Bahnstreik in Siegburg und Hennef Viele Pendler bleiben vor überfüllten Zügen stehen

SIEGBURG/HENNEF · Als die S 12 um 7.49 Uhr im Siegburger Bahnhof einlief, konnten die Fahrgäste am Dienstagmorgen einen ersten Eindruck davon gewinnen, mit was sie in den nächsten Tagen rechnen müssen.

 Verbale Auseinandersetzungen und Tritte vors Schienbein: Zuweilen rabiat ging es gestern auf den Bahnsteigen zu.

Verbale Auseinandersetzungen und Tritte vors Schienbein: Zuweilen rabiat ging es gestern auf den Bahnsteigen zu.

Foto: Ingo Eisner

Die S-Bahnen fahren nur im Stundentakt, die Regionalzüge sind ganz vom Fahrplan gestrichen. Die Wagen waren daher rappelvoll und leerten sich auch nicht nennenswert beim Zwischenstopp in der Kreisstadt. Stattdessen drängten weitere Pendler in die Abteile, so dass die Türen nur mit Mühe geschlossen werden konnten.

Bis auf eine. Bei der hatte Rolf Laufenberg aus Königswinter, der partout mitwollte, den Fuß dazwischen. Nichts ging mehr, seine Versuche einzusteigen, waren nicht von Erfolg gekrönt. Es entwickelte sich ein verbaler Schlagaustausch mit denen, die es geschafft hatten.

"Fünfmal vors Schienbein getreten"

Ein jugendlicher Fahrgast "hat mich fünfmal vors Schienbein getreten" empörte sich der Bankkaufmann, der letztlich am Bahnsteig zurückbleiben musste und sich kaum beruhigen wollte. Er machte der Bahn wütend den Vorwurf, nicht genug Ersatzmöglichkeiten zu bieten, beispielsweise Busse einzusetzen.

Die Nerven scheinen beim mittlerweile achten Streik der GDL blank zu liegen. Einen perfekten Fehlstart zum Antritt ihrer neuen Stelle in Köln erlebte Daniela Saravanja aus Siegburg. Die Bauingenieurin hatte zwar das Glück, einen Platz im Zug zu erwischen, kam aber zu spät zu ihrem Arbeitsplatz.

Mit dem Bus hätte die Fahrt nach ihren Erkundigungen allerdings gut zwei Stunden gedauert. Wenig Begeisterung zeigte auch Chin Ying, die zum Organisationsteam der Kölnmesse gehört, wo bis Freitag die "Interzum" stattfindet. Sie fahre zwar sonst mit dem Auto, aber aufgrund der Verkehrssituation auf den Straßen und den begrenzten Parkmöglichkeiten in der Domstadt sei die Bahn während einer Messe immer die bessere Alternative. Dieses Mal wohl nicht. Verständnis für den Streik hatte die Siegburgerin nicht.

Ärger in Hennef nimmt zu

Auch in Hennef nimmt der Ärger über den bisher längsten Streik in der Geschichte der Deutschen Bahn zu. Hunderte Berufspendler standen gestern auf den Bahnsteigen des Hennefer Bahnhofs in der Hoffnung, dass eine S-Bahn sie doch nach Köln befördert.

Die meisten hatten sich im Internet über die Notfahrpläne informiert und waren per Smartphone ständig mit dem Live-Ticker der Bahn verbunden. Gegen 8 Uhr hielt dann tatsächlich eine S-Bahn Richtung Köln, allerdings nur eine kurze Version, die über wenige Wagen verfügte.

Die Pendler strömten in Massen zu dem Zug und standen bereits nach kurzer Zeit zusammengepfercht an den Eingängen. Rahel Schröder, Design-Studentin aus Hennef, hatte keine Chance, in die überfüllte Bahn einsteigen zu können. Sie hatte ihren kleinen Sohn Jan dabei - im Kinderwagen.

"Ich muss jetzt eine Stunde warten, bis hoffentlich die nächste Bahn kommt", sagte die junge Mutter sichtlich genervt. "Es ist ja das gute Recht der Bahnbediensteten, zu streiken. Aber das zieht sich jetzt schon ziemlich lange hin", sagte Schröder, die nicht jeden Tag nach Köln muss.

Anders schaut es da schon bei Silvia Löbbert aus. Die Henneferin, die für eine Bank in Köln arbeitet, ist auf die Bahn angewiesen. "Wir haben halt nur ein Auto, das mein Mann benötigt", sagte Schröder. Keskin Nevin aus Hennef, die derzeit eine Ausbildung zur Medizinischen Fachangestellten in Köln absolviert, ist sauer. "Ich schreibe heute eine Klausur und komme zu spät. Dieser Streik ist großer Mist", sagte Nevin.

Der Streik in den kommenden Tagen

Auf der Siegstrecke fahren laut Bahn trotz des Streiks noch S-Bahnen in Richtung Köln und zurück. Das betrifft die S 12 zwischen Au/Sieg und Köln sowie die S 19 zwischen Hennef und Köln (via Flughafen).

Allerdings fahren sie in der Hauptverkehrszeit jeweils nur einmal stündlich. Allein zwischen Hennef und Köln fahren sonst morgens im Berufsverkehr sechs S-Bahnen sowie der Regionalexpress 9 (Siegen-Köln-Aachen). Letzterer ist während der Streiks überhaupt nicht im Einsatz.

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