleihen investiert, verbrennt Geld. Das weiß eigentlich mittlerweile jeder Privatanleger in Deutschland. Aber nur viel zu wenige handeln entsprechend“, sagt Dominikus Wagner, Vorstand und Mitgründer der Wagner & Florack Vermögensverwaltung in Bonn.

Der Blick auf die Zahlen offenbart das zögerliche Verhalten der Kleinsparer: Von den rund 5,3 Billionen Euro an Vermögen in Deutschland sind etwa 4,5 Billionen Euro in Versicherungen, Spareinlagen, Anleihen und Bargeld angelegt – also in Sparformen, die entweder nur geringe oder sogar negative Renditen bringen. Aktien dagegen spielen in den Portfolios der meisten Deutschen kaum eine Rolle. „Deutschland ist eine der weltweit größten Wirtschaftsnationen mit zahlreichen grundsoliden Unternehmen, die ihre Waren in alle Welt exportieren. Aber Deutschlands Anleger scheuen es, an diesem Erfolg teilzuhaben“, wundert sich Wagner.

Langfristig, rentabel, sicher

Der erfahrene Vermögensverwalter hat nur wenig Verständnis für das Misstrauen vieler Anleger, die Aktieninvestments meiden. Schließlich seien Aktien immer noch die rentabelste Geldanlage – und das nicht nur deshalb, weil die Niedrigzinspolitik der Notenbanken und der überreizte Anleihenmarkt dafür sorgen, dass kaum es noch andere attraktive Anlage-Alternativen gibt. „Aktien erstklassiger Unternehmen sind keine Notlösungen, sondern ohnehin die beste Möglichkeit, Kapital langfristig, rentabel und sicher anzulegen“, so Wagner.

Dass Aktien in den Augen vieler deutscher Anleger als riskant gelten, sei eine grobe Fehleinschätzung, die auch zum Teil auf der falschen Bewertung von Volatilität beruhe. Denn die Schwankungsintensität einer Aktie werde oft mit dem Grad der Unsicherheit und mit Risiko gleichgesetzt. Dabei müsse der Kurs eines Investments schwanken, damit es überhaupt im Wert steigen kann. „Nehmen Sie beispielsweise griechische Staatsanleihen. Die schwankten kaum im Wert. Auch der Wert von Sparkonten ist de facto volatilitätsfrei“, so Wagner. Dennoch sind Teile des dort angelegten Geldes unwiederbringlich verloren. Im Falle Griechenlands auf Grund des Schuldenschnitts und bei Sparkonten auf Grund der Inflation, die in Zukunft deutlich ansteigen könnte.

Die Nestlé-Aktie dagegen weise eine Volatilität von mehr als 17 Prozent per annum auf, wird also gemeinhin als risikoreich angesehen, ist aber in den vergangenen fünf Jahren um mehr als 70 Prozent im Wert gestiegen. Dazu kommt eine Dividendenrendite von drei Prozent per annum. „Da muss sich jeder Anleger fragen, was er am liebsten im Depot haben möchte“, stellt Wagner fest.

Natürlich weiß auch der Anlageexperte, dass ein reines Aktiendepot von den Kunden oftmals weder gewünscht noch die beste Lösung ist. Und die genau will er finden. Für den Bonner Vermögensverwalter steht vor allem eine Bedarfsanalyse im Vordergrund, an deren Ergebnis er die jeweilige Anlagestrategie für seine Kunden ausrichtet. Fertige Lösungen hat er dabei nicht im Kopf. „Anleger haben nicht nur ökonomische, sondern auch emotionale Bedürfnisse. Eine gute Vermögensverwaltung muss auch das berücksichtigen“, so Wagner.

Anleger, die schlecht schlafen können, wenn der Wert ihres Portfolios zu stark im Wert schwankt, bekommen deshalb weniger Aktien ins Depot gelegt. Und auch ältere Kunden, die eher daran denken, wie sie ihr Vermögen erhalten und möglichst verlustfrei in einigen Jahren an die nächste Generation übertragen können, haben oft andere Bedürfnisse als langfristig eine möglichst hohe Rendite zu erzielen.

Vorsicht bei Immobilien

Auch Immobilien spielen in den Vermögensstrategien eine Rolle. Allerdings wird es immer schwieriger, Objekte zu einem angemessenen Preis zu finden. „Die Immobilienpreise sind zuletzt vielerorts schneller gestiegen als die Mietpreise. Das ist ein klares Zeichen dafür, dass der Markt allmählich überhitzt“, so Wagner. Von einer Immobilienblase könne in Deutschland zwar noch keine Rede sein, doch unter Renditegesichtspunkten lohne es sich in vielen Großstädten kaum noch, in Betongold zu investieren.

Fair bewertete Aktien mit attraktivem Kurssteigerungspotenzial seien dagegen immer noch am Markt zu haben. „Wir schauen uns bei der Auswahl der Aktien zu allererst das Geschäftsmodell des Unternehmens an. Ist es langfristig profitabel wachsend und ist es auch über verschiedene Konjunkturzyklen hinweg krisenresistent? Wo liegen Chancen und Risiken des Geschäftsmodells, wo sind Wettbewerbsvorteile? Und was darf nicht schief gehen“, zählt Wagner wichtige Fragen auf. Damit ein Unternehmen auf Wagners Kauf-Liste kommt, müsse es einen hohen und beständigen frei verfügbaren Cash Flow haben, stabile und hohe Margen, starke Marken, keine oder nur eine geringe Verschuldung sowie eine hohe Eigenkapitalquote.

Das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) tauge als Maßstab zur Bewertung der Attraktivität einer Aktie dagegen nur wenig. Wagner bemängelt vor allem, dass das KGV keine Schulden, Pensionslasten und Aktienrückkäufe berücksichtigt. Deshalb sei die Kennzahl oft irreführend.

„Als Investor suchen wir für unsere Kunden keine Spekulationsobjekte. Aktien sehen wir als unternehmerische Beteiligung mit langfristigem Horizont. Da kommt es nicht darauf an, ob der Aktienkurs kurzfristig steigt oder fällt. Die Qualität des Unternehmens muss stimmen“. Dann lässt sich langfristig auch mit Aktien konservativ Geld anlegen. Ein Vorteil dieser Sichtweise: Wer langfristig denkt, bewahrt bei nervösen Entwicklungen an der Börse eher die Ruhe. Das gilt nicht nur für die Vermögensmanager, die wissen: Beteiligt man sich an erstklassigen Unternehmen, ist guter Schlaf auch mit einem Aktiendepot möglich.

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