Der Präsident und die Stürme Trump, der Krisenmanager?

Washington · Sturm "Florence" setzt die US-Südostküste unter Wasser. Präsident Trump bemüht sich, als Herr über die Krise aufzutreten. Dabei scheint ihn ein längst vergangener Hurrikan noch mehr zu beschäftigen.

 US-Präsident Donald Trump bekommt von Heimatschutzministerin Kirstjen Nielsen im Oval Office ein Briefing zur Notfallplanung für den Sturm "Florence".

US-Präsident Donald Trump bekommt von Heimatschutzministerin Kirstjen Nielsen im Oval Office ein Briefing zur Notfallplanung für den Sturm "Florence".

Foto: Smg/SMG via ZUMA Wire

Ein Ruf als Tröster, als versierter Krisenmanager, als Ruhepol in einer Notlage eilt Donald Trump nicht unbedingt voraus. Der US-Präsident versucht sich trotzdem in dieser Rolle. Einmal mehr.

Seit Freitag wütet der Wirbelsturm "Florence" an der Südostküste der USA. Er brachte Sturmfluten, heftige Böen, extremen Regen, er überschwemmte Häuser und Straßen, zerstörte Stromleitungen. Mindestens fünf Menschen kamen ums Leben. Bei solchen Naturkatastrophen kommt es auf die Kümmerer-Qualitäten eines Regierungschefs an. Gerade Trump könnte es derzeit gut gebrauchen, zur Abwechslung als so etwas wie der große Landesvater wahrgenommen zu werden. Darum bemüht er sich auch - aber auf sehr eigenwillige Weise.

Über Tage bereitete sich die Südostküste der USA auf den heranziehenden Sturm vor. Die Szenarios waren düster, die Befürchtungen groß. Trump versuchte dagegen, den Eindruck größtmöglicher Kontrolle zu vermitteln. Vor der Ankunft von "Florence" betonte er unermüdlich, die Behörden seien allerbestens gewappnet: "Wir sind absolut total vorbereitet". Er richtete sich in einer Video-Botschaft an die Bewohner der Küstengebiete ("Wir lieben euch alle, wir wollen, dass ihr in Sicherheit seid"). Und als der Sturm am Freitag schließlich auf die Küste traf, setzte er bei Twitter eine - selbst für seine Verhältnisse - ungewöhnlich hohe Zahl an Botschaften ab: Quasi im Minutentakt retweetete er Mitteilungen von Katastrophenschützern und Nothelfern und lobte deren Einsatz.

Trump tut aber auch etwas anderes: Er betreibt Selbstverteidigung und Vergangenheitsbewältigung in anderer Sache. Seit Tagen arbeitet er sich an jenem Hurrikan ab, der genau vor einem Jahr das US-Außengebiet Puerto Rico heimsuchte und dort enormen Schaden anrichtete. Dutzende Menschen starben damals durch den Sturm "Maria". Monatelang waren die Inselbewohner ohne Strom, zum Teil sind sie es heute noch.

Nun nutzt er die Debatte über "Florence" intensiv, um den Umgang mit dem Sturm "Maria" rückblickend als große Erfolgsgeschichte zu verkaufen. Der Hurrikan-Einsatz dort sei ein "unglaublicher Erfolg" gewesen, "einer der besten Jobs überhaupt", verkündete Trump in den vergangenen Tagen mehrfach. Nur wollten das viele nicht wahrhaben. Und die Probleme in Puerto Rico seien schon vor dem Sturm da gewesen.

Er beschimpfte die Bürgermeisterin der Hauptstadt von Puerto Rico, Carmen Yulin Cruz, bei Twitter als "völlig inkompetent", und zweifelte dort auch wiederholt die Ergebnisse einer Studie an, die davon ausgeht, dass bis zu 3000 Menschen in Folge des Hurrikans "Maria" gestorben sind. Dahinter steckten die Demokraten, um ihn schlecht aussehen zu lassen, schrieb Trump in einem seiner Tweets.

Die Oppositionsführerin der Demokraten im US-Repräsentantenhaus, Nancy Pelosi, bezeichnete das als "höchst bedauerliche Aussage" und sagte, es traurig, dass Trump beim Thema Puerto Rico noch Salz in die Wunden streue. Kritiker fragen sich eh, ob Trump angesichts von "Florence" nicht eigentlich anderes zu tun hätte, als sich an dem verheerenden Hurrikan des vergangenen Jahres abzuarbeiten.

Dass Trump ausgerechnet Puerto Rico als Beleg für seine Qualitäten als Krisenmanager bei Hurrikans heranzieht, ist ohnehin gewagt. Die Regionalregierung dort beklagt bis heute, nicht genug Hilfe bekommen zu haben. Erst zwei Wochen nach dem schweren Unwetter reiste Trump damals selbst nach Puerto Rico und brüskierte viele Bewohner mit einem bizarren Auftritt. Unter anderem sagte er dort, im Vergleich zu einer "echten Katastrophe" wie beim Hurrikan "Katrina" 2005 könne Puerto Rico mit seiner geringen Zahl von Toten sehr stolz auf sich sein. Und bei einem denkwürdigen Treffen mit Hurrikan-Opfern warf er wie ein Basketballspieler Pakete mit Küchenpapier in die Menge. Als Tröster und Krisenmanager blieb er jedenfalls nicht in Erinnerung.

Anfang oder Mitte der kommenden Woche will nun in die Küstengebiete reisen, die von "Florence" getroffen wurden. Es bleibt abzuwarten, welchen Eindruck er dort hinterlässt - und vor allem, wie er die Aufräumarbeiten und die Beseitigung der Schäden vorantreiben wird.

Dass sich derzeit viel Aufmerksamkeit auf den Sturm richtet, dürfte Trump aber nicht ungelegen kommen. Die vergangenen zwei Wochen waren für ihn innenpolitisch unangenehm: Da wäre ein neues Enthüllungsbuch, das die Regierungszentrale von Trump einmal mehr als Hort von Chaos und Kontrollverlust beschreibt. Da wäre ein Regierungsbeamter, der per anonymem Gastbeitrag in der "New York Times" von systematischem Widerstand gegen Trump im Weißen Haus berichtete. Und gerade erst hat Trumps früherer Vertrauter und Ex-Wahlkampfmanager Paul Manafort beschlossen, mit Sonderermittler Robert Mueller zu kooperieren, der mögliche Verstrickungen des Trump-Lagers im Präsidentschaftswahlkampf 2016 untersucht. Alles kein Grund zur Freude für Trump.

Außerdem stehen in wenigen Wochen die Zwischenwahlen im US-Kongress an - zur Halbzeit von Trumps Amtszeit. Und die Demokraten haben gute Chancen, die Mehrheit im Repräsentantenhaus von den Republikanern zurückzuerobern. Trump hätte also einigen Bedarf, als Kümmerer für Sturm-Opfer wahrgenommen zu werden, anstatt als skandalumwobener und attackierter Regierungschef. Ob ihm das gelingt, muss sich zeigen.

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