Anzeige Mensch, Raiffeisen, starke Idee!

Friedrich Wilhelm Raiffeisen entwickelte das Konzept eines genossenschaftlichen Vereins, damit die hungernden Bauern in seiner Gemeinde die Chance auf ein würdiges Leben bekamen. Raiffeisen wurde so zu einem der Väter des Genossenschaftswesens in Deutschland und weltweit.

 Meinungsumfrage zu Genossenschaften

Meinungsumfrage zu Genossenschaften

Foto: Deutsche Friedrich-Wilhelm-Raiffeisen-Gesellschaft

In der Mitte des 19. Jahrhunderts entwarf Friedrich Wilhelm Raiffeisen aus einer Notsituation heraus das Konzept eines genossenschaftlichen Vereins. Dieser sollte die Chancen der hungernden Bauern in seiner Gemeinde auf ein würdiges Leben verbessern. In der Folge entwickelte der Reformer seine Idee weiter und wurde so zu einem der Väter des Genossenschaftswesens in Deutschland und weltweit. Sein berühmtestes Zitat lautet: „Was einer allein nicht schafft, das schaffen viele.“

Friedrich Wilhelm Raiffeisen wurde am 30. März 1818 in Hamm an der Sieg im heutigen Rheinland-Pfalz geboren. Die tief religiöse Mutter und sein Patenonkel, Pfarrer Seippel, prägten seine Erziehung.

Geburt der Genossenschaftsidee

Die soziale Situation der Familie verhinderte eine höhere Schulbildung des begabten Friedrich Wilhelm Raiffeisen, sein Patenonkel förderte ihn aber weit über das normale Schulwissen der Zeit hinaus. Als 17-Jähriger verpflichtete sich Raiffeisen beim Militär. Nach fünf Jahren musste er wegen eines Augenleidens aus dem militärischen Dienst ausscheiden.

Nach kurzer Tätigkeit in der preußischen Verwaltung im Oberpräsidium Koblenz wurde er in die Kreisverwaltung Mayen in der Eifel versetzt. Seine Vorgesetzten erkannten die Begabung Raiffeisens und schickten ihn bereits 1845 als Bürgermeister nach Weyerbusch im Westerwald.

Der junge Bürgermeister wurde schon kurz nach seinem Amtsantritt vor große Herausforderungen gestellt: Das Schulgebäude war in einem desolaten Zustand und eine Hungersnot drohte auch in seiner Gemeinde. Viele Bauern waren verarmt und konnten sich nicht mehr das Mehl leisten, um Brot zu backen. In dieser Situation erhielt Raiffeisen eine Kornlieferung von der Regierung, die er an die Armen verkaufen sollte. Aber wie sollten die Bauern das Korn bezahlen?

Raiffeisen, überzeugter Christ, traf eine mutige Entscheidung und gab das Getreide gegen Schuldscheine an die Bauern aus, obwohl er dadurch sein Amt riskierte. „Wehe, es entsteht Schaden für die Regierung“, hatte der Landrat gedroht.

Solidarisches Wirken

Raiffeisen gründete den sogenannten „Brodverein“ und war erfolgreich. Er überzeugte wohlhabende Bürger, dem Brodverein finanzielle Mittel zur Verfügung zu stellen. Damit konnte der Bürgermeister zunächst das Korn bezahlen. Mehr noch: Er kaufte für das Geld Kartoffeln und Saatgut und baute ein Backhaus, in dem günstig Brot gebacken werden konnte. Seine Strategie zahlte sich aus. Als im nächsten Jahr die Ernte wieder besser war, konnten die Bauern ihre Schulden bezahlen.

1848 wurde Raiffeisen ins benachbarte Flammersfeld versetzt. Dort setzte er sich intensiv mit den Geldverleihern, die Wucherzinsen verlangten, auseinander. Er gründete den „Hülfsverein für die unbemittelten Landwirthe“. Es gelang ihm, 60 Familien dafür zu gewinnen, Mittel in diesen Verein einzubezahlen, um den vom Wucher und Hunger bedrohten Familien zu helfen. Noch waren nur die Geldgeber Mitglied im Hülfsverein – nicht die Mittelempfänger. Erst im Darlehnskassen-Verein von Anhausen und Heddesdorf (hier wurde Raiffeisen 1852 Bürgermeister) mussten die Kreditnehmer Mitglied des Vereins werden. Die Grundlagen für die Raiffeisenschen Genossenschaften waren endgültig gelegt.

Idee wird zum Erfolgsmodell

Mit 47 Jahren musste Raiffeisen 1865 aus gesundheitlichen Gründen sein Bürgermeisteramt aufgeben. Dennoch widmete er sich mit aller Kraft der Weiterentwicklung des Genossenschaftswesens. Er veröffentlichte 1866 sein Buch „Die Darlehnskassenvereine als Mittel zur Abhülfe der Noth der ländlichen Bevölkerung sowie auch der städtischen Handwerker und Arbeiter“, das zu Raiffeisens Lebzeiten fünf Auflagen hatte, die Leitlinie seines Wirkens zeigte und Handlungsanleitung zur Gründung der Genossenschaften wurde. Immer mehr wurde die Genossenschaftsidee zum Erfolgsmodell im ländlichen Raum.

Raiffeisen fand bereits zu seinen Lebzeiten große Anerkennung. Kaiser Wilhelm verlieh ihm 1884 den Roten Adlerorden. 1888 wurde für Raiffeisen die Ehrendoktorwürde von der philosophischen Fakultät der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn beantragt. Doch er verstarb, bevor die Beschlussfassung stattgefunden hatte, an den Spätfolgen einer Lungenentzündung. Die Raiffeisenfamilie feiert in diesem Jahr den 200. Geburtstag des großen Genossenschaftsgründers und Sozialreformers und sagt mit Dankbarkeit und großer Anerkennung: Mensch Raiffeisen. Starke Idee!

Am 30. März 2018 jährte sich der Geburtstag des Reformers zum 200. Mal. Seine Idee bewegt weiterhin Menschen und Märkte. Die Genossenschaftsidee wurde 2016 von der Unesco in die Repräsentative Liste des immateriellen Kulturerbes der Menschheit aufgenommen. Mehr als 22 Millionen Menschen in Deutschland sind Mitglied einer Genossenschaft, und immer mehr Menschen entdecken diese Form des gemeinschaftlichen Wirtschaftens – ob auf der Suche nach fairen Finanzprodukten, nachhaltiger Landwirtschaft, unabhängiger Energieversorgung oder bezahlbarem Wohnraum: Hier zählt das Wohl aller, nicht der Profit weniger. 2018 heißt es deshalb unter der Schirmherrschaft von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier: „Mensch Raiffeisen. Starke Idee!“

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