Letzte Kabinettssitzung Verlängerung von sechs Bundeswehreinsätzen beschlossen

Berlin · Die Bundeswehr ist seit 16 Jahren in Afghanistan, und ein Ende des Einsatzes ist nicht in Sicht. Stattdessen wird die Truppe jetzt wieder deutlich aufgestockt. Es ist nicht der einzige wichtige Einsatz, für den es Verstärkung gibt.

 Deutscher UN-Soldat auf Patrouille im malischen Ort Gao. Auch der größte und gefährlichste Auslandseinsatz der Bundeswehr soll ausgeweitet werden. Statt bisher 1000 sollen sich künftig bis zu 1100 Soldaten an der UN-Mission zur Stabilisierung des Landes beteiligen.

Deutscher UN-Soldat auf Patrouille im malischen Ort Gao. Auch der größte und gefährlichste Auslandseinsatz der Bundeswehr soll ausgeweitet werden. Statt bisher 1000 sollen sich künftig bis zu 1100 Soldaten an der UN-Mission zur Stabilisierung des Landes beteiligen.

Foto: Kristin Palitza/Archiv

Die Bundesregierung will die drei wichtigsten Auslandseinsätze der Bundeswehr ausweiten. Das scheidende Kabinett beschloss in seiner letzten Sitzung, die Truppe in Afghanistan deutlich um 320 Soldaten und die im westafrikanischen Mali leicht um 100 Soldaten aufzustocken.

Die Unterstützung für den Kampf gegen die Terrororganisation Islamischer Staat (IS) im Irak soll von der Kurdenregion im Norden auf das ganze Land ausgedehnt werden. Dafür sollen aber keine zusätzlichen Soldaten in das Krisenland geschickt werden.

Insgesamt beschloss das Kabinett die Verlängerung von sechs Bundeswehrmissionen , an denen sich derzeit zusammen 2600 Soldaten beteiligen. Das letzte Wort hat nun der Bundestag, ein Ja mit den Stimmen von Union und SPD gilt aber als sicher.

Die Afghanistan-Truppe wird bereits zum zweiten Mal seit dem Ende des Nato-Kampfeinsatzes 2013 verstärkt, diesmal von 980 auf 1300 Soldaten. Damals war eigentlich schon der komplette Abzug ins Auge gefasst worden. Jetzt führt die miserabele Sicherheitslage dazu, dass der Trend in die andere Richtung geht und Afghanistan wohl bald wieder zum größten Einsatz der Bundeswehr wird.

"Wir brauchen Geduld und einen langen Atem, ganz ohne Frage", sagte Verteidigungsministerin von der Leyen im ARD-"Morgenmagazin" zur Lage in dem Krisenland, in dem seit Jahrzehnten Krieg und Terror herrschen. Die Grünen-Verteidigungsexpertin Agnieszka Brugger warf von der Leyen "leere Durchhalteparolen" vor. Diese seien bei einem so schwierigen Einsatz "besonders verantwortungslos", sagte sie der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (Donnerstag).

Auch der UN-Einsatz im westafrikanischen Mali - der bisher größte und gefährlichste der Bundeswehr - soll ausgeweitet werden, aber nicht so stark wie der in Afghanistan. Statt bisher höchstens 1000 sollen sich künftig bis zu 1100 Soldaten an der UN-Mission zur Stabilisierung des Landes beteiligen. Der Norden geriet 2012 nach einem Militärputsch vorübergehend in die Hände islamistischer und anderer Rebellengruppen, die erst nach einer französischen Intervention zurückgedrängt werden konnten. Es kommt aber immer wieder zu Anschlägen und Angriffen - vor allem im Norden des Landes, wo die Bundeswehr stationiert ist. Mehr als 100 Blauhelmsoldaten wurden bereits getötet.

In Mali gibt es neben dem UN-Einsatz Minusma noch eine Ausbildungsmission der EU, an der sich derzeit 160 Soldaten beteiligen. Die Obergrenze liegt bei 300. Zählt man beide Einsätze zusammen, könnten in Mali sogar mehr Soldaten als in Afghanistan stationiert werden.

Beim Ausbildungseinsatz im Irak soll der Schwerpunkt künftig bei der Unterstützung der Armee der irakischen Zentralregierung in Bagdad mit Beratern und Ausbildern liegen. Aber auch in der nordirakischen Kurdenregion wird die Bundeswehr weiter Präsenz zeigen. Die tatsächliche Truppenstärke ist noch unklar. Zudem werden im Kampf gegen den IS die Aufklärungsflüge deutscher "Tornados" von Jordanien aus fortgesetzt. Auch an den Nato-Aufklärungsflügen mit "Awacs"-Maschinen vom türkischen Konya aus werden sich weiter deutsche Soldaten beteiligen.

Der Anti-IS-Einsatz ist rechtlich umstritten. Die Grünen halten ihn für verfassungswidrig, weil er ihrer Auffassung nach nicht wie vom Grundgesetz vorgeschrieben innerhalb eines "Systems gegenseitiger kollektiver Sicherheit" stattfindet. Für die Grünen sind solche Systeme nur die EU, die Nato oder die Vereinten Nationen.

Hinter dem Anti-IS-Einsatz steht aber eine lose Allianz aus 71 Staaten. Verteidigungsministerin von der Leyen wies die rechtlichen Bedenken trotzdem zurück. "Das Mandat ist auf einer sicheren völkerrechtlichen Basis", sagte sie. Die irakische Regierung habe zu dem Einsatz eingeladen. Außerdem stehe die Bundeswehr dort "Seite an Seite" mit EU, UN und Nato.

Von der Leyen wandte sich auch gegen Befürchtungen, die Bundeswehr könne wegen des schlechten Zustands ihres Materials die Auslandseinsätze nicht bewältigen. "Wir haben ein Prinzip in der Bundeswehr, dass alles sich auf den Einsatz konzentriert", sagte die CDU-Politikerin, die ihr Amt auch in einer neuen Bundesregierung behalten wird. Sie unterstrich aber, dass weiter massive Investitionen in die Truppe nötig seien.

Das Kabinett verlängerte auch drei Einsätze, die von der deutschen Öffentlichkeit kaum beachtet werden. Für die Nato-Operation "Sea Guardian", mit der die Seewege im Mittelmeer gesichert werden sollen, sind weiterhin bis zu 650 Soldaten vorgesehen. Derzeit sind es 190. An den beiden UN-Friedensmissionen im Südsudan und im Sudan soll sich die Bundeswehr weiterhin mit jeweils bis zu 50 Soldaten beteiligen. Derzeit sind es zusammen rund 20.

Insgesamt ist die Bundeswehr mit 3600 Soldaten an 14 internationalen Einsätzen beteiligt. Zu Hochzeiten waren mehr als 10 000 deutsche Soldaten im Ausland stationiert, alleine in Afghanistan waren es zeitweise mehr als 5000.

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