Süffisant, selbstironisch und scharfsinnig

Peer Steinbrück steht vor mehr als 500 Zuhörern Oberstufenschülern des Aloisiuskollegs Rede und Antwort.

Süffisant, selbstironisch und scharfsinnig
Foto: Ronald Friese

Bad Godesberg. Es gibt Menschen, die müssen mit dem Ruf der Hochnäsigkeit leben, weil man ihre Selbstsicherheit mit Arroganz verwechselt. Auch Peer Steinbrück ist so ein Typ. Wie man mit der gelungenen Mixtur aus Süffisanz, Selbstironie und Scharfsinn die Sympathien seines Publikum erobert, das führte der frühere Bundesfinanzminister und nordrhein-westfälische Ministerpräsident am Dienstagabend im Aloisiuskolleg vor.

Mehr als 500 Zuhörer ließen den Konzertsaal des Gymnasiums aus allen Nähten platzen. Dorthin hatte die Parkbuchhandlung als Veranstalter eingeladen, und von Anfang an entwickelte sich eine muntere Mischung aus Podiumsdiskussion, Schulstunde und Autorenlesung.

Moderiert vom Bonner Germanistikprofessor Norbert Oellers, rückten die vier Unterprimaner Ramona Noisten, Enrico Mellis, Cedric Mathouet und Hundrik Born dem früheren Spitzenpolitiker über zwei Stunden mit Fragen und Argumenten auf die Pelle. Grundlagen waren Kernaussagen aus Steinbrücks aktuellem Buch "Unterm Strich", mit dem sich die Jugendlichen im Unterricht eingehend beschäftigt hatten.

"Alternativlos", der auf Bundeskanzlerin Merkel zurückgehende Begriff mit guten Aussichten auf den Titel "Unwort des Jahres 2010", stand zu Beginn der ersten Fragerunde, in der die Schüler Steinbrück auch nach eigenen Fehlern im Zuge der Finanz- und Wirtschaftskrise fragten.

Der Ex-Minister mit Wohnort Villenviertel erinnerte an die Bedeutung des Exports für die deutsche Wirtschaft, der seiner Ansicht nach eine Wiedereinführung der D-Mark indiskutabel mache. "Was ich unterschätzt habe, ist das Ausmaß des Schatten-Bankenwesens", sagte Steinbrück und ergänzte: "Ich hätte bereits als Landesminister auf eine stärkere Bankenaufsicht, auch über ganze Geschäftsmodelle, drängen müssen."

Gleichwohl warb er auch um Verständnis für Politiker, die "binnen kürzester Zeit bei unvollständiger Informationslage folgenschwere Entscheidungen zu treffen" hätten. Als er mit der Bundeskanzlerin im Oktober 2008 vor laufenden Kameras - und ohne parlamentarisches Mandat - die Sicherheit der Spareinlagen garantierte, da sei er vom öffentlichen Wohl in "äußerst brenzliger Lage und nicht von sozialdemokratischen Werten geführt worden", sagte Steinbrück auf die Frage nach der Abwägung zwischen Pragmatismus und Parteiräson.

Seiner Sorge angesichts einer "zunehmenden Personalisierung, Banalisierung und Skandalisierung der Medienlandschaft" und zunehmenden Politikverdrossenheit, an der auch Journalisten ihren Anteil hätten, gab der 64-Jährige in einer zweiten Fragerunde Ausdruck.

Den mündigen Menschen zu fördern, dazu soll mittelbar auch die Gesprächsrunde im Ako beitragen: Wie Veranstalterin Barbara Ter-Nedden zur Begrüßung bekannt gegeben hatte, gehen die Einnahmen aus der Lesung an ein Projekt der Bad Godesberger Parkbuchhandlung mit Bad Godesberger Kindergärten und Grundschulen zur Leseförderung und zum Spracherwerb. Die fünf Bücherkoffer werden im Mai übergeben.

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