Fünf Modelle werden täglich in Handarbeit gefertigt Statt Abgas gibt's nur Wasserdampf

Der Toyota Mirai ist die erste in Großserie produzierte Brennstoffzellenlimousine.

 Besondere Autos brauchen ein besonderes Design, sagt sich Toyota. Der Mirai ist ganz sicher ein auffälliges Fahrzeug.

Besondere Autos brauchen ein besonderes Design, sagt sich Toyota. Der Mirai ist ganz sicher ein auffälliges Fahrzeug.

Foto: Hersteller

Kaum habe ich den Tankvorgang mit dem Toyota Mirai beendet, lässt mich ein lauter Trompetenstoß zusammenzucken. Gerade habe ich am Flughafen Köln/Bonn den außergewöhnlichen Japaner unter dem Druck von mehr als 700 bar mit neuem Kraftstoff versorgt. Außergewöhnlich?

Ein Prädikat, das nicht übertrieben ist. Denn der Mirai fährt weder mit Benzin, Diesel oder Gas, sondern mit Wasserstoff. Und in die Luft stößt er weder Kohlendioxid, Stickstoffoxid oder andere Schadstoffe, sondern nur Wasserdampf. Und der Trompetenstoß? Der kam von einem etwa fünf Meter in die Luft ragenden Rohr gleich neben der Tankstellenanlage und war das akustische Zeichen für einen Druckausgleich im System, der den nächsten Tankvorgang möglich macht.

Bis auf den kleinen Schreck könnte Autofahren nicht entspannter sein, weil der Mirai eine fast fünf Meter lange Business-Limousine ist, die viel Luxus und moderne Assistenzsysteme bietet und bei der nicht die genannten Umwelt schädigenden Nachteile mitfahren. Gegenüber den mittlerweile stark propagierten Elektrofahrzeugen hat der Mirai zwei klare Vorteile: Die Reichweite beträgt laut Norm bis zu 500 Kilometer, und das Tanken dauert nur rund drei Minuten.

Aber auch der Toyota ist ein Elektroauto. Der Unterschied: Der Strom ist nicht in einer riesigen Batterie gespeichert, die vorher aufgeladen wurde, sondern er wird während des Betriebes mittels Brennstoffzelle erzeugt. Zum Antrieb des Autos wird der Wasserstoff in die Brennstoffzelle geleitet und reagiert dort mit Sauerstoff. Durch diese chemische Reaktion entsteht die Elektrizität, die den Elektromotor antreibt.

Zusätzlich wird in einer kleinen Hochvolt-Batterie die Bremsenergie gespeichert und als Unterstützung, zum Beispiel bei Überholmanövern, eingesetzt.

Auch wenn das Fahrerlebnis im Mirai keine Wünsche offen lässt, so hält sich die Alltagstauglichkeit des Japaners dennoch in Grenzen. Im Test genehmigte sich der Toyota 1,2 kg Wasserstoff auf 100 Kilometer, was mit dem Tankvolumen von fünf Kilogramm unter dem Strich für gut 400 Kilometer reichte.

Das ist zwar nicht so schlecht, doch angesichts von derzeit nur rund 60 Tankstellen bundesweit muss man sich seine Fahrstrecke schon genau überlegen.

Mit der App H2.Live, die nicht nur alle Tankstellen in Deutschland und dem benachbarten Ausland anzeigt, sondern auch durch grün oder rot deren Betriebsbereitschaft dokumentiert, hat man einen guten Überblick über das Netz.

Trotzdem kann man auf dem falschen Fuß erwischt werden. Beim Besuch der im vergangenen Jahr am Flughafen Köln/Bonn eröffneten Wasserstofftankstelle wurde der Tankvorgang abgebrochen und das System außer Betrieb gesetzt.

Ein echter Schreckmoment, denn die Alternativen Limburg und Koblenz waren für die aktuellen Kraftstoffreserven zu weit weg. Immerhin aber war mit einer an der Tanksäule angebrachten Notfallnummer ein Techniker zu erreichen, der das System aus der Ferne reaktivierte.

Nur rund 60 Tankstellen gibt es bundesweit

Und siehe da, es funktioniert: Tankrüssel aufstecken, arretieren, Startknopf drücken. Zunächst dauert es eine Weile, bis sich Tanksäule und -stutzen über die Software verständigt haben und der nötige Druck im System sichergestellt ist, ehe die Betankung beginnt. Nach etwa drei Minuten spuckt eine Klappe den Tankbeleg aus. 9,50 Euro pro Kilogramm Wasserstoff - da kommen, vom Testverbrauch ausgehend, umgerechnet Kosten von etwa neun Litern Benzin zusammen.

Das ist nicht gerade preiswert. Doch auf dem von Verbrennungsfahrzeugen dominierten Markt hat die Brennstoffzellentechnologie noch mächtig Nachholbedarf und wird erst mit der weiteren Verbreitung wirtschaftlicher werden. Dabei muss sie sich auch der zunehmenden Konkurrenz durch die Elektrofahrzeuge erwehren, die trotz einiger klarer Nachteile (geringe Reichweite, lange Ladezeiten) derzeit stark von Staat und Herstellern gefördert werden.

Der Nutzen für die Umwelt ist bei ihnen zumindest fragwürdig. Die irgendwann in Massen anfallenden und dann zu entsorgenden Altbatterien drohen zu einem Umweltproblem zu werden. Und würde man den deutschen Verkehr von jetzt auf gleich auf E-Fahrzeuge umstellen, würde das Stromnetz zusammenbrechen.

Darüber hinaus ist der Betrieb nur lokal ohne Ausstoß von Schadstoffen möglich. Die Energie, die man beispielsweise zum Aufladen der Batterie an der heimischen Steckdose bezieht, wird zu einem guten Teil noch aus fossilen Brennstoffen gewonnen.

Man darf aber nicht verschweigen, dass derzeit auch der Betrieb mit Wasserstoff die Umwelt belastet. Denn er muss energieaufwendig gewonnen werden, und dabei spielen auch immer noch fossile Energiequellen eine Rolle. Zudem muss auch Wasserstoff gelagert und erst einmal zu den Tankstellen transportiert werden. Die Idealvorstellung ist, den Wasserstoff komplett mit Hilfe des Stroms aus Wind- oder Solaranlagen zu produzieren.

Doch zurück zum Mirai, der in punkto Fahrkomfort keine Wünsche offen und sich trotz seines Gewichts von fast zwei Tonnen flott und komfortabel bewegen lässt. Da machen sich die Systemleistung von 113 kW/154 PS und das Drehmoment von 335 Newtonmeter bemerkbar. Die Höchstgeschwindigkeit liegt bei 178 Kilometern, die Beschleunigung bei 9,6 Sekunden von null auf 100 km/h.

Die Ausstattung ist in allen Bereichen auf bestem Oberklassenniveau. Das Design ist allerdings nicht jedermanns Geschmack. Und so manches Detail passt nicht zu einem zukunftsorientierten Auto, um nur den kleinen Schaltknochen der Automatik oder die antiquierte mechanische Fußfeststellbremse zu nennen. Zudem ist der Kofferraum mit 361 Litern Volumen ziemlich klein geraten und lässt sich nicht durch Umklappen der Rücksitzlehne vergrößern.

Staat schießt mehr als 20.000 Euro zu

An der Verarbeitung gibt es nichts zu mäkeln. "Wir stellen derzeit etwa fünf Fahrzeuge pro Tag in Handarbeit her", sagt Erden Yildizdal, Produktmanager Marketing bei Toyota. Abnehmer sind Unternehmen, die der Technologie nahestehen, und Carsharing-Programme. Yildizdal: "Wir haben derzeit nur zwei Privatiers unter unseren Kunden."

Der Listenpreis von 79.600 Euro fällt für Privatiers üppig aus. Das gilt aber auch für die staatliche Fördersumme von 20.648 Euro, die man abziehen darf. "Wir bieten den Mirai aber ausschließlich als Leasingfahrzeug an", erklärt Yildizdal. Die Monatsraten, Fördersumme inbegriffen, bewegen sich ohne Anzahlung und je nach Leasingdauer und jährlicher Laufleistung zwischen rund 700 bis 880 Euro.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort