Vermischtes - Das letzte Abenteuer

Scotts und Amundsens mörderischer Wettlauf zum Südpol

Kerzen, Eipulver, Kakao, Sardinen und Streichhölzer - viel mehr war es nicht, was Südpolforscher Anfang 1986 auf Ross Island in einem verlassenen Proviantlager vorfanden. Das Herstellungsjahr "1910" auf einigen Produkten führte sie auf die Fährte des Briten Robert Falcon Scott. Das verlassene Lager ist möglicherweise die letzte Spur von Scott, der 1910 mit vier Begleitern zu einer Antarktisexpedition aufgebrochen war.

Am 14. Dezember 1911 wehte aber nicht der Union Jack, sondern die norwegische Fahne Roald Amundsens auf dem Pol. Vier Wochen später traf Scott ein. Auf dem Rückweg vom Pol kamen er und alle Expeditionsteilnehmer ums Leben.

Eine hektische Suche nach Punkten der Erde, die noch der "Entdeckung" harrten - womit in erster Line die Besetzung durch eine Nation gemeint war -, erreichte im ersten Jahrzehnt des Jahrhunderts ihren Höhe- und Schlusspunkt. Die Pole zählten dazu. Ein mörderischer Wettlauf begann. Zuerst wurde der Nordpol erobert: Die Amerikaner Robert Peary und Frederick Cook waren Amundsen 1909 zuvorgekommen. Der Norweger machte sich gleich auf den Weg nach Süden, wo Scott bereits mit einer Expedition auf dem Weg in die Antarktis war. Amundsen schickte Scott ein Telegramm mit der Ankündigung, er werde sich am Run auf den Pol beteiligen.

Der Zeitdruck zwang zum Risiko: Während Scott einer Route folgte, die sein Landsmann Shackleton 1908 abgesteckt hatte, wählte Amundsen einen kürzeren, aber unbekannten Weg. Der Norweger hatte einen weiteren Vorteil: Anders als der Rivale Scott war er nicht mit wissenschaftlichen Geräten belastet, diente doch die Amundsen-Expedition nur einem einzigen Ziel: schnellstmöglich den Pol zu erreichen.

Es gibt viele Spekulationen über die Gründe für das tragische Ende der Jagd zum Südpol. Angeblich hatte Amundsen sein Unternehmen besser geplant, für die beschwerliche Rückkehr genügend Proviant und Kraftstoff gelagert. Außerdem hatte der Norweger auf Schlittenhunde gesetzt, während Scott mit Ponys und Motorschlitten zum Pol zog, was sich schnell als Fehler herausstellte.

Nach seinem Triumph blieb Amundsen dem kalten Element treu: Er erforschte das Nordpolarmeer mit einem Luftschiff. Geflogen war er mit dem Italiener Umberto Nobile. Als dieser 1928 mit seinem Luftschiff "Italia" auf einer Arktis-Expedition verschwand, stellte Amundsen eine Bergungsmannschaft zusammen, um Nobile zu finden. Ein zweite Bergungsmannschaft spürte später das Luftschiff und den lebenden Nobile auf. Amundsen und seine Besatzung blieben verschollen.

Das Interesse an der Antarktis ist heute noch vom spätkolonialistischen Eroberungsdrang der Nationen geprägt: Jeder der beteiligten Staaten sowie "Anrainer" wie Chile, Argentinien und Australien beanspruchen ein Stück der eisigen Torte, was immer wieder Streit um Territorialfragen aufkochen läßt, Forschung zum bürokratischen Hürdenlauf verdammt und den bitter nötigen Umweltschutz fast unmöglich macht.

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