Rheinische Redensarten Sid mer net kott isch benn fott

In der Serie „Rheinische Redensarten“ beleuchten wir bedeutungstiefe Redewendungen. Dieses Mal: Sid mer net kott isch benn fott.

Sei mir nicht böse, ich gehe jetzt.

Sei mir nicht böse, ich gehe jetzt.

Foto: GA-Grafik

Im Rheinland ist man in der Regel um Frieden bemüht. Man mag friedliche Menschen, und man versucht, selbst friedfertig zu sein. Deshalb gilt es stets als fraglicher Akt, wenn jemand ausschert. Wenn es nun aber mal nicht anders geht, dass man sein Ding macht, dann gibt es präventiv bewährte Redewendungen, die dem Gegenüber den Wind aus den Segeln nimmt. Das ist etwa der Satz: „Sid mer net kott, isch benn fott.“

Der Reiz des Spruches beginnt schon mit dem Stabreim „kott“ und „fott“. Beide Vokabeln bedürfen der näheren Erklärung. „Fott“ stammt von einem uralten Wortstamm, der sich im Hochdeutschen als „fort“ erhalten hat. In der Alltagssprache würde man wahrscheinlich eher mit „weg“ übersetzen.

„Kott“ ist da schon ein schwierigerer Fall. Wenn jemand jemandem kott ist, dann ist er böse, sauer oder ärgerlich auf ihn. Wie die Sprachwissenschaftler sagen, ist der Begriff verwandt mit dem hochdeutschen Wort „Kot“. Und es stammt aus dem Althochdeutschen „quat“, was so viel wie Kot oder Dung bedeutet. Als Adjektiv bedeutet es böse, schlecht, eklig. Es ist ein weiteres Beispiel dafür, dass der rheinische Dialekt alte Begriffe bewahrt hat, die in der Hochsprache schon längst ausgestorben sind. Die komplette hochdeutsche Übersetzung bedeutet also: Seid mir nicht böse, ich bin jetzt weg! Es handelt sich um eine universell einsetzbare Abschiedsformel. Sie bereitet den Boden für ein späteres gedeihliches Wiedersehen. Denn zwischen den Zeilen besagt der Satz: „Ich weiß, eigentlich wünscht Ihr Euch, dass ich noch ein bisschen länger bleibe, aber leider, leider muss ich jetzt gehen. Sicher wollt Ihr nicht meine ganze Reihe von Gründen und Ausreden hören, warum ich jetzt die Düse mache. Deshalb bitte ich Euch schon im vorhinein um Nachsicht. Wir können uns ja ein andermal wieder zusammensetzen.“ Und falls es tatsächlich eine Unpässlichkeit zwischen den beiden Protagonisten gegeben haben sollte, dann kann ein Dialog lauten: Biste mir noch kott? Nä, ich ben dir nimmer kott! Und dann ist der richtige Zeitpunkt ein kleines Kölsch zu trinken, und alles ist wieder gut.

Der General-Anzeiger und der Verlag Lempertz haben die neuen Kolumnen von Jörg Manhold unter dem Titel „Rheinisch für Fortgeschrittene“ veröffentlicht. Das Buch ist im Handel erhältlich.

(man)
Meistgelesen
Zum Thema